Leichte und kleine Wasserstoffspeicher aus Bambus könnten die mobile Nutzung von Brennstoffzellen vorantreiben. Die nahezu drucklosen Aktivkohle-Speicher bieten ungefährlich Platz für große Gasmengen. Zwei Forscherinnen der Universität Hohenheim in Stuttgart entwickelten ein spezielles Verfahren, mit dem sie Bambus chemisch in Gasspeicher umwandeln. Noch gilt es, Kinderkrankheiten der vielversprechenden Methode auszumerzen. Weil die beiden Wissenschaftlerinnen nachwachsende Rohstoffe einsetzen, tragen sie zur Bioökonomie-Forschung bei, die an der Universität Hohenheim seit mehreren Jahren als Schwerpunkt intensiv bearbeitet wird.
Batterien oder Brennstoffzellen: Das Pendel der Möglichkeiten, um Strom für Elektro-Autos zu erzeugen, könnte durch neuartige Wasserstoffspeicher hin zur Brennstofftechnik ausschlagen. Zwei Forscherinnen des Fachgebiets Konversionstechnologie und Systembewertung nachwachsender Rohstoffe der Universität Hohenheim testeten neuartige chemische Verfahren, mit denen sich aus Bambus eine besondere Aktivkohle herstellen lässt. Das Ergebnis hält Prof. Dr. Andrea Kruse in Händen: Ein etwa handgroßes, poröses Aktivkohle-Plätzchen: „Die aufbereitete Aktivkohle ist in der Lage, unterschiedliche Gase zu speichern. Es bietet bei 1 bar Druck pro 20 Gramm Gewicht eine Fläche von rund sechs Fußballfeldern. Damit lassen sich über 60 Gramm Wasserstoff speichern.“ Noch hat die Sache allerdings einen Haken: Es funktioniert nur bei sehr tiefen Temperaturen von minus 196 Grad Celsius.
Neue Materialien für die Wasserstoff-Wirtschaft
„Mit den neuen Speichern können wir die dreifache Gasmenge des Filtergewichts speichern“, so Prof. Dr. Kruse. „Zusätzlich sind die Speicher wesentlich weniger gefährlich, weil sie statt mit 300 bar in herkömmlichen Gasflaschen bei nur 1 bar Druck arbeiten. Die tiefe Temperatur schränkt die Anwendungsbreite zwar ein, aber die Ergebnisse machen uns sehr optimistisch in Hinblick auf neue Materialien für die Wasserstoff-Wirtschaft.“ Die Erkenntnisse seien wichtig für das Entwicklungsziel: biobasierte Elektroden für Brennstoffzellen.
Hintergrund: Bioökonomie an der Universität Hohenheim
Neue Lebens- und Futtermittel (z.B. aus Algen), Energie aus Ernteabfällen, Chemikalien und Kunststoffe aus Pflanzen: Die Bioökonomie eröffnet Wege zu neuen Produkten, neuen Produktionsverfahren und zu einer modernen, nachhaltigen Wirtschaft. Denn ihre Rohstoffe sind bio-basiert, das heißt, sie stammen von Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen. Auch bei der Pflanzen- und Tierproduktion nutzt die Bioökonomie biologische Prozesse, die nachhaltiger, energie- und ressourcenschonender sind. Die Universität Hohenheim bündelt ihre Kompetenzen im interdisziplinären Forschungsschwerpunkt Bioökonomie, um eine der weltweit führenden Hochschulen auf diesem Gebiet zu werden. Sie beherbergt ein eigenes Forschungszentrum für Bioökonomie und bietet einen entsprechenden, disziplin- und fakultätsübergreifenden Studiengang an. Schon seit Jahren beschäftigen sich Forscher aus allen drei Fakultäten mit Fragen der Bioökonomie. Diese Aktivitäten bündelt die Universität jetzt stärker in Verbundprojekten, damit die drei Fakultäten gemeinsam das Zukunftsthema in seiner ganzen Breite abdecken.
Der aktuelle Prototyp ist mit einem 3D-Drucker aus hochreinem Kohlenpulver gedruckt. „Wir haben herausgefunden, dass die Aktivkohle-Speicher sich auch in herkömmlichen Pressverfahren herstellen lassen“, sagt Dr. Catalina Rodriguez Correa, ebenfalls vom Fachgebiet Konversionstechnologie und Systembewertung nachwachsender Rohstoffe der Universität Hohenheim.
Aktivkohle entsteht bei chemischer Teil-Verbrennung
Die beiden Forscherinnen der Universität Hohenheim testeten zwei Verfahren: die Pyrolyse und die Hydrothermale Karbonisierung (HTC) von Bambus. Die sogenannte „langsame Pyrolyse“ ist ein trockenes Verfahren. Hier wird der zermahlene Bambus bei 500 Grad Celsius drei Stunden lang in einem Stickstoffstrom erhitzt, bis sich