Eine in „Nature“ veröffentlichte internationale Studie zeigt erstmals im globalen Maßstab, aus welchen Gründen und in welchem Umfang Baumarten in Ökosysteme eindringen, in denen sie nicht heimisch sind. Insgesamt 226 Wissenschaftlern aus 54 Ländern in allen Kontinenten haben an dieser Studie zu invasiven Baumarten mitgewirkt. PD Dr. Andreas Hemp von der Universität Bayreuth hat 65 Flächen in verschiedenen Höhenlagen am Kilimanjaro in Tansania untersucht.
Insgesamt wurden mehr als 471.000 Flächen für die repräsentative Studie ausgewählt. Die Auswertung bereits vorhandener internationaler Datenbanken, neue empirische Untersuchungen und ökologische Modelle bildeten die Grundlage, um in Bezug auf jede Fläche zu ermitteln, welchen Anteil eingewanderte Baumarten an der Gesamtzahl der darauf wachsenden Baumarten haben. Zudem wurde für jede Untersuchungsfläche berechnet, wie groß der Anteil der von eingewanderten Baumarten bewachsenen Fläche an der insgesamt bewaldeten Fläche ist.
Wie sich herausstellte, ist die statistische Wahrscheinlichkeit, dass invasive Baumarten in vorhandene Ökosysteme eindringen, in Nordamerika, Europa und Ostasien besonders hoch. Weltweit gilt in allen Klimazonen, dass es vor allem von wirtschaftlichen Aktivitäten des Menschen abhängt, ob eine Region von invasiven Baumarten besiedelt wird. So wird die Neuansiedlung nicht-einheimischer Arten beispielsweise durch die räumliche Nähe von Häfen signifikant gefördert.
Für den Grad der anschließenden Ausbreitung dieser Arten spielt die bereits vorhandene Artenvielfalt eine entscheidende Rolle: Ist die Zahl der einheimischen Baumarten gering, werden sich invasive Arten langfristig in großem Umfang niederlassen und einen großen Anteil an der bewaldeten Fläche einnehmen. Umgekehrt lässt die stark ausgeprägte Artenvielfalt eines Ökosystems die Wahrscheinlichkeit sinken, dass invasive Arten die einheimischen Arten verdrängen.
PD Dr. Andreas Hemp vom Lehrstuhl für Pflanzensystematik der Universität Bayreuth hat die Ergebnisse langjähriger empirischer Feldforschungen am Kilimanjaro in die Studie eingebracht. Er betont, dass es einer genauen Betrachtung der Verhältnisse vor Ort bedarf, um konkrete Aussagen über die Ausbreitung nicht-einheimischer Baumarten treffen zu können.
Der wichtigste Faktor für die Einwanderung fremder Baumarten am Kilimanjaro ist eine vom Menschen verursachte Störung der Waldökosysteme. Weil immer mehr Holz – sei es zur Energieversorgung oder als Baumaterial – den vorhandenen Wäldern entnommen wurde, kam es zu Auflichtungen, in die von außen kommende Baumarten vorstoßen konnten. Besonders augenfällig ist diese Entwicklung bei Auwäldern, die sich in schmalen Streifen von 1.700 Metern Höhe bis in die tiefen, vom Menschen kultivierten Regionen erstrecken.
Ein weiterer Faktor, der die Ausbreitung invasiver Baumarten fördert, ist die Nähe von Forstplantagen. Hier wachsen beispielsweise die mexikanische Zypresse (Cupressus lusitanica) und die in Mexiko heimische Kiefernart Pinus patula. Die Plantagen dienen als Reservoir für fremde Baumarten, die besonders leicht in den natürlichen Waldgürtel am Fuß des Kilimanjaro eindringen. Hier sind die Wälder bereits durch menschliche Eingriffe stark gestört.
Eine zentrale Rolle bei der Veränderung der Waldgebiete am Kilimanjaro und der weiteren Umgebung spielen Waldbrände. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich zahlreiche australische Eukalyptus-Arten sowie die ebenfalls in Australien heimische Akazienart Acacia maernsii ausgebreitet. Mit ihrem schwer zersetzlichen, an ätherischen Ölen reichen und sich am Waldboden anreichernden Laub steigern sie die Feuergefahr.
Zugleich können sie aber auch größere Feuer gut überstehen und sich anschließend leicht vermehren. „Das hat in manchen Gebieten am Kilimanjaro und auch auf den benachbarten Pare-Bergen dazu geführt, dass große Flächen einer regelrechten Invasion durch die australische Akazienart zum Opfer gefallen sind – mit allen negativen Folgen für die Vielfalt an einheimischen Baumarten“, berichtet Hemp.
Hinsichtlich der Wälder in Mitteleuropa haben ihn die in der neuen Studie ermittelten Daten zu der hier heimischen Waldkiefer (Pinus sylvestris) überrascht: Sie ist, nach der Schein-Akazie (Robinia pseudoacacia), die invasivste Baumart weltweit. „Dies belegt ihre enorme ökoklimatische Anpassungsfähigkeit und ihre Fähigkeit, sich auch unter sich wandelnden Klimabedingungen in Mitteleuropa als wichtige Baumart zu behaupten“, erklärt der Bayreuther Pflanzensystematiker.