Tag des Baumes am 25. April: Neue Forschungsergebnisse zur Umweltleistung alter Bäume unterstreichen die Notwendigkeit ihres Schutzes. Um die Umweltleistungen eines Altbaumes zu ersetzen, sind etwa 400 Jungbäume notwendig. Dies fand der Dresdner Forstwissenschaftler Prof. Andreas Roloff bei seinen Forschungen zu den sogenannten „Methusalembäumen“ heraus.
Es ist eine gewaltige Summe. Prof. Andreas Roloff, Forstwissenschaftler mit einer großen Expertise für alte Bäume, rechnete deshalb mehrmals und mit unterschiedlichen Methoden nach. Doch am Ende blieb es dabei: Um die Wirkungen eines Altbaumes mit einem Kronendurchmesser von etwa 20 Metern hinsichtlich seiner Umweltleistungen wie Luftfilterung, Beschattung, Kühlung und CO2-Speicherung zu ersetzen, braucht man zirka 400 Jungbäume.
„Auch mir war das Verhältnis in diesem Ausmaß so nicht bewusst“, sagt Andreas Roloff. „Dies macht aber umso deutlicher, wie viel mehr wir Altbäume in unserer Umgebung achten und pflegen müssen und sie nicht leichtfertig fällen dürfen, um beispielsweise Baufreiheit zu schaffen“. Die derzeit bei Fällungen angeordneten Ersatzpflanzungen von ein bis drei Jungbäumen haben da allenfalls eine Alibifunktion.
Seit vielen Jahren forscht der ehemalige Direktor des Instituts für Forstbotanik und Forstzoologie sowie des Forstbotanischen Gartens in Tharandt und mittlerweile als Seniorprofessor tätige Andreas Roloff an der TU Dresden zu den Themen Baumalterung, Baumarten, Baumpflege sowie Trockenstress-Reaktionen und -Anpassung insbesondere in Siedlungsgebieten. Der Schutz und Erhalt alter Bäume ist gleichzeitig Forschungs- und Herzensthema. Aus Roloffs Feder stammt u.a. eine Publikation zu den „Nationalerbe-Bäumen“ und ihrem bestmöglichen Schutz.
Für die seit 2007 von der Professur für Forstbotanik und dem Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft in Dresden und Tharandt veranstalteten Dresdner StadtBaumtage suchte Andreas Roloff für seinen diesjährigen Vortrag nach Bedingungen und Faktoren, damit Bäume 1000 Jahre alt werden können, die sogenannten „Methusalembäume“. Quasi als Nebenprodukt stieß er auch auf eben jene kaum fassbare Gleichung.
„Mittlerweile können wir elf baumbiologische Eigenschaften definieren, welche die Lebenserwartung eines Baumes beeinflussen. Je mehr eine Baumart davon in sich vereinen kann, desto älter kann ein er theoretisch werden – wenn Bedingungen, Standort und Baumpflege stimmen und der Baum vor allem nicht vor seiner Zeit gefällt wird“, erklärt Roloff.
Auch für diejenigen, die bei Baumpflanzungen nicht in Methusalem-Kategorien, sondern eher langen Menschenleben denken, haben die Dresdner Forstwissenschaftler mit Hilfe verschiedenster Kategorien Kriterien für eine optimale Standortwahl bei Baumpflanzungen entwickelt. Zwei Datenbanken stehen dafür zur Verfügung: Die „KLimaArtenMatrix“, in der 250 Baum- und Straucharten nach ihrer Trockenstress-Resistenz gelistet sind. Und Citree, bei der aufgrund von 65 Kategorien bzw. Eigenschaften die besten Bäume aus etwa 400 Arten und Sorten für einen Standort mit einem Ranking ausgewählt werden.
Weil die beste Datenbank nicht hilft, wenn Bäume insbesondere in Siedlungsräumen und Parks nicht fachgerecht gepflegt werden, können Absolventen der Forstwissenschaften sowie Berufstätige in Dresden in Zertifizierungskursen vom Deutschen Baum-Institut auch die Baumkontrolle und Baumpflege von der Pike auf lernen.
„Es gibt mittlerweile sehr genaue Vorschriften, um eine hohe Qualität sicherzustellen. Dabei stellt sich nicht selten heraus, dass die scheinbar billigste Methode wie z.B. eine Baumkappung langfristig die teuerste wegen der dadurch entstehenden Baumschäden und Folgekosten wird“, erläutert Andreas Roloff. Angesichts der Kosten für Neupflanzungen und der immensen Umweltleistungen alter Bäume ist auch die Frage berechtigt, was am Ende teurer zu Buche schlägt.
Einer ganz außergewöhnlichen Baumrettung durch fachgerechte Pflege konnte Andreas Roloff Ende März beiwohnen. Die Collmer Linde, mit geschätzten 800 Jahren wohl ältester Baum Sachsens und seit Oktober 2022 als Nationalerbe-Baum gelistet, drohte mit dem Austreiben der Blätter im Frühjahr auseinander zu brechen. Ausgerüstet mit Handsägen kürzten acht Baumpflegerinnen und Baumpfleger sorgsam Ast für Ast, um den Methusalem-Baum zu retten.
„Das ist natürlich einmalig und für Kommunen oft nicht zu leisten“, sagt Andreas Roloff. „Für mich war es aber ein sehr beeindruckendes und bewegendes Erlebnis. Damit ist die Collmer Linde nun für weitere Lebensjahrzehnte gesichert und gerüstet.“