Maiswurzeln sondern bestimmte Stoffe ab, die die Qualität des Bodens beeinflussen. In bestimmten Feldern steigert dieser Effekt den Ertrag von Weizen, der nach dem Mais im selben Boden angepflanzt wird, um mehr als 4 %. Dies konnten Forschende der Universität Bern nachweisen. Die Erkenntnisse aus mehreren Feldexperimenten zeigen zwar, dass solche Effekte stark variabel sind, aber dass sie langfristig doch dazu beitragen könnten, den Anbau von Getreide ohne zusätzlichen Dünger oder Pestizide nachhaltiger zu gestalten.
Pflanzen produzieren eine Fülle von spezialisierten chemischen Stoffen. Einige davon werden auch in den Boden abgegeben und beeinflussen so dessen Qualität. Das wiederum beeinflusst die nächste Pflanze, welche in diesem Boden wächst. Inwiefern die ausgeschiedenen Stoffe in der Landwirtschaft zur Steigerung der Produktivität einsetzt werden können ist noch wenig erforscht.
Nun haben Forschende des Instituts für Pflanzenwissenschaften (IPS) der Universität Bern Feldexperimente dazu durchgeführt. Mit ihren Erkenntnissen, die im Fachjournal eLife publiziert wurden, weisen die Forschenden nach, dass chemische Stoffe aus den Wurzeln der Maispflanze bei nachfolgendem Weizen eine Ertragssteigerung herbeiführen können – und dies bei landwirtschaftlich realistischen Bedingungen.
Wie Maiswurzelstoffe den Weizen beeinflussen
Aus früheren Untersuchungen der Forschenden am Institut für Pflanzenwissenschaften (IPS) der Universität Bern war bekannt, dass sogenannte Benzoxazinoide – chemische Substanzen, welche Maispflanzen über ihre Wurzeln abgeben –, die Zusammensetzung von Mikroorganismen im Boden an den Wurzeln verändern und so das Wachstum der Folgepflanzen in diesem Boden beeinflussen.
In der vorliegenden Studie wurde nun untersucht, ob solche sogenannten Pflanzen-Boden-Feedbacks auch unter landwirtschaftlich realistischen Bedingungen auftreten.
«Solche Feldexperimente sind essenziell, um die Übertragbarkeit der Grundlageforschung in die Praxis und so einen möglichen agronomischen Nutzen zu testen» sagt Valentin Gfeller, der das Projekt als Doktorand am IPS bearbeitet hat und mittlerweile am Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL tätig ist.
In einem zweijährigen Feldexperiment wurden zuerst zwei Maislinien angebaut, wovon nur eine Benzoxazinoide in den Boden abgab. Anschliessend wurden drei Sorten von Winterweizen auf den unterschiedlich konditionierten Böden angebaut. So konnte gezeigt werden, dass die Ausscheidung von Benzoxazinoiden zu einem verbesserten Auflaufen, einer verstärkten Bestockung, einem erhöhten Wachstum und einem erhöhten Ertrag führt.
Weniger Schädlinge, gleiche Qualität
Neben dem erhöhten Ertrag wurde ein geringerer Befall durch bestimmte Schädlinge festgestellt.
«Eine Ertragssteigerung von 4% klingt nicht spektakulär, ist aber doch signifikant, wenn man bedenkt, wie schwer es mittlerweile ist, Weizenerträge ohne zusätzliche Inputs zu steigern», sagt Matthias Erb, Professor für biotische Interaktionen am Institut für Pflanzenwissenschaften, der die Studie zusammen mit Klaus Schläppi von der Universität Basel geleitet hat. «Ob solche Effekte wirklich grossflächig in der landwirtschaftlichen Anwendung einen Unterschied machen, muss sich aber erst noch zeigen, da der Ertrag auch von vielen anderen Faktoren abhängt», sagt Erb.
Die Studie zeigt das Potenzial der Nutzung von spezialisierten Pflanzenstoffen zur Verbesserung der Produktivität von Nutzpflanzen durch sortenspezifische Fruchtfolgen.
Dank Zusammenarbeiten im Rahmen der Interfakultären Forschungskooperation (IFK) «One Health» der Universität Bern (siehe Box) konnte auch die Qualität des Weizens auf der Ebene von einzelnen chemischen Elementen untersucht werden. Gemeinsam mit dem Geographischen Institut der Universität Bern und Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, konnte gezeigt werden, dass die Steigerung des Ertrags durch die Benzoxazinoide keinen negativen Effekt auf die Qualität des Weizens hat.
Pflanzliche Stoffe überdauern im Boden
Um den unterliegenden Mechanismus besser zu verstehen, führten die Forschenden diverse Boden- und Wurzelanalysen durch. Benzoxazinoid-produzierende Pflanzen reicherten diese Stoffe und deren Abbauprodukte in wurzelnahem Boden an. Zudem konnte in Zusammenarbeit mit der Universität Basel bestätigt werden, das Benzoxazinoide die Gemeinschaft von Bakterien und Pilzen in und auf den Maiswurzeln beeinflusst. Dabei wurden aber die Bodennährstoffe nicht verändert. Die Benoxazinoide erwiesen sich zudem als besonders langlebig im Boden. Wie stark das Weizenwachstum und der Gesamtertrag von den Benzoxazinoiden direkt oder indirekt durch die Mikroorganismen im Boden beeinflusst wird, soll noch genauer untersucht werden.
Die Bodenbeschaffenheit ist entscheidend
Zur Prüfung der Auswirkungen von unterschiedlichen Umweltfaktoren hat das Forschungsteam zusammen mit der Universität Basel und Agroscope in einem weiteren zweijährigen Feldexperiment untersucht, wie sich diese Pflanzen-Boden-Feedbacks durch Benzoxazinoide auf einem heterogeneren Feld verhalten. Die Zusammensetzung der Bodenchemie und der Mikroorganismen auf diesem Feld variierten stark.
Die Forschenden konnten zeigen, dass der Einfluss von Benzoxazinoiden auf das Wachstum und die Resistenz von Weizen von dieser unterschiedlichen Zusammensetzung abhängt. «Ein besseres Verständnis der Auswirkungen der Bodenbeschaffenheit auf Pflanzen-Boden-Feedbacks ist von entscheidender Bedeutung für die künftige Nutzung in der nachhaltigen Landwirtschaft», sagt Valentin Gfeller.