Der legale Wildtierhandel schadet dem Naturschutz und der Nachhaltigkeit

Gelbhaubenkakadus (Cacatua galerita triton) werden als Haustiere gehandelt – auch hier beispielhaft im Osten Javas, Indonesien. LIB, Auliya

Ein multinationales und interdisziplinäres Team von Forschenden hat eine neue Studie veröffentlicht, die den Schaden bemisst den der legale Wildtierhandel derzeit für die weltweiten Bemühungen um Naturschutz und Nachhaltigkeit verursacht. Der Forschungsgruppe gehören Mitglieder mehrerer Fachgruppen der International Union for Conservation of Nature (IUCN) Kommission für die Erhaltung der Artenvielfalt an. Sie weisen auf das Risiko des legalen, aber dennoch nicht nachhaltigen Handels mit Tausenden von Wildtierarten hin.

Die Studie, die diesen Monat im Journal of Environmental Management veröffentlicht wurde, umfasst eine systematische Überprüfung der bestehenden Instrumente, Schutzmaßnahmen und derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen, um die nachhaltige Nutzung von lebenden Wildtieren sowie ihren Körperteilen zu gewährleisten. Die Forschenden stellten fest, dass der legale Handel mit Wildtierarten in den allermeisten Fällen nicht durch strenge Nachweise der Nachhaltigkeit gestützt wird. Insbesondere der Mangel an Daten über das Exportvolumen von Wildtieren, an Daten über Wildtierpopulationen und an evidenzbasierten Folgenabschätzungen des Handels sei dabei besonders bedenklich.

Dr. Alice Hughes, leitende Wissenschaftlerin und außerordentliche Professorin an der Universität von Hongkong, fasst die Studie in ihren Worten zusammen: „Die Ausbeutung von Wildtieren stellt eine der größten Bedrohungen für das Überleben der Arten dar. Allzu oft wird jedoch legaler Handel automatisch mit nachhaltigem Handel gleichgesetzt, obwohl es an Beweisen fehlt, die bestätigen, dass dies tatsächlich der Fall ist. Unsere Untersuchung wirft ein grelles Licht auf den systematischen Mangel an regulatorischen Schutzmaßnahmen, die dringend erforderlich sind, um sicherzustellen, dass der legale Handel nicht zu einem Rückgang der Wildtierpopulationen führt. Während viele Übereinkommen, die sich auf wildlebende Tiere und Pflanzen konzentrieren, die Forderung nach einer „nachhaltigen Nutzung“ enthalten, beziehen sie sich in Wirklichkeit nur selten auf Beweise oder wenden Vorsorgeprinzipien an, um eine weitere Übernutzung von Arten zu verhindern“.

Während der Bekämpfung des illegalen Handels mit wildlebenden Tieren und Pflanzen viel Aufmerksamkeit gewidmet wird, sind einige der Herausforderungen auch beim legalen Handel zu beobachten. Der weltweite legale Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen ist ein großes und aufstrebendes Geschäft, dessen Wert derzeit auf rund 400 Milliarden USD pro Jahr geschätzt wird. Die Risiken eines nicht nachhaltigen legalen Handels wurden erkannt und in verschiedenen Übereinkommen der Vereinten Nationen verankert. Sie zielen darauf ab, den weltweiten Verlust der biologischen Vielfalt zu verringern. Die Ausbeutung wildlebender Tiere gilt jedoch nach wie vor als zweitgrößte Bedrohung für die globale Vielfalt und ihre lebenswichtigen Beiträge für die Menschen, direkt nach dem Klimawandel.

Dr. Mark Auliya vom Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels in Bonn, Deutschland, ist an der Studie beteiligt und resümiert die zusammengetragenen Ergebnisse: „Unsere Studie liefert für 183 Arten Beweise für einen nicht nachhaltigen Handel mit einer breiten Palette von Wildtiergruppen – von Säugetieren wie dem Bergrohrbock für die Trophäenjagd und handwerkliche Produkte bis hin zu wirbellosen Tieren wie der Harlekingarnele für den weltweiten Handel mit exotischen Haustieren. Wir haben festgestellt, dass der derzeitige legale Handel nicht durch strenge Nachweise für die Nachhaltigkeit dieser Arten gestützt wird.

