Am 6. Oktober 2023 luden das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE zum ersten Nationalen Forum Agri-Photovoltaik mit dem Titel „Wie gestaltet sich der Markteintritt von Agri-PV in Deutschland?“ in das Fraunhofer-Forum Berlin ein. Anwesend waren rund 100 Gäste, darunter Akteure und Verbände aus Land- und Energiewirtschaft, Naturschutz, Kommunen und Planung und Vertreterinnen und Vertreter aus Ministerien und Bundesbehörden, Politik sowie Wissenschaft und Forschung.
Die Veranstaltung fand im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojektes „SynAgri-PV: Synergetische Integration der Photovoltaik in die Landwirtschaft als Beitrag zu einer erfolgreichen Energiewende – Vernetzung und Begleitung des Markthochlaufs der Agri-PV in Deutschland“ statt, das vom Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE sowie vom Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) koordiniert wird. Im Projekt arbeiten neun Partner aus Forschung, Praxis und Industrie gemeinsam an der Entwicklung eines Leitbildes für den Einsatz von Agri-PV in Deutschland. Eröffnet würde die Veranstaltung von Bernt Farcke, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
„Wie gestaltet sich der Markteintritt von Agri-PV in Deutschland?“
Ziele des ersten Nationalen Forums Agri-PV waren unter anderem, Akteursgruppen zu vernetzen und einen praktischen Erfahrungsaustausch zwischen ihnen zu ermöglichen, Fragen der Verfahrensgestaltung bei der Förderung, Planung, Umsetzung, Betrieb und Wirtschaftlichkeit von Agri-PV-Anlagen sowie Beteiligungsformate zu erörtern und sich über den aktuellen Stand von Forschung und Entwicklung von Agri-PV in Deutschland auszutauschen.
Die Referenten Dr. Max Trommsdorff, Fraunhofer ISE, der zu Stand der Forschung und Entwicklung in Deutschland berichtete, Dr. Thomas de Witte, Johann Heinrich von Thünen-Institut, der über Flächeneinsparungen und Kosten informierte und Dr. Philipp L. Wolfshohl, Bundesnetzagentur, der Informationen zur Agri-PV im EEG zur Verfügung stellte, sorgten für eine gemeinsame Wissensbasis aller Anwesenden. Fabian Karthaus (Landwirt aus Büren, NRW), Johannes Gawlik (Landwirt aus Priborn, MVP) und Oliver Hörnle (Fraunhofer ISE, Projektleiter „Modellregion Agri-PV BaWü“) teilten ihre Erfahrungen bezüglich der Umsetzung von Agri-PV-Projekten in der Praxis.
Die Agri-PV ist ein wichtiger Baustein zur Erreichung der Klimaschutzziele mit dem weitere Nachhaltigkeitsziele wie u. a. Flächeneinsparungen aber auch Flächensicherungen für die Landwirtschaft erreicht werden können. Um den Markthochlauf voranbringen, sollte im Forum aufzeigt und diskutiert werden, wie die Marktbedingungen momentan aussehen und welche Gestaltungsoptionen es gibt sowie gemeinsam überlegt werden, wie die Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen Zubau von Agri-PV in Deutschland zukünftig aussehen könnten.
Nachjustierungen an den Stellschrauben für den Markthochlauf von Agri-PV erwünscht
Prof. Klaus Müller, Projektleiter vom ZALF, fasste die wichtigsten Punkte aus den Debatten der Veranstaltung zusammen: „ Ein Austausch zwischen den Akteuren ist nötig, um zu verhindern, dass alle PV-Anlagen in einem Topf geworfen werden – dies gilt nicht nur für Fragen zu Freiflächenanlagen, sondern auch für die unterschiedlichen Varianten von Agri-PV.“
Während der Diskussionen wurde deutlich, dass es eine Vielfalt von Anlagen gibt und für die unterschiedlichen Einsatzgebiete, sowie strukturellen Weiterentwicklung landwirtschaftlicher Betriebe und im Hinblick auf die Energiewende auch braucht. „Die DIN SPEC 91434 ist ein erster Schritt, doch wird mit dieser noch nicht das gesamte Feld definiert“, so Max Trommsdorff vom Fraunhofer ISE zur bisherigen Ausgangslage bezüglich der definierten Abgrenzung von Agri-PV-Anlagen.
