Subventionierung industrieller Strompreise senkt den Anreiz zum Stromsparen

Die energieintensiven Sektoren des verarbeitenden Gewerbes haben in den vergangenen Jahren bis 2017 ihren Energieverbrauch eher erhöht als reduziert.

Eine breite Subventionierung industrieller Strompreise senkt den Anreiz zum Stromsparen, macht Innovationen weniger attraktiv und gefährdet die Transformation der deutschen Wirtschaft hin zu einer klimaneutralen Produktion. Aktuelle Untersuchungen von ZEW Mannheim und der Universität Mannheim zeigen, dass die Industrie auf steigende Strompreise mit niedrigerem Stromverbrauch reagiert. Gleichzeitig finden die Untersuchungen keine empirische Evidenz dafür, dass höhere Strompreise die Wettbewerbsfähigkeit – gemessen durch Umsätze und Beschäftigung – geschädigt haben.

„Wenn wir niedrigere Strompreise einführen, wird der Anreiz, Strom zu sparen abgeschwächt. Eine Analyse der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) zeigt, dass Betriebe, die von der EEG-Umlage befreit wurden, weniger Strom eingespart haben als Betriebe, die nicht befreit wurden“, erklärt Kathrine von Graevenitz, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Umwelt- und Klimaökonomik“. „Wenn Deutschland CO2-neutral werden will, muss es sich fragen, ob es dann noch eine Industrie haben wird, die sehr stromintensiv ist. Denn Deutschland wird auch in Zukunft nur eine begrenzte Menge an Strom selbst erzeugen können. Gleichzeitig brauchen wir überall Strom: für E-Autos, Wärmepumpen und die Elektrifizierung der Industrie“, fügt sie hinzu.

Wettbewerbsfähigkeit nicht nur von Energiepreisen abhängig

Energieintensive Sektoren wie Glas, Papier, Chemie und Stahl machen mehr als zwei Drittel des Gesamtenergieverbrauchs im verarbeitenden Gewerbe aus. Die Sektoren haben in den vergangenen Jahren bis 2017 ihren Energieverbrauch eher erhöht als reduziert – trotz Emissionshandel und EEG-Umlage, von der allerdings einige Betriebe befreit waren.

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keine Hinweise auf einen negativen Einfluss der Strompreise auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Industrieunternehmen. Bei den meisten Unternehmen liegt der Energiekostenanteil am Umsatz deutlich unter fünf Prozent. Energiekosten sind für die meisten Betriebe nicht der Hauptwettbewerbsfaktor. Die Forschenden heben hervor, dass Standortfaktoren wie qualifizierte Fachkräfte, belastbare Infrastruktur, politische Stabilität und Zugang zum Binnenmarkt vermutlich relevanter für die internationale Wettbewerbsfähigkeit sind.

Elektrifizierung erfordert hohe Anreize für Energieeffizienz

Die Klimaziele werden sich nur durch massive Elektrifizierung erreichen lassen. Wärmepumpen sind ein heißes Thema – knapp 65 Prozent der deutschen Haushalte heizen noch mit fossilen Brennstoffen, und nicht alle werden auf Biomasse umsteigen können. Zudem waren Anfang 2023 48,8 Millionen PKWs in Deutschland zugelassen. Davon waren nur eine Million E-Autos. Allein die Elektrifizierung der Autoflotte wird zu einem deutlich höheren Strombedarf führen. Insgesamt wird die Nachfrage nach Strom über alle Sektoren hinweg deutlich steigen. Um diesen Bedarf decken zu können, müssen überall hohe Anreize für Energieeffizienz vorhanden sein. Ein Industriestrompreis ist problematisch, weil er solche Anreize für mehr Energieeffizienz abschwächen kann.