Es mangelt an Daten über die Ausfuhrmengen und über die Überwachung der Wildpopulationen, sodass eine echte Bewertung der nachhaltigen Nutzung kaum möglich ist. Diese Beispiele sind nur eine Teilmenge und sollten als Spitze eines größeren Eisbergs betrachtet werden. Wir gehen davon aus, dass weitere Untersuchungen zeigen werden, dass weitaus mehr Wildtierarten in nicht nachhaltigem Umfang ausgebeutet werden“.

Die Autorinnen und Autoren warnen vor der Annahme, dass Wildtierarten hohe Entnahmen verkraften können, wenn keine Daten vorliegen, und unterstreicht die Notwendigkeit einer angemessenen Anwendung des Vorsorgeprinzips, um Populationsrückgänge und das Aussterben von Arten zu verhindern sowie einen langfristig wirtschaftlich tragfähigen Wildtierhandel zu ermöglichen. Diese Arten sind für die Gesundheit des Ökosystems von entscheidender Bedeutung. Aus den genannten Gründen sei die Überwachung der Bestände unerlässlich, um einen nachhaltigen Handel zu ermöglichen und die Bereitstellung wichtiger Ökosystemleistungen nicht zu gefährden.

Tokeh (Gekko gecko) wird als medizinisches Heilmittel gehandelt – zum Beispiel im Osten Javas, Indonesien. LIB, Auliya

Dr. Vincent Nijman – mitwirkender Wissenschaftler und Professor für Anthropologie an der Oxford Brookes University im Vereinigten Königreich – interpretiert die Ergebnisse wie folgt: „Zu verstehen, welche Wildtiere gehandelt werden, woher sie kommen und in welchem Umfang, ist neben den Auswirkungen auf die langfristige Lebensfähigkeit der Arten von entscheidender Bedeutung, um den Verlust von Arten auf dem gesamten Planeten zu verlangsamen. Um dem Rückgang der biologischen Vielfalt Einhalt zu gebieten, ist vor allem ein stärkerer Vorsorgeansatz erforderlich, der durch eine geänderte Beweislast gestützt wird. Dies sollte dazu führen, dass Händler und Importeure die Nachhaltigkeit nachweisen müssen, um den Handel zu ermöglichen, und nicht Forschende und Menschen aus der Praxis, die die Nicht-Nachhaltigkeit aufdecken, oder Zollbeamte, die beweisen müssen, dass die Ausfuhr gegen die Vorschriften verstößt“.

 

 

Um die derzeitige Situation zu verbessern, nennen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vier Kernbereiche, die gestärkt werden sollten, um dieses Ziel zu erreichen: (1) rigorose Datenerfassung und -analyse von Populationen; (2) Verknüpfung von Handelsquoten mit IUCN- und internationalen Vereinbarungen; (3) verbesserte Datenbanken und Einhaltung von Handelsbestimmungen; und (4) besseres Verständnis von Handelsverboten, Marktkräften und Artenaustausch.

Professor David Edwards – mitwirkender Wissenschaftler und Professor für Naturschutzwissenschaften an der Universität Sheffield, UK – fordert deshalb: „Es ist dringend notwendig, die Entscheidungsträger für die mangelnde Nachhaltigkeit eines Großteils des legalen Wildtierhandels zu sensibilisieren. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um einschlägige Regelwerke wie CITES anzupassen, um das Überleben vieler bedrohter Arten zu sichern. Ohne nachhaltige Bewirtschaftung werden nicht nur Arten oder Populationen aussterben, sondern auch Gemeinschaften, die von diesen Arten abhängig sind, werden ihre Lebensgrundlage verlieren“.