Forscher der Universität Bonn haben zusammen mit US-Kollegen das Genom zweier Pflanzen entschlüsselt, die Dürreperioden unterschiedlich gut vertragen. Dabei sind sie auf einige charakteristische Unterschiede gestoßen, die vermutlich mit der Trockentoleranz zusammen hängen. So schaltet die dürrertolerante Art in ein ähnliches genetisches Programm um, wie es in Samen aktiv ist. Es ist das erste Mal, dass ein solcher Vergleich bei nahe verwandten höheren Pflanzen durchgeführt wurde. Die Ergebnisse sind jetzt in der renommierten Fachzeitschrift The Plant Cell erschienen.
Es ist ein Rätsel, das Botaniker schon lange umtreibt: Manche Pflanzen kommen mit wochenlangen Trockenheits-Phasen zurecht. Andere nehmen schon bei einem kurzzeitigen Wassermangel Schaden. Rund um den Globus suchen Forscher nach den Gründen für diesen Unterschied. Denn würde man die Ursachen kennen, ließen sich möglicherweise neue, dürreresistentere Sorten züchten.
In den letzten Jahrzehnten wurden bereits einige Mechanismen aufgeklärt, die zu einer Unempfindlichkeit gegen Wassermangel beitragen. Dennoch tappt die Forschung an vielen Punkten noch im Dunkeln. Das liegt auch daran, weil es schwierig ist, dürrertolerante und -empfindliche Arten miteinander zu vergleichen: Oft unterscheiden sie sich so sehr von einander, dass nur schwer einzuschätzen ist, welche dieser Unterschiede nun gerade für die Trockentoleranz wichtig sind.
Ein seltener Glücksfall
Die aktuelle Studie profitiert dagegen von einem seltenen Glücksfall: Vor einigen Jahren brachte der Botaniker Eberhard Fischer von einer Exkursion nach Ostafrika zwei Pflanzenarten mit. Beide gehören der Gattung Lindernia an, sind also nahe miteinander verwandt. Dennoch zeigen sie eine sehr unterschiedliche Reaktion auf Wassermangel: Während Lindernia brevidens Trockenphasen problemlos übersteht, ist Lindernia subracemosa diesbezüglich weitaus empfindlicher. „Wir haben nun die Genome dieser beiden Arten sequenziert und miteinander verglichen“, erklärt Prof. Dr. Dorothea Bartels vom Institut für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Pflanzen (IMBIO) an der Universität Bonn.
Schon bei diesem Schritt zeigten sich einige interessante Unterschiede. So ist die genetische Ausstattung der Lindernia-Pflanzen zwar zu 90 Prozent identisch. Einige Gene, die mit der Dürrertoleranz zusammen hängen, liegen bei Lindernia brevidens aber in deutlich höherer Zahl vor – manche von ihnen in bis zu 26 Kopien.
Dramatisch unterschiedliche Antwort auf Dürre
In einem nächsten Schritt untersuchten die Wissenschaftler, welche der Gene bei Trockenheit aktiv werden. Ein wichtiges Ergebnis: Die Reaktion beider Lindernia-Arten auf Wassermangel unterscheidet sich eklatant, und das bereits in frühen Phasen der Trockenheit. „Schon bei mildem Dürre-Stress überlappen sich die genetischen Antworten der Pflanzen kaum“, betont Bartels. So scheinen die Blätter von Lindernia brevidens in einen ähnlichen Modus umzuschalten, wie er normalerweise in Samen aktiv ist. Diese sind oft noch nach langen Phasen ohne Wasser keimfähig.
Dürreretoleranz-Gene
Eine Ursache für die unterschiedliche Reaktion beider Pflanzen liegt in den Kontroll-Regionen, die die Aktivität der Gene regulieren. Bei Lindernia brevidens finden sich hier im Vergleich zu Lindernia subracemosa oft winzige genetische Änderungen. Mitunter unterscheidet sich der genetische Code dieser Kontroll-Sequenzen nur an einem einzigen Punkt. Dennoch kann diese Änderung das Verhalten des kontrollierten Gens drastisch beeinflussen. „Wir haben bei Lindernia subracemosa Änderungen gefunden, die in der Konsequenz dafür sorgen, dass bestimmte Dürreretoleranz-Gene gar nicht mehr abgelesen werden“, erklärt Bartels.
Insgesamt liefert die Studie ein erstaunlich komplexes Bild von der Entstehung der Dürretoleranz. „Es ist mit Sicherheit nicht so, dass diese Fähigkeit Konsequenz eines einzigen Gens ist“, betont Bartels. Dennoch hofft sie, dass die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung langfristig zur Züchtung von Nutzpflanzen beitragen können, die auch mit längeren Trockenheitsphasen besser zurecht kommen. Angesichts der Klimaänderungen, mit denen sich viele Länder konfrontiert sehen, wäre das eine wichtige Strategie, um die Ernährung der betroffenen Menschen zu sichern.