Lässt sich das Klima über Gesteinsmehl, das unter die Äcker gemischt wird, gezielt abkühlen? Forschende der JGU suchen die Antwort in Klimaerwärmungen vor 40 und 56 Millionen Jahren: Das Klima erwärmt sich – die Auswirkungen waren diesen Sommer quer über den Globus zu spüren. Erdgeschichtlich ist eine solche Klimaerwärmung nicht neu: Vor 56 Millionen Jahren, beim Paläozän/Eozän-Temperaturmaximum (PETM), erwärmte sich das Klima um fünf bis acht Grad Celsius – der Grund lag vermutlich in einem Vulkanausbruch, durch den viel CO₂ in die Luft gelangte. Etwa 200.000 Jahre dauerten die hohen Temperaturen an.
Den Effekt, der schließlich für Abkühlung sorgte, untersuchte Prof. Dr. Philip Pogge von Strandmann von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) bereits im Jahr 2021. Kurzgefasst: Regenwasser verbindet sich mit CO₂ aus der Atmosphäre zu Karbonsäure, die Stein verwittern lässt und dabei Calcium und Magnesium herauslöst. Die Flüsse tragen sowohl Calcium und Magnesium als auch die Karbonsäure ins Meer, wo sich Calcium – oder Magnesium – und CO₂ zu unlöslichem Kalkstein verbinden. „Es gibt also eine Rückkopplung, die das Klima kontrolliert: Hohe Temperaturen beschleunigen diesen Verwitterungsprozess und lassen den CO₂-Gehalt in der Atmosphäre sinken – das Klima kann sich wieder erholen“, erläutert Pogge von Strandmann.
Vor 40 Millionen Jahren brauchte das Klima doppelt so lange für Regeneration
16 Millionen Jahre nach dem PETM erwärmte sich das Klima abermals, man spricht dabei vom „Middle Eocene Climatic Optimum“ oder MECO. Doch obwohl Vulkanausbrüche etwa die gleiche Menge an CO₂ in die Atmosphäre schleuderten wie im PETM, dauerte es deutlich länger, bis sich das Klima stabilisierte. Nämlich ganze 400.000 Jahre – also doppelt so lange wie im PETM. Worin lag diese lange Erholungszeit begründet? Auf der Suche nach der Antwort analysierte Pogge von Strandmann 40 Millionen Jahre alte Meereskarbonate und Tonmineralien und verglich die Ergebnisse mit denen aus 56 Millionen Jahre altem Gestein.
„Ähnlich wie im PETM stiegen Verwitterung und Erosion auch im MECO an. Der Unterschied: Vor 40 Millionen Jahren war deutlich weniger Stein vorhanden, stattdessen herrschte ein globaler Regenwald auf einem Boden vor, der vor allem aus Tonmineralen bestand“, fasst Pogge von Strandmann zusammen. Doch im Gegensatz zu Stein verwittert Ton nicht, vielmehr ist er selbst das Produkt von Verwitterung. „Allen hohen Temperaturen zum Trotz: Das große Ausmaß an Ton verhinderte, dass Stein effizient verwitterte“, sagt der Geowissenschaftler.
Beschleunigte Verwitterung als Klimaschutz
Doch wozu ist dieses Wissen gut? „Wir benutzten das Paläo-Klima, um herauszufinden, wie wir unser derzeitiges Klima positiv beeinflussen können. Eine Möglichkeit dazu könnte die Beschleunigte Verwitterung sein: Dabei wird Steinpulver in die Felder eingepflügt“, erläutert Pogge von Strandmann. Das fein vermahlene Pulver verwittert schnell und bindet dabei Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre, woraufhin sich das Klima erholen kann. Weltweit wird dieser Ansatz als „Negativ-Emissionen-Technologie“ (NET) stark erforscht.
Bildet sich bei dieser Verwitterung allerdings Ton, dürfte dies die Auswirkungen des Verfahrens deutlich schmälern, wie Pogge von Strandmann herausfand. Denn der Ton hält das Calcium und das Magnesium, das bei der Verwitterung aus dem Stein gewaschen wird, fest. Zwar fließt das CO₂ wie gehabt in den Ozean, allerdings wird es dort nicht gebunden und entweicht leicht wieder zurück in die Atmosphäre: Die Verwitterung hat kaum einen Effekt aufs Klima.
Würde sich das Steinpulver bei der Verwitterung vollständig auflösen, wäre das Verfahren der Beschleunigten Verwitterung zu hundert Prozent effizient. Würde dagegen sämtliches Steinmehl in Form von Ton zurückbleiben, gingen die Auswirkungen gegen null. Die Realität liegt irgendwo dazwischen: Während sich der Stein im PETM verstärkt auflöste und sich das Klima somit schneller erholte, lag das Gewicht im MECO vor allem auf der Seite der Tonbildung. Wie viel Steinpulver sich auflöst und wie viel als Ton zurückbleibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa vom global bereits vorhandenen Ton- und Steingehalt. Um einschätzen zu können, ob sich das Verfahren der Beschleunigten Verwitterung lohnt, sollte also vorab geprüft werden, wie viel Ton sich bei der Verwitterung bildet.