CO2-Entnahme aus der Luft mit anschließender Speicherung

Foto: DieLinde
Foto: Die Linde

Bisherige Strategien zur Verminderung des Ausstoßes von Kohlendioxid-Emissionen reichen zur Eindämmung des Klimawandels wahrscheinlich nicht mehr aus. Eine Möglichkeit den Anteil an Kohlendioxid (CO2) in der Luft zu reduzieren, sind negative Emissionen, also die CO2-Entnahme aus der Luft mit anschließender Speicherung. Hierfür bieten sich verschiedene natürliche und technische Verfahren an. Eine dieser technischen Optionen ist Direct Air Capture and Carbon Storage (DACCS). Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI gibt im aktuellen Policy Brief einen Überblick über Chancen und Herausforderungen dieses Verfahrens.

»Zur Erreichung des 1,5°C-Ziels und der Eindämmung des Klimawandels werden negative Emissionen immer unvermeidbarer. Eine der Optionen, mit der wir diese möglicherweise erreichen können, ist DACCS«, analysiert Dr. Barbara Breitschopf, Projektleiterin am Fraunhofer ISI. Zusammen mit ihrem Team hat die Wissenschaftlerin die Potenziale und Grenzen des Verfahrens beleuchtet. Konkret meint DACCS die technische Entnahme von CO2 (Direct Air Capture, kurz DAC) aus der Atmosphäre, dessen Transport von der Entnahmestelle zur Lagerstätte sowie die langfristige und die meist unterirdische CO2-Speicherung (Carbon Storage, zusammen also DACCS).

Welche Rolle DACCS künftig spielen kann, ist davon abhängig, wie sich die Verfahren technologisch weiterentwickeln, welche Kosten damit verbunden sind und inwieweit das Verfahren gesellschaftlich akzeptiert wird. Insbesondere hinsichtlich der CO2-Speicherung ist eine Akzeptanz nicht selbstverständlich. Darüber hinaus bedarf es einer Einbettung des Verfahrens in die bestehenden politischen Rahmenbedingungen. Im Policy Brief erläutern die Expert:innen des Fraunhofer ISI die zentralen Fragen rund um das Thema DACCS, etwa wo DACCS anwendungstechnisch steht, wie DACCS neben weiteren Möglichkeiten zur Realisierung negativer Emissionen einzuordnen ist und was mögliche Entwicklungen sind. Sie gehen auf gesellschaftliche Aspekte, mögliche Umweltwirkungen sowie auf die Rolle, welche DACCS in einer Klimastrategie spielen sollte, ein.

Welche Umweltwirkungen hat DACCS?

Aufgrund der geringen CO2-Konzentration in der Luft ist die Entnahme des CO2 mit einem sehr hohen Energieverbrauch verbunden. Daher sollten Standorte von Direct Air Capture-Anlagen so gewählt werden, dass emissionsarme Energiequellen genutzt werden könnten. In Deutschland und international stehen diese bisher nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung und müssten zusätzlich aufgebaut werden, wobei Ressourcen und Flächen benötigt werden.

Für die Speicherung des CO2 werden aktuell insbesondere geologische Speicherstätten in Betracht gezogen. Hier bestehen insbesondere aus der Förderung fossiler Rohstoffe umfassende Erfahrungen und die notwendigen technologischen Voraussetzungen, etwa zum Prozess der Einspeisung, sind bekannt.

Gesellschaftliche Diskussion

Bisherige Anläufe zur Speicherung von CO2, zum Beispiel in Deutschland oder anderen EU-Ländern, waren in den betroffenen Regionen häufig sehr umstritten und frühere Umfragen zeigten, dass größere Bevölkerungsgruppen in Deutschland der Speicherung von CO2 kritisch gegenüberstanden. Umfassende aktuelle Studien liegen nicht vor. Bezüglich der Entnahme von CO2 werden jene Optionen positiver beurteilt, die eher als »natürlich«, zum Beispiel in Form einer Bindung des CO2 in Pflanzen etwa durch Aufforstung, und weniger als »technisch« und damit komplex wahrgenommen werden.

Für eine zielorientierte weitere Entwicklung von DACCS und eine gesellschaftliche Entscheidung über eine Einsatzstrategie ist deshalb eine breitere gesellschaftliche Auseinandersetzung erforderlich. »Das Wissen vieler gesellschaftlicher Akteur:innen zu DACCS ist noch sehr gering. Mit unserem Policy Brief wollen wir einen Beitrag zu einer gesellschaftlichen Diskussion über die Nutzung von DACCS als technische Option zur Erzielung negativer Emissionen leisten«, so Breitschopf.

Welche Rolle sollte DACCS in einer Klimaschutzstrategie einnehmen?

In vielen Klimaschutzszenarien wird DACCS als eine mögliche Option für die Kompensation von CO2-Emissionen in schwer dekarbonisierbaren Sektoren gesehen. Darüber hinaus kann es auch als Risikoabsicherung gegen mögliche Zielverfehlungen im Klimaschutz dienen. Letzteres birgt jedoch die Gefahr einer Verschleppung von Emissionsvermeidungsoptionen und infolgedessen einer Verzögerung der Transformation.

Wie die umfassende Analyse des Fraunhofer ISI ergeben hat, ist DACCS nach heutigem Wissensstand einer der vielversprechenden technologischen Ansätze, um negative Emissionen zu erzielen – auch wenn der Einsatz der Technologie noch mit vielen offenen technischen, regulatorischen, wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Fragen und Herausforderungen verbunden ist.

Insofern zieht der Policy Brief des Fraunhofer ISI das Fazit, dass es ein klimapolitisches Ziel sein sollte, DACCS als Option für die Erzeugung negativer Emissionen weiterzuentwickeln und dabei die Zeitbedarfe für Entwicklung und Ausbau im Blick zu haben. Die gesellschaftliche Debatte hierzu muss geführt werden.