Wie leben wir in der Bioökonomie der Zukunft?

Nur wenn alles gut austariert ineinandergreift, ist eine nachhaltige und zukunftsfähige Bioökonomie möglich © Senckenberg / Krohmer

Wie leben, wohnen oder ernähren wir uns zukünftig in einer nicht mehr auf fossilen Rohstoffen basierenden Wirtschaft? Dies diskutierten Expertinnen und Experten aus Industrie und Forschung zusammen mit Jugendlichen beim zweiten BioKompass-Zukunftsdialog am 18. September im Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt. Daraus sind die BioKompass-Zukunftsbilder entstanden, die mögliche Varianten des Alltags in einer Bioökonomie des Jahres 2040 beschreiben.

Um herauszufinden, wie das Leben in der Bioökonomie der Zukunft aussehen könnte, erkundeten über 50 Teilnehmende bei einem Zukunftsdialog im Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt unterschiedliche Zukunftsszenarien. Diese Szenarien wurden zuvor unter Leitung des Fraunhofer ISI mit Expertinnen und Experten entwickelt. Im Zukunftsdialog haben sich die Teilnehmer nun typische Alltagssituationen im Leben eines Menschen im Jahr 2040 vorgestellt und sind mittels der Storytelling-Methode in unterschiedliche Zukünfte einer Bioökonomie eingetaucht.

Grafik: BMEL

Die vier Zukunftsbilder und Alltagsgeschichten zeigen konkret und leicht verständlich auf, wie sich der Alltag durch eine Bioökonomie verändern kann und regen zum Nachdenken über alternative Zukunftswelten an. Dr. Simone Kimpeler, die das Projekt BioKompass am Fraunhofer ISI leitet, unterstreicht hierbei: „Es ist wichtig, Bürgerinnen und Bürger und vor allem Jugendliche frühzeitig in die Entwicklung von Zukunftsvorstellungen über eine Bioökonomie einzubinden und damit die Möglichkeiten der Mitgestaltung der eigenen Zukunft aufzuzeigen. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Diskurs darüber, welche Bioökonomie wir uns wünschen, wie wir Nachhaltigkeit sicherstellen können und wie wir unser Konsumverhalten dafür ändern wollen.“

Zukunftsbild der Bioökonomie

So beschreibt zum Beispiel ein Zukunftsbild, wie Oda (23) mit ihrem genügsamen Lebensstil eine Bioökonomie fördert, der die Grenzen des Planeten respektiert. Sie bezieht Bio-Milch und -Käse aus ihrem „Kuh-Sharing“, beteiligt sich über Mitgliedsbeiträge und Solidarpreise am Geschäftsrisiko der regionalen Landwirte, muss aber auf exotisches Obst und Gemüse verzichten. In einem anderen Zukunftsbild der Bioökonomie in 2040 geht es um Beate (50), die Zuhause mit ihrem Heimbioreaktor experimentiert und damit einen Teil ihrer Lebensmittel selbst herstellt. Trotz ihrer Technikbegeisterung ist ihre Wohnung eine wilde Mischung aus High-Tech, Holz und biobasierten Materialien – Hauptsache recycel- oder kompostierbar und langlebig. Auch der fiktive Alltag eines Chemiefacharbeiters im Jahr 2040 und der einer Bio-Landwirtin wurden im Zukunftsdialog beschrieben. Letztere trinkt mit ihrer Freundin gerne Löwenzahn-Kaffee und behält dabei über ein Display ihren landwirtschaftlichen Betrieb im Blick. Nicht sie, sondern Drohnen entfernen das Unkraut.

Die eigene Konsum- und Lebensweisen beeinflussen

Foto: Universität Hohenheim

Die jetzt veröffentlichten Zukunftsgeschichten dienen als Anregung, sich selbst ein Bild von alternativen Ausprägungen einer Bioökonomie der Zukunft zu machen. Sie rufen ins Bewusstsein, wie unterschiedlich die Bioökonomie ausgestaltet werden kann und wie sehr eigene Konsum- und Lebensweisen das beeinflussen. Elna Schirrmeister vom Fraunhofer ISI betont: »Keines unserer Zukunftsbilder beschreibt eine rosarote Bioökonomie, es gibt in jedem Szenario auch Annahmen, die kritisch diskutiert werden. Während des Zukunftsdialogs wurde deutlich, dass sich die individuellen Bewertungen, wie wünschenswert ein Zukunftsbild ist, erheblich unterscheiden.«

Über das Projekt:
Angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit, Umweltverschmutzung und Digitalisierung ist ein Umdenken in allen Teilbereichen der Gesellschaft notwendig. Die Entwicklung zu einer biobasierten Wirtschaftsweise könnte dazu beitragen, ihre konkrete Ausgestaltung ist jedoch noch offen. Die gesellschaftliche Beteiligung an diesem Transformationsprozess der Wirtschaft wird im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Projekt BioKompass durch unterschiedliche Methoden angeregt. Dazu gehören partizipative Szenarienentwicklung, interaktive Ausstellungsformate im Senckenberg Naturmuseum sowie Seminarkurse für Oberstufenschüler.

Das Fraunhofer ISI ist verantwortlich für die Gesamtkoordination und leitet das Teilprojekt »Zukunftsvorstellungen Bioökonomie«. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN) wird die Ergebnisse der Zukunftsdialoge im Projektverlauf für den Museumsbereich in diversen Medienformaten, Ausstellungsexponaten und Unterrichtsmaterialien weiterentwickeln. Zudem entstehen zusammen mit Expertinnen und Experten des Fraunhofer IGD eine Augmented Reality App und Webinhalte. Das Institut für sozial-ökologische Forschung ISOE führt eine begleitende Evaluierung durch.