Komplexität im Wald ist produktiv

Foto: Die Linde

Je baumartenreicher Wälder sind, desto schneller wachsen die Bäume und desto mehr CO2 können sie binden. Welche Mechanismen dahinter legen, zeigt eine gemeinsame Studie von TU Dresden, Leuphana Universität Lüneburg, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universität Leipzig, Universität Montpellier und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig. Die Ergebnisse sind nun im Journal Science Advances erschienen.

Leben viele verschiedene Baumarten in Mischbeständen zusammen, wirkt sich das positiv auf ihr Wachstum und damit die Holzproduktion aus – das haben bereits viele Studien bestätigt. Je größer die Vielfalt an Baumarten in einem Wald, desto komplexer sind die Strukturen. Die Arten wachsen in einem bestimmten Zeitraum nicht nur unterschiedlich stark in die Höhe und haben ganz verschieden ausgeprägte Baumkronen, sie haben auch individuelle Ansprüche an Licht, Wasser und Nährstoffe. Unklar war bisher, wie die strukturelle Komplexität in Mischbeständen mit der Produktivität zusammenhängt und welche Mechanismen hier wirken.

Bei Bad Lauchstädt im südlichen Sachsen-Anhalt wurde im Frühjahr 2015 das Baumdiversitätsexperiment MyDiv angelegt: In 80 Parzellen à 121m2 (11m x 11m) wurden jeweils 140 junge Bäume gepflanzt – insgesamt zehn einheimische Laubbaumarten in unterschiedlichen Kombinationen: als Monokulturen, mit zwei sowie mit vier verschiedenen Baumarten. In den vergangenen beiden Jahren untersuchten die Wissenschaftler, welche Bedeutung die strukturelle Komplexität der Parzellen für die Produktivität hat. Neben der direkten Vermessung der Baumhöhe und des Stammdurchmessers zur Berechnung des Holzvolumens der Bäume wurde terrestrisches Laserscanning eingesetzt, um einen Index der dreidimensionalen strukturellen Komplexität für jede Parzelle zu berechnen.

Die Ergebnisse zeigen, dass nicht die Artenvielfalt per se, sondern die strukturelle Komplexität, die mit ihr einhergeht, für ein besseres Wachstum der Bäume sorgt. Strukturell komplexe Gemeinschaften waren fast doppelt so produktiv wie strukturell einfache Bestände. Als besonders effektiv erwies sich die Mischung von Baumarten, die viel Licht brauchen, mit schattentoleranten Arten.

Eine Besonderheit des MyDiv-Experiments ist, dass jeweils fünf Baumarten die beiden wichtigsten Mykorrhiza-Typen repräsentieren, die Arbuskuläre Mykorrhiza und Ektomykorrhiza. Als Mykorrhiza wird die symbiotische Lebensgemeinschaft zwischen Pilzen und Pflanzen bezeichnet, bei der das Fadengeflecht (Mycel) des Pilzes z.B. mit einer Baumwurzel verbunden ist und ein Nährstoffaustausch zugunsten beider Partner stattfindet. Damit konnten die Wissenschaftler neben dem Einfluss der oberirdischen Strukturen zusätzlich auch untersuchten, was unter der Erde passiert. Es zeigte sich, dass eine Mischung von Bäumen mit verschiedenen Typen der Mykorrhiza keinen Einfluss auf das Baumwachstum hatte.

Die Studie liefert wertvolle Hinweise für Wiederaufforstungsprojekte und zeigt, dass die richtige Zusammensetzung der Baumarten für ein deutlich schnelleres Wachstum der Bäume sorgen kann. Dies ist umso wichtiger, weil Bäume effektive Kohlenstoffspeicher sind und die Aufforstung als wichtiges Instrument im Kampf gegen den Klimawandel gilt.