Wie atmen Moore nach der Wiedervernässung? Dieser Frage geht das Thünen-Institut für Waldökosysteme zusammen mit dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und dem Staatsbetrieb Sachsenforst im Erzgebirge am Beispiel des Eisenstraßenmoores nach. In dieser Woche (12./13.07.2023) wurden die dafür notwendigen Messtürme aufgestellt – wegen des schwierigen Geländes mit einem traditionellen Arbeitstier: einem Rückepferd.
Entwässerte Moore sind eine bedeutende Quelle für die Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Rund 7 % der gesamten Treibhausgas-Emissionen in Deutschland haben hier ihren Ursprung. Wird ein entwässertes Moor wiedervernässt, entwickelt sich langfristig ein naturnahes Moor, welches als Senke für Treibhausgase agieren kann.
„Die Veränderungen der Treibhausgas-Emissionen während dieses Prozesses analysieren wir künftig rund um die Uhr mit einem speziellen Haubensystem“, erläutert Dr. Cornelius Oertel, Forstwissenschaftler am Thünen-Institut in Eberswalde.
Dazu werden fünf Messtürme mit einer Höhe von 5 m aufgebaut. In den Türmen befindet sich je eine transparente und eine intransparente Haube, die nacheinander automatisch auf den Boden aufgesetzt werden. Mit den ca. 1 m³ großen würfelförmigen Hauben werden die vom Moor emittierten Gase aufgefangen und vor Ort analysiert. Gemessen werden Kohlendioxid, Methan, Lachgas und Wasserdampf. Durch die Verwendung von transparenten und intransparenten Hauben können Gasflüsse sowohl mit als auch ohne Photosynthese berücksichtigt werden. Der Vorteil: Für die Messungen wird nur ein Gerät anstelle von zweien benötigt, und die Analysen erfolgen von genau demselben Messpunkt.
Neben den Gasemissionen misst das Multifunktionsgerät auch weitere Parameter wie Temperatur und Feuchte in Luft und Boden, der Moorwasserspiegel sowie die Strahlung. Zudem wird der im Baumbestand gespeicherte Kohlenstoff berechnet. Die Messungen sind, wie die Wiedervernässung, langfristig angelegt.
„Deutschland- und europaweit sind automatisierte Messstationen zur Analyse von Treibhausgas-Emissionen von Waldmooren äußerst selten“, sagt Geograph Dr. Mathias Hoffmann vom ZALF.
Deshalb ist der Standort auch Teil des EU-Projekts HoliSoils. Das System mit Doppelhauben wird hierbei auf Waldmooren erstmalig verwendet.
Rückepferde als Spezialkräfte
Das für die Untersuchungen ausgewählte Eisenstraßenmoor liegt in der Nähe von Johanngeorgenstadt. Es handelt sich um ein mit Fichte bestocktes Hang-Regen-Moor im Wiedervernässungsprozess. Um die Messtürme an den vorgesehenen Stellen zu platzieren, kam ein von Sachsenfort bereitgestelltes Rückepferd zum Einsatz, das die Türme die letzten 100 Meter auf einem Schlitten durch das Moor und über ehemalige Entwässerungsgräben hinweggezogen hat. Rein mit menschlicher Kraft wäre der Transport der 300 kg schweren Geräte äußerst schwierig gewesen.
„Das Rückepferd wird bei der Holzernte im Zusammenspiel mit Ernte- und Transportmaschinen wie Harvester und Forwarder eingesetzt. Eine reine Rückung mit Pferden ist auf Grund der heutigen Dimension der Bäume und der geringen Verfügbarkeit an Pferden nicht mehr möglich“, erklärt Dr. Clemens Weiser, Leiter Staatsforstbetrieb im Forstbezirk Eibenstock. Nach dem Transport der Messtürme wird die Installation der notwendigen Stromversorgung in Zusammenarbeit mit Sachsenforst realisiert.
Neben dem Eisenstraßenmoor analysiert das Thünen-Institut noch einen weiteren Moorstandort mit Wiedervernässung. Der Standort Buchenhorst ist ein mit Erle bestocktes Niedermoor in der Mecklenburgischen Seenplatte. Beide Standorte sind als sogenannte Intensivflächen Teil des bundesweiten Moorboden-Monitorings für den Klimaschutz im Wald (MoMoK-Wald), welches das Thünen-Institut im Auftrag des BMEL einrichtet.