Der Klimawandel hat viele Effekte – der bekannteste davon ist die globale Erwärmung. Die überschüssige Wärme wird zu 89 Prozent in den Ozeanen gespeichert, der Rest von Eis und Gletschern, der Atmosphäre und von Landmassen. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) hat nun die gespeicherte Wärmemenge an Land (inklusive der Binnengewässer) untersucht und deren Verteilung aufgezeigt. Die im Fachjournal Earth System Dynamics veröffentlichten Berechnungen zeigen, dass dort im Jahr 2020 mehr als das 20-fache im Vergleich zu 1960 gespeichert wurde, wobei der stärkste Anstieg unter der Erde stattfand.
Die Zunahme der menschgemachten Treibhausgase in der Atmosphäre verhindert, dass Wärme ins All abgegeben wird. Folglich nimmt die Erde stetig mehr Sonnenstrahlung auf, als sie durch Wärmestrahlung abgeben kann. Diese zusätzliche Energie, das zeigen frühere Studien, wird gespeichert: vor allem in den Ozeanen (89 Prozent), aber auch in den Landmassen der Kontinente (5-6 Prozent), in Eis und Gletschern (4 Prozent) und in der Atmosphäre (1-2 Prozent). Noch hat dieses Wissen aber Lücken: Unklar war bislang etwa, wie sich diese zusätzliche Wärmemenge in den kontinentalen Landmassen genau verteilt.
Dem Forschungsteam unter Leitung des UFZ und mit Beteiligung von Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), der Vrije Universiteit Brussel und anderer Forschungszentren gelang es, genauer zu quantifizieren, wie viel Wärme zwischen 1960 und 2020 in den kontinentalen Landmassen gespeichert wurde.
Das Ergebnis: Insgesamt wurden dort zwischen 1960 und 2020 23,8 x 1021 Joule Wärme aufgenommen.
Zum Vergleich: Das entspricht in etwa dem 1.800-fachen Stromverbrauch Deutschlands in der gleichen Zeit. Mit einem Anteil von rund 90 Prozent wird die meiste Wärme bis zu 300 Metern tief in der Erde gespeichert; 9 Prozent der Energie sorgen für das Auftauen von Permafrostböden in der Arktis, 0,7 Prozent werden in Binnengewässern wie beispielsweise Seen und Stauseen gespeichert.
„Obwohl die Binnengewässer und Permafrostböden weniger Wärme speichern als die Böden, müssen sie dauerhaft beobachtet werden, denn die zusätzliche Energie sorgt für bedeutsame Veränderungen der Ökosysteme“, sagt der UFZ-Forscher Francisco José Cuesta-Valero, Erstautor der Studie.
Nachweisen konnten die Wissenschaftler auch, dass sich die gespeicherte Wärmemenge unter der Erde, in Permafrostböden und in Seen seit den 1960er Jahren kontinuierlich erhöht hat. So nahm sie im Boden im Vergleich der beiden Dekaden 1960-1970 und 2010-2020 fast um das 20-fache von 1,007 auf 18,83 x 1021 Joule zu, in den Permafrostregionen von 0,058 auf 2,0 x 1021 Joule und in Binnengewässern von -0,02 auf 0,17 x 1021 Joule. Die Forschenden hatten für die Berechnung der Wärmemengen in bis zu 300 Meter Tiefe weltweit mehr als 1.000 Temperaturprofile genutzt.
Für die Schätzung der Wärmespeicherung in Permafrostböden und in den Binnengewässern setzten sie auf Modelle. Für die Modellierung der Gewässer kombinierten sie beispielsweise globale Seenmodelle, hydrologische Modelle und Erdsystemmodelle. Um die Wärmespeicherung in Permafrostböden abzuschätzen, nutzten sie ein Permafrostmodell, das verschiedene plausible Verteilungen des Bodeneises in der Arktis berücksichtigt.
„Die Verwendung von Modellen ermöglichte es, den Mangel an Beobachtungen in vielen Seen und in der Arktis auszugleichen und die Unsicherheiten aufgrund der begrenzten Anzahl von Beobachtungen besser einzuschätzen“, erklärt Francisco José Cuesta-Valero.
Die Quantifizierung der thermischen Energie ist wichtig, weil mit ihrer Zunahme Prozesse einhergehen, die Ökosysteme verändern können und somit Folgen für die Gesellschaft haben. Dies gilt zum Beispiel für die dauerhaft gefrorenen Böden in der Arktis.
„In Permafrostböden mag die Wärmemenge zwar nur neun Prozent der kontinentalen Wärmespeicherung ausmachen, der Anstieg in den letzten Jahren verstärkt aber durch das Auftauen des Permafrostes die Freisetzung von Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan“, sagt Francisco José Cuesta-Valero.
Nimmt die gespeicherte Wärmeenergie im Boden zu, erwärmt sich die Erdoberfläche und gefährdet damit beispielsweise die Stabilität des Kohlenstoffpools im Boden. Auf landwirtschaftlichen Flächen könnte das die Ernten und damit die Ernährungssicherheit der Bevölkerung gefährden. In Binnengewässern könnte sich der veränderte thermische Zustand auf die Dynamik der Ökosysteme auswirken: Die Wasserqualität verschlechtert sich, der Kohlenstoffkreislauf gerät durcheinander; es kommt vermehrt zu Algenblüten, was wiederum die Sauerstoffkonzentration und die Primärproduktivität verändert und sich damit auf den Fischfang auswirken könnte.
Co-Autor Prof. Dr. Jian Peng, Leiter des UFZ-Departments Remote Sensing, bilanziert deshalb: „Es ist wichtig, die von den kontinentalen Landmassen absorbierte zusätzliche Wärmemenge genauer zu quantifizieren und zu überwachen. Denn dies ist ein wichtiger Indikator, um zu verstehen, wie sich aufgrund der Wärmespeicherung die Veränderungen der natürlichen Prozesse künftig auf die Natur und den Menschen auswirken werden“.