Biomethan aus landwirtschaftlichen Reststoffen ist in großen Mengen verfügbar, die Infrastruktur steht und es eignet sich besonders als Treibstoff für LKWs, Busse, Bau- und Landmaschinen – also für die Fahrzeuge, bei denen die Elektromobilität nur schwer Einzug hält. Von allen erneuerbaren Kraftstoffen weist Biomethan die beste Treibhausgasbilanz auf. Wird es aus Gülle produziert, ist seine CO2-Bilanz sogar negativ, weil Emissionen vermieden werden, die bei der Lagerung und Ausbringung von unbehandelter Gülle entstehen. Welche Methoden das beste Ergebnis erzielen, testen derzeit die Universität Hohenheim in Stuttgart, das KIT in Karlsruhe sowie weitere Projektbeteiligte aus Industrie und Praxis. Der erste Linienbus mit Biomethan rollt bereits auf der schwäbischen Alb und in der Region Ravensburg.
Die verkehrsbedingten Emissionen von Kohlendioxid (CO2), Stickoxid und Feinstaub in Deutschland sind zu hoch. Vor allem in städtischen Ballungsgebieten ist dies deutlich zu spüren. Eine Ursache hierfür ist der immer noch sehr geringe Anteil an erneuerbaren Energien im Verkehrssektor: Einschließlich des Stromverbrauchs im Schienen- und Straßenverkehr lag ihr Anteil von 2008 bis 2021 nur zwischen 5,0 und 7,6 Prozent.
„Eine vielversprechende und kostengünstige Alternative zu fossilen Energieträgern wie Öl oder Gas sind alternative Kraftstoffe auf Basis von Biomethan“, sagt PD Dr. Andreas Lemmer von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie an der Universität Hohenheim.
Kraftstoff Biomethan führt zu deutlicher Reduzierung des CO2-Ausstoßes
„Dies gilt vor allem für Bereiche, in denen die fortschreitende Elektromobilität nur schwer Einzug halten wird, wie im Schwerlastverkehr oder bei Bau- und Landmaschinen. Hier kann die verstärkte Verwendung von Biomethan – sei es als Bio-CNG (komprimiertes Biomethan) oder Bio-LNG (verflüssigtes Biomethan) – zu einer deutlichen Reduzierung des CO2-Ausstoßes führen“, fährt der Experte fort.
„Mit regenerativ erzeugtem Bio-LNG als LKW- und Landmaschinen-Treibstoff kann der CO2-Ausstoß im Schnitt um mehr als 65 Prozent verringert werden“, fasst PD Dr. Lemmer seine Forschungsergebnisse zusammen. „Verwenden wir ausschließlich Gülle als Ausgangsmaterial, dann ist die CO2-Bilanz sogar negativ.“
Zweistufige Druckfermentation für höhere Methanproduktion
Gleich in zwei Projekten beschäftigen sich er und seine Arbeitsgruppe mit der Umsetzung in die Praxis: Im Verbundprojekt probioLNG (Innovative Prozesskette zur ressourceneffizienten Erzeugung von Bio-LNG) bauten sie gemeinsam mit weiteren Projektbeteiligten aus Wissenschaft, Industrie und Praxis eine Pilotanlage zur Bio-LNG-Erzeugung auf. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Diese Anlage wurde gemeinsam mit dem KIT konzipiert und ist auf der Forschungsstation „Unterer Lindenhof“ der Universität Hohenheim stationiert. Sie ermöglicht es erstmals, neue Verfahren der Biogasherstellung und Aufbereitung zu einer vollständigen Prozesskette zu kombinieren. Der Clou dabei: eine zweistufige Druckfermentation.
„Im Vergleich zur üblichen Biogasproduktion trennen wir zwei Schritte räumlich, zeitlich und prozesstechnisch voneinander“, beschreibt Elena Holl, Doktorandin in der Arbeitsgruppe. Zunächst zerlegen Mikroorganismen in der sogenannten Hydrolyse feuchte Biomasse, wie beispielsweise Gülle, organische Reststoffe oder Energiepflanzen in kleinere Moleküle. Im zweiten Schritt wandeln spezielle Mikroorganismen diese Bausteine in Methan um.
„Durch die Trennung der beiden Vorgänge können wir die Bedingungen, wie beispielsweise Temperatur und pH-Wert, ideal an die Bedürfnisse der verschiedenen Mikroorganismen anpassen und so die Methanproduktion deutlich erhöhen“, erklärt Elena Holl. Diese steigt noch weiter, wenn zusätzlich Wasserstoff eingeleitet wird: „Auf diese Weise erzeugen wir Biogas mit einem Methangehalt von über 90 Volumenprozent“, so die Wissenschaftlerin.
Biomethan im Linienbusverkehr
Mit einer der vielen Verwendungsmöglichkeiten des so erzeugten Biomethans befasst sich das Verbundprojekt „NEOBus – negative Emission ÖPNV“, das vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) gefördert wird: Biomethan als klimafreundlicher Treibstoff für Linienbusse im ÖPNV.
Dafür kann es in zwei Varianten eingesetzt werden, die die Forschenden miteinander vergleichen: Wird Methan mit einem Druck von 350 bar verdichtet, entsteht Bio-CNG, das in gasförmiger Form gespeichert werden kann. Bei der Herstellung von Bio-LNG hingegen wird Methan auf -162 °C abgekühlt und dadurch verflüssigt. Es kommt als gekühlter, flüssiger Treibstoff zum Einsatz.
Das verflüssigte Methan dient als Kraftstoff für einen Bio-LNG-Hybridbus, den ein Busunternehmer auf der Strecke Münsingen-Reutlingen im Praxisalltag testet. Parallel wird an der Biogasanlage der Firma Duelli eine neuartige Gasaufbereitung erprobt und das so erzeugte Bio-CNG in einem Bus in der Region Ravensburg eingesetzt.
Dabei führt der Biomethan-Kraftstoff nicht nur zu geringeren Treibhausgasemissionen, auch der Ausstoß von Schadstoffen nimmt ab. So reduziert verflüssigtes Methan den Ausstoß von Stickoxiden im Vergleich zu einem Euro VI Dieselbus um 60 Prozent, während die Feinstaubbelastung im Vergleich zu konventionellen Dieselbussen um 90 Prozent sinkt.
Biomethan als Kraftstoff: Zukunftsmusik oder schon bald Gegenwart?
PD Dr. Lemmer sieht in der Biomethanproduktion auch eine gute zusätzliche Einnahmequelle für landwirtschaftliche Betriebe: „Der Zusammenschluss von Verkehrsunternehmen mit einem oder mehreren lokalen Biogasanlagenbetreibern eröffnet im ländlichen Raum ein vielversprechendes Geschäftsmodell für beide Seiten.“
„Biomethan ist einer der wenigen erneuerbaren Energieträger, der bereits derzeit in großer Menge zur Verfügung steht, der auf eine vorhandene Infrastruktur zurückgreifen kann und der bei intelligenter Herstellung die beste Treibhausgasbilanz aller erneuerbaren Treibstoffe aufweist“, ist der Experte überzeugt.