KI optimiert Prototyp eines umweltverträglichen Stromspeichers

Stefan Spirk vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik der TU Graz. Helmut Lunghammer Lunghammer - TU Graz

Als „bahnbrechenden Erfolg im Bereich nachhaltiger Energiespeicher-Technologien“ bezeichnete Stefan Spirk vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik der TU Graz im Jahr 2020 die Forschungsleistung, mit der es ihm und seinem Team gelungen war, Redox-Flow-Batterien umweltfreundlicher zu machen (https://www.tugraz.at/tu-graz/universitaet/klimaneutrale-tu-graz/einzelansicht/a…). Sie hatten die redoxaktiven Elemente der Batterie durch herkömmliches Vanillin ersetzt, womit keine kritischen bzw. umweltschädlichen Rohstoffe mehr benötigt wurden.

Mit dem neuartigen Speichermedium allein war es aber nicht getan. Mittlerweile arbeitet Stefan Spirk daran, einen Vanillin-Stromspeicher zu gestalten, der in seiner gesamten Zusammensetzung möglichst nachhaltig und dennoch effizient ist. Einsatzgebiete des fertig entwickelten Speichers werden vor allem der industrielle Bereich und die Speicherung von Stromüberschüssen aus erneuerbaren Energien sein. Beteiligt an dem Forschungsprojekt mit dem Namen VanillaFlow sind weitere Institute der TU Graz, das im Science Park Graz ansässige Start-up Ecolyte von Stefan Spirk und zahlreiche weitere Projektpartner.

Das Projekt wird im Rahmen der EIC Pathfinder Challenge des European Innovation Council gefördert und gehört damit zum EU Horizon Europe Programm für Forschungs- und Innovationsförderung. Die Pathfinder Challenge soll mutige Ideen für gänzlich neue Technologien unterstützen.

Optimierung aller Komponenten und Prozesse

Im Projekt VanillaFlow sollen sämtliche Komponenten und Prozesse des Speichers optimiert werden: neben den Vanillin-Verbindungen als Speichermedium auch die Membran, die Elektrode und die Steuerung. All dies unter Zuhilfenahme von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning. Damit lassen sich in wesentlich kürzerer Zeit als bisher Vorhersagen für Modelle vielversprechender Vanillin-Verbindungen erstellen. Die aussichtsreichsten Modelle werden dann im Labor entwickelt und getestet, um so die ideale Zusammensetzung für die Speicherflüssigkeit zu finden.

Bei der Membran und der Elektrode geht es primär darum, die dafür bisher in Batteriespeichern verwendeten wenig umweltfreundlichen Materialien ebenfalls durch nachhaltige Stoffe zu ersetzen. Für die Membranen wird bislang die Teflon-Modifikation Nafion verwendet. Mittlerweile ist eine papierbasierte Membran entstanden, die laufend weiterentwickelt wird. Das Patent dafür wurde bereits angemeldet. Bei der Elektrode setzt das Projektteam auf ein Kohlenstoff-Vlies, das durch Komprimierung weniger Widerstand bietet und auch weniger Ablagerungen entwickelt. Durch neue Beschichtungen und Behandlungen soll hier eine noch bessere Leistung erreicht werden.

Vorab-Feintuning an digitalem Zwilling

Um nicht vorab alle Iterationen an Speichermedium, Membran und Elektrode produzieren zu müssen, wird hier ebenfalls auf digitale Unterstützung zurückgegriffen. Mittels eines digitalen Zwillings können die einzelnen Komponenten im Voraus virtuell im Zusammenspiel getestet und überprüft werden. Dabei wird auch gleich die Steuerung des Speichers weiterentwickelt, um auch dadurch den Betrieb zu optimieren.

Eine dahinterliegende künstliche Intelligenz verknüpft diese virtuellen Ergebnisse mit den VanillaFlow-Projektdaten. Darüber hinaus findet eine technoökonomische und ökologische Überprüfung statt, um sicherzustellen, dass der Speicher keine Toxizität aufweist und gesetzeskonform ist. Das soll gewährleisten, dass das fertige Produkt ungefährlich für Mensch und Umwelt ist.

Sobald ein erster Prototyp dieses durch KI mitdesignten Speichers fertig ist, ist seine Einbindung in das Netz der TU Graz geplant. Als Speicherleistung sind dafür maximal 10 kW vorgesehen, für zukünftige Anwendern ist die Leistung aber je nach Bedarf skalierbar.

„Als wir vor rund drei Jahren Vanillin für die Nutzung in Redox-Flow-Batterien nutzbar gemacht haben, war uns klar, dass dies erst der Anfang auf dem Weg zu einem umweltfreundlichen und effizienten Stromspeicher für Anwender*innen aus Industrie und Energieerzeugung war“, sagt Stefan Spirk. „Indem wir jetzt auf Basis dieses Speichermediums mit Hilfe von KI einen nachhaltigen Stromspeicher von A bis Z designen, testen und letztendlich auch fertigen, setzen wir den nächsten wichtigen Schritt. Wenn wir dann einen Speicher ohne schädliche Materialien, ohne seltene Rohstoffe, aber mit hoher Effizienz und Sicherheit für Mensch und Umwelt entwickelt haben, ist das ein wichtiges Puzzlestück für die weitere Dekarbonisierung des Energiesystems und der Industrie.“