Forschende der Universität Regensburg zeigen in einer neuen Studie, dass nicht tödlich wirkende Mengen von Insektiziden verschiedener Wirkstoffklassen negative Effekte auf parasitische Wespen haben können: Parasitische Wespen werden bei der biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt und helfen als natürliche Gegenspieler anderer Insekten bei der Aufrechterhaltung ökologischer Gleichgewichte. Wurden sie mit nicht tödlichen Insektizid-Dosen behandelt, so waren sie nicht mehr in der Lage über ihren Geruchssinn Paarungspartner und Wirtsorganismen zu finden.
Insektizide werden weltweit zur Bekämpfung von Schädlingen in der industriellen Landwirtschaft eingesetzt. Intensive Forschungsaktivitäten der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass diese Wirkstoffe selbst in nicht tödlichen Mengen auch nützliche Insekten schädigen können. Insbesondere Bestäuber wie Honig- und Wildbienen können über kontaminierten Blütennektar mit Insektiziden in Kontakt kommen.
Jedoch auch weniger auffällige Nutzinsekten wie die meist winzigen parasitischen Wespen naschen gerne mal an den süßen Pflanzensäften. Wegen der Vielzahl an Studien, die negative Effekte bei Nichtzielinsekten nachgewiesen haben, sind insbesondere die Neonicotinoid-Insektizide in die Kritik geraten, sodass die EU 2018 drei Wirkstoffe aus dieser Insektizidklasse verbot. Andere Neonicotinoide und Wirkstoffe mit ähnlichem Wirkmechanismus wie Flupyradifuron und Sulfoxaflor werden hingegen weiterhin eingesetzt. Bislang war jedoch nur unzureichend erforscht, ob auch diese Substanzen negative Effekte auf Nützlinge haben.
Im Rahmen des vom Bayerischen Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz geförderten Projektverbundes BayÖkotox untersuchten die Regensburger Forschenden aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Joachim Ruther, ob die Wirkstoffe Acetamiprid, Dimethoat, Flupyradifuron und Sulfoxaflor den Geruchssinn der parasitischen Wespe Nasonia vitripennis beeinträchtigen. Sie fanden heraus, dass Wespenweibchen, die mit nicht tödlichen Dosen der vier Wirkstoffe behandelt wurden, weder auf den Sexuallockstoff der Männchen noch auf Geruchsstoffe von Fliegenpuppen, welche von den Wespenweibchen parasitiert werden, reagierten.
Wurden sie mit Dimethoat behandelt, so vermieden sie sogar den sonst hochattraktiven Geruch ihrer Wirte. Auch am Paarungsverhalten der Wespen ist der Geruchssinn beteiligt. Dementsprechend ging auch die Häufigkeit erfolgreicher Paarungen nach Insektizidbehandlung der Wespen zurück. „Ohne einen funktionierenden Geruchssinn können parasitische Wespen ihre wichtige Aufgabe als natürliche Feinde anderer Insekten in der Natur kaum erfüllen“, erklärt Nils Schöfer, der als Doktorand die Versuche im Labor durchführte. „Sollten die Ergebnisse zudem auf andere Insekten übertragbar sein“, ergänzt Projektleiter Joachim Ruther, „könnte das einer der Gründe sein, warum die Vielfalt und die Häufigkeit vieler Insektenarten in den letzten Jahren vielerorts zurückgegangen ist.“
Weitere Forschung ist nötig, um zu beurteilen, ob sich die im Labor erhaltenen Ergebnisse auf das Freiland übertragen lassen. Als einen ersten Schritt haben die Regensburger Forschenden die Menge an Nektar gemessen, die von den nur 2 mm kleinen Wespen binnen 48 Stunden gefressen wird. Legt man die ermittelte Fraßmenge von ca. zwei Mikrolitern und Literaturdaten zur Verunreinigung von Blütennektar mit Insektiziden zugrunde, kann angenommen werden, dass die Ergebnisse durchaus feldrelevant sind.