Trotz einiger größerer Unterstützungspakete war der Gesamtbetrag neuer bilateraler Zusagen anderer Länder an die Ukraine im Frühjahr 2023 gering im Vergleich zu früheren Zeiträumen. Bei den meisten neuen Zusagen handelte es sich um Militärhilfe. Trotz der ukrainischen Offensive sind die neuen Zusagen jedoch nicht so hoch wie zu Beginn des Jahres, und die Lieferungen von militärischer Ausrüstung liegen deutlich unter den Zusagen. Dies ist das Ergebnis der jüngsten Datenanalyse des Ukraine Support Tracker.
Im neu erfassten Zeitraum vom 25. Februar bis zum 31. Mai 2023 stieg der Wert aller erfassten Zusagen an die Ukraine um gut 13 Mrd. Euro auf insgesamt rund 165 Mrd. Euro; fast 9 Mrd. Euro entfielen auf neu zugesagte militärische Hilfe. Deutschland, in absoluten Zahlen nun der zweitgrößte Geber von Militärhilfen, erhöhte seine militärischen Zusagen um 3,26 Mrd. Euro, oder 76 Prozent, auf 7,5 Mrd. Euro. Darin enthalten sind zusätzliche Kampfpanzer, Iris-T-Luftabwehrsysteme und weitere Waffen zur Stärkung der ukrainischen Luftverteidigungskapazitäten.
Die EU erhöht das Budget der Europäischen Friedensfazilität um zwei Tranchen à 1 Mrd. Euro, auf insgesamt 5,6 Mrd. Euro. Allein für dieses Jahr verspricht Dänemark neue militärische Unterstützung im Wert von 1 Mrd. Euro, darunter zusätzliche Leopard-2 Panzer. Dies entspricht einem Zuwachs von 765 Mio. Euro im Vergleich zu Ende Februar dieses Jahres, eine Steigerung von 175 Prozent. Polen sagte zwei neue Militärhilfepakete im Gesamtwert von 581 Mio. Euro zu. Eines der Pakete umfasst 14 MiG-29-Kampfjets, die bereits an die Ukraine geliefert wurden. Die Slowakei ist neben Polen das einzige andere Land, welches Kampfjets versprochen, und ebenfalls bereits geliefert hat. Die slowakische Militärunterstützung erhöht sich um rund 191 Mio. Euro, mehr als eine Verdreifachung.
Eine neue Analyse der relativen Zusammensetzung der Zusagen im Zeitverlauf zeigt den Trend hin zur Militärhilfe. Während sich in den ersten 10 Monaten des Krieges Militär- und Finanzhilfe in etwa die Waage hielten, ist seit Oktober 2022 der Anteil der Militärhilfe an den neuen Zusagen stetig gestiegen. Anfang 2023 war über die Hälfte der neu zugesagten Unterstützung militärischer Natur. Im April und Mai 2023 stieg dieser Anteil sogar auf über 70 Prozent. Gleichzeitig sank der Anteil der Finanzhilfe an den neuen Paketen auf nunmehr unter ein Viertel.
Trotz dieser Konzentration auf militärische Zusagen liegen die tatsächlichen Lieferungen deutlich unter den versprochenen. Insgesamt ist nur etwas mehr als die Hälfte der zugesagten schweren Waffen geliefert worden. Vor allem die westlichen Partner wie die USA, Deutschland und Großbritannien erhöhten zwar zügig ihre Zusagen, aber die Lieferungen liegen deutlich darunter. Im Gegensatz dazu haben osteuropäische Länder wie die Tschechische Republik, Slowenien, Polen und die Slowakei mehr als 80 Prozent der zugesagten schweren Waffen geliefert.
„Nach einem Schub an neuen Zusagen vor dem Jahrestag des Kriegsbeginns, hat sich das Engagement der Ukraine-Unterstützer insgesamt eher wieder verringert. Militärische Unterstützung gewinnt mit der Dauer des Krieges und den Offensivplänen der Ukraine an Bedeutung. Aber die Lücke zwischen zugesagter und gelieferter Militärausrüstung ist groß. Das gilt insbesondere für EU-Länder und die USA“, sagt Christoph Trebesch, Leiter des Teams, das den Ukraine Support Tracker erstellt, und Forschungszentrumsdirektor am IfW Kiel.
Mit Island wird die Liste der Geberländer weiter vervollständigt. Das nordische Land leistete – sehr transparent veröffentlicht – zu gleichen Teilen humanitäre, finanzielle und militärische Hilfe in Höhe von 30 Mio. Euro, was 0,13 Prozent seiner Wirtschaftsleistung entspricht.
Über den Ukraine Support Tracker
Der Ukraine Support Tracker erfasst und quantifiziert militärische, finanzielle und humanitäre Hilfen, die der Ukraine seit dem 24. Januar 2022 (aktuell bis zum 31. Mai 2023) zugesagt wurden. Berücksichtigt sind 41 Länder, spezifisch die EU-Staaten, die weiteren Mitglieder der G7, Australien, Südkorea, Türkei, Norwegen, Neuseeland, die Schweiz, die Türkei, China, Taiwan, Indien und Island. Erfasst sind Zusagen, die Regierungen dieser Länder der ukrainischen Regierung gemacht haben; Hilfszusagen der EU-Kommission und der Europäischen Investitionsbank sind separat aufgeführt; private Spenden oder solche internationaler Organisationen wie des IWF sind in der Hauptdatenbank nicht enthalten. Ebenso nicht mitgezählt sind Hilfen an Nachbarländer der Ukraine wie Moldawien oder andere Länder – etwa für die Aufnahme von Geflüchteten.
Datenquellen sind Bekanntgaben offizieller Regierungsstellen und Berichte internationaler Medien. In Sachmitteln geleistete Hilfe wie zum Beispiel Medizingüter, Lebensmittel oder militärisches Gerät werden anhand von Marktpreisen oder Angaben aus früheren Hilfskampagnen geschätzt. In Zweifelsfällen werden die höheren verfügbaren Werte angesetzt. Der Ukraine Support Tracker wird laufend erweitert, korrigiert und verbessert. Rückmeldungen und Kommentare zu unserem Methodikpapier und Datensatz sind sehr willkommen. Sie erreichen uns unter ukrainetracker@ifw-kiel.de oder unser Feedbackformular.
Mehr Informationen und alle Detaildaten finden Sie auf der Webseite des Ukraine Support Trackers