Forschende der ETH Zürich und der Technischen Universität Nanyang nutzen Hühnerfedern, um Brennstoffzellen kostengünstiger und nachhaltiger zu gestalten: In der Lebensmittelindustrie fallen enorme Mengen an Abfällen und Nebenprodukten an, so auch in der Geflügelproduktion. Jährlich werden rund 40 Millionen Tonnen Hühnerfedern verbrannt. Das setzt nicht nur grosse Mengen an CO2 frei, sondern auch giftige Gase wie Schwefeldioxid.
Forschende der ETH Zürich und der Technischen Universität in Singapur (NTU) haben nun eine Möglichkeit gefunden, diese Federn sinnvoll zu nutzen. Mithilfe eines einfachen und umweltfreundlichen Verfahrens extrahieren sie aus den Federn das Protein Keratin und wandeln es um in feinste Fasern, sogenannte Amyloidfibrillen. Diese Keratinfäserchen werden schliesslich in der Membran einer Brennstoffzelle verwendet.
Brennstoffzellen erzeugen CO2-freien Strom aus Wasserstoff und Sauerstoff und setzen dabei lediglich Wärme und Wasser frei. Sie könnten künftig eine wichtige Rolle als nachhaltige Energiequelle spielen. Das Herzstück jeder Brennstoffzelle ist eine halbdurchlässige Membran. Sie lässt Protonen durch, blockiert jedoch die Elektronen, wodurch diese dazu gezwungen werden über einen äusseren Kreislauf von der negativ geladenen Anode zur positiv geladenen Kathode zu fliessen, wodurch elektrischer Strom erzeugt wird.
Industrieabfälle sinnvoll nutzen
In herkömmlichen Brennstoffzellen werden für solche Membranen bislang hochtoxische Chemikalien («Forever Chemicals») verwendet. Sie sind teuer und in der Umwelt nicht abbaubar. Die von den ETH- und NTU-Forschenden entwickelte Membran hingegen besteht hauptsächlich aus biologischem Keratin, das umweltverträglich und in grossen Mengen – Hühnerfedern bestehen zu 90 Prozent aus Keratin – verfügbar ist. Die Membran ist dadurch bereits bei der Herstellung im Labor bis zu dreimal günstiger als herkömmliche Membrane.
«Seit einigen Jahren erforsche ich intensiv verschiedene Möglichkeiten, Lebensmittelabfälle für erneuerbare Energiesysteme zu nutzen», sagt Raffaele Mezzenga, Professor für Lebensmittel und weiche Materialien an der ETH Zürich. «Mit unserer neuesten Entwicklung schliessen wir einen Kreis: Der gleiche Stoff, der beim Verbrennen CO2 und giftige Gase freisetzt, ersetzt an seiner neuen Wirkungsstätte giftige Stoffe und verhindert auch die Freisetzung von CO2, wodurch wir die CO2-Bilanz verbessern», so Mezzenga.
Vielseitig einsetzbar
Um Wasserstoff als nachhaltige Energiequelle zu etablieren, müssen jedoch noch weitere Herausforderungen bewältigt werden. «Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum, nur leider nicht auf der Erde», sagt Mezzenga. Da Wasserstoff hier nicht in reiner Form vorkommt, muss er unter grossem Energieeinsatz hergestellt werden. Auch dabei könnte die neue Membran künftig gute Dienste leisten, denn sie lässt sich nicht nur in Brennstoffzellen einsetzen, sondern auch bei der Wasserspaltung.
Bei der sogenannten Elektrolyse wird Gleichstrom durch das Wasser geleitet, worauf sich an der Anode, die dieses Mal positiv geladen ist, Sauerstoff bildet, während an der negativ geladenen Kathode Wasserstoff entweicht. Reines Wasser ist für diesen Prozess zu wenig leitfähig und erfordert oft die Zugabe von Säuren. Die neue Membran ist jedoch protonendurchlässig und ermöglicht so die für die Wasserspaltung nötige Teilchenwanderung zwischen Anode und Kathode, selbst in reinem Wasser.
Zum Patent angemeldet
In einem nächsten Schritt werden die Forschenden nun untersuchen, wie stabil und langlebig ihre Keratin-Membran ist und sie allenfalls verbessern. Das Forschungsteam hat bereits gemeinsam ein Patent für die Membran angemeldet und sucht nun nach Investoren oder Firmen, die die Technologie weiterentwickeln und auf den Markt bringen.