Open-Source-Softwaretoolbox hilft Kosten und CO2-Emissionen einzusparen

Das EGI-Optimierungs-Tool wurde mit Daten der beteiligten Projektpartner sowie mit Messungen aus dem Reallabor für intelli-gente Energiesysteme am Fraunhofer IISB validiert. Amelie Schardt / Fraunhofer IISB

Im Forschungsprojekt ProEnergie – Bayern haben Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam eine Softwaretoolbox für Unternehmen entwickelt. Die Toolbox erleichtert die Planung und Optimierung der energetischen Gebäudeinfrastruktur (EGI). Es sind drei spezialisierte Softwaretools enthalten, mit welchen Unternehmen ihre Energieinfrastruktur analysieren, Einsparpotenziale identifizieren und Optimierungsmaßnahmen sowie deren Einfluss auf das Gesamtsystem simulieren können. Dies eröffnet Möglichkeiten zur Kosten- und CO2-Reduktion. Die Toolbox ist ab sofort als Open-Source-Software verfügbar.

Unternehmen müssen flexibel auf sich ändernde Produktions- und Marktbedingungen reagieren. Ein wirksamer Hebel ist dabei der effiziente und nachhaltige Einsatz von Energie. Als konkrete Lösung bietet sich hierfür eine Analyse und Anpassung der energetischen Gebäudeinfrastruktur (EGI) an. Diese sogenannte EGI umfasst alle Anlagen zur Energiebereitstellung, Energiewandlung und -speicherung im Unternehmen.

Die im Projekt ProEnergie – Bayern entwickelte Softwaretoolbox befähigt die Anwenderinnen und Anwender, an ihrer eigenen EGI nicht-invasive Untersuchungen vorzunehmen, Optimierungsmöglichkeiten zu identifizieren sowie nötige Anpassungen und Erweiterungen zu simulieren und zu planen.

Ein Großteil des Energiebedarfs in Unternehmen fällt in der Produktion selbst an – beispielsweise für Prozesswärme und -kälte, Versorgung des Prozessequipments oder Raumlufttechnik. Aber auch Büros und Labore benötigen Energie. Neben elektrischem Strom gehören dazu Energieformen wie Wärme, Kälte, Gase und Druckluft.

Für die Optimierung der EGI stehen also verschiedenste Möglichkeiten offen. Am naheliegendsten ist erst einmal die Anpassung vorhandener Anlagen an neue Anforderungen. Dar-über hinaus können Unternehmen auch ihr Energiesystem erweitern, z. B. um Energiespeicher, Rückgewinnung von Prozessenergie oder eigene regenerative Energiequellen.

Durch die enge Kopplung der energetischen Teilsysteme haben Eingriffe in einen einzelnen Bereich allerdings Auswirkungen auf das Gesamtsystem. Zum Beispiel kann der veränderte Betrieb einer Wärmepumpe den unerwünschten Nebeneffekt haben, hohe Lastspitzen im Bezugsprofil des elektrischen Stroms zu erzeugen. Ohne geeignete Hilfs-mittel lässt sich der Einfluss einzelner Optimierungsmaßnahmen auf das Energiesystem nicht zuverlässig voraussagen.

Daher unterstützt die Softwaretoolbox die Unternehmen bei der Bewertung von Maßnahmen in ihrer EGI mit drei spezialisierten Tools, indem sie die wesentlichen Schritte der Datenanalyse, Bedarfsprognose und EGI-Gesamtoptimierung abbildet. Die Besonderheit dabei: Diese Programme sind kostenlos verfügbar, in der universellen Programmiersprache Python geschrieben und der komplette Quellcode ist als Open-Source-Software vollständig offengelegt.