Trotz der bisher positiven Entwicklungen bei der Regulierung von Agri-PV in Deutschland sind Nachjustierungen an den Stellschrauben für den Markthochlauf nicht nur erwünscht, sondern auch nötig. Die Förderregularien z. B. müssten immer wieder auf den Prüfstand gestellt und an die technologische sowie an die Marktentwicklung angepasst werden. Wichtig sei auch, dass die Landwirtschaft die Regularien mitbestimmt, d. h. dass das Regierungs-/Verwaltungssystem nicht ausschließlich energiewirtschaftlich determiniert wird, sondern dass man hier auch die Bedürfnisse der Landwirtschaft miteinfließen lässt, da es um landwirtschaftliche Flächen geht. Auch die konkreten Erfahrungen in den Pilotprojekten können genutzt werden, um die Regularien weiterzuentwickeln.
Die Differenzierung zwischen der rein betriebswirtschaftlichen Betrachtung, d. h. den Entstehungskosten für den Strom, und der volkswirtschaftlichen Betrachtung wurde von den Teilnehmenden als ebenso wichtig erachtet. „Auch hier müssen wir überlegen, was für einen Mehrwert für die Gesellschaft entstehen kann, wenn das Vorhaben geschickt ausgestaltet wird mit Hinblick auf die Energie, Ökologie, Zukunft der Landwirtschaft, Flächensicherung für die agrarische Produktion, Einkommenssicherung und sämtliche gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsziele“, fasst Klaus Müller alle bisher angesprochenen Punkte zu diesem Thema zusammen.
„Bezüglich der Flächensparziele wurde herausgearbeitet, dass wir uns mittlerweile von unserer monofunktionalen Betrachtung der Agrarlandschaftsnutzung verabschieden müssen. Die Flächen sind knapp, deshalb lohnt es sich über solche Systeme nachzudenken, die eine multifunktionale Nutzung ermöglichen – und da ist die Agri-PV ein sehr gutes Beispiel.“
Dr. Anna Heimsath vom Fraunhofer ISE, moderierte die abschließende und vertiefende Podiumsdiskussion zu den Stellschrauben für den Markthochlauf von Agri-PV. Es diskutierten Theresa Kärtner (Deutscher Bauernverband e.V.), Bernhard Strohmayer, (Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V.), Svenja Schünemann (Deutscher Naturschutzring e.V.), Stefan Graf (Bayerischer Gemeindetag) und Richard Härtel (Elysium Solar).
Bekanntmachung der Gründung des Bundesverbands für nachhaltige Agri-PV (VnAP)
Da der Fokus bei der Auftaktveranstaltung des Nationalen Forums Agri-PV auf dem Informationsaustausch und der Vernetzung aller genannten Akteure lag, wurde dem am selben Tag gegründeten Bundesverband für nachhaltige Agri-PV (VnAP), vertreten durch Sascha Krause-Tünker der Firma Next2Sun, die Gelegenheit gegeben, sich vorzustellen und alle Teilnehmenden dazu einzuladen, ihre Expertise in den Verband mit einzubringen.
In dem Verband werden die noch offenen Fragen an die verschiedenen Akteursgruppen herangetragen und dann in Arbeitsgremien an Lösungen gearbeitet. Der Verband dient unter anderem der Konsolidierung von Interessen und dem gemeinsames Agieren von Akteuren der Landwirtschafts- sowie Energie- Branche in Deutschland gegenüber der Öffentlichkeit und relevanten Stakeholdern aber auch der europaweiten sowie weltweiten Vernetzung und der Zusammenarbeit mit anderen Agri-PV-Verbänden, wobei Technologieneutralität eingehalten und die Weiterführung der Landwirtschaft in den Vordergrund gestellt werden.
Die insgesamt vier geplanten Nationalen Foren Agri-PV innerhalb der Projektlaufzeit dienen nicht nur dazu, mit den bereits genannten Akteuren ins Gespräch kommen, um umsetzbare und gesellschaftlich akzeptierte Lösungen für den Markthochlauf von Agri-PV zu entwickeln, sondern auch der weiteren Vernetzung. Das zweite Nationale Forum Agri-PV ist für das Frühjahr 2024 geplant.