Das Lastprofil-Analyse-Tool übernimmt die systematische Analyse von Zeitreihen, indem es wichtige Kennzahlen berechnet und verschiedene grafische Auswertungen erstellt. Als Eingangsdaten werden üblicherweise Last- oder Erzeugungsprofile genutzt, z. B. elektrischer Strombezug, PV-Profil und Wärmebedarf. Aber auch andere Zeitverläufe, wie Volumenströme, lassen sich mit dem Tool auswerten. Der Schritt der systematischen Analyse deckt Abhängigkeiten im Energiesystem auf und macht die relevanten Einflussgrößen sichtbar.

Während die Lastprofil-Datenanalyse rein historische Messreihen auswertet, erlaubt das Produktions-Lastgang-Tool die Vorhersage zukünftiger Lastverläufe. Hierfür wird ein Prognosemodell mit Methoden aus dem Bereich des maschinellen Lernens trainiert. Als Basis dienen historische Produktionsdaten, Lastprofile und Wetterdaten.

Anschließend ermöglicht das Prognosemodell im Produktions-Lastgang-Tool die Berechnung detaillierter Lastprognosen. Es gibt Einsicht in den jeweiligen zeitlichen Verlauf des Strom-, Wärme-, Kälte- und Gasbedarfs. So werden kritische Zeiträume identifiziert, in denen entsprechende Lastspitzen und eine hohe Belastung der EGI zu erwarten sind.

Die drei spezialisierten Softwaretools für die Analyse und Prognose von Lastgängen sowie zur Simulation und Optimie-rung der energetischen Gebäudeinfrastruktur (EGI). Christopher Lange / Fraunhofer IISB

Das dritte Softwarewerkzeug, das EGI-Optimierungs-Tool, ermöglicht die Untersuchung und quantitative Bewertung von Veränderungen in der Energieinfrastruktur. Im ersten Schritt wird die gesamte EGI vom Benutzer konfiguriert und parametriert. Hierfür steht eine umfangreiche Bibliothek zur Verfügung, welche neben den eigentlichen Komponentenmodellen (z. B. BHKW) auch zusätzliche Anlagenbestandteile (z. B. Wärmespeicher und Motorklappen) und Betriebsstrategien enthält.

Neben einer Einzelsimulation des im EGI-Optimierungs-Tool konfigurierten Systems ist es zusätzlich möglich, mehrere Simulationen automatisch unter Variation von Parametern auszuführen oder einzelne Parameter, z. B. Speicherkapazität oder Schaltschwelle, auf Basis einer Zielgröße zu optimieren. Somit können sämtliche Eingriffe in die EGI vorab fundiert unter-sucht, Einsparpotentiale aufgezeigt und die Auswirkungen auf das Gesamtsystem abgeschätzt werden.

Mit der Softwaretoolbox haben Unternehmen unter https://gitlab.cc-asp.fraunhofer.de/proenergie/ ab sofort eine kostenfreie und flexible Lösung zur Optimierung ihrer EGI an der Hand. Der Einfluss von geplanten Erweiterungen und Veränderungen der Energieinfrastruktur kann so schon vor einem realen Eingriff – ohne Auswirkungen auf sensible Produktionsprozesse – untersucht werden.

Durch den Einsatz der Softwaretools gewinnen Unternehmen Sicherheit bei ihren Investitionen, beispielsweise in die eigene regenerative Energieerzeugung, Energiespeicher oder Modernisierungsmaßnahmen. Ebenso lässt sich das Aufwand-Nutzen-Verhältnis langfristig kalkulieren und der Eigenversorgungsgrad steigern, wodurch Unternehmen einen Teil ihres Energie-bedarfs selbst decken können, im Idealfall bis hin zur vollen Klimaneutralität.

Die Softwaretools werden von den Fraunhofer-Instituten IISB und IPA zum Download zur Verfügung gestellt und gepflegt. Interessierte Unternehmen sind eingeladen, sich an Dr. Christopher Lange (christopher.lange@iisb.fraunhofer.de), Senior Scientist in der Abteilung Intelligente Energiesysteme des Fraunhofer IISB, zu wenden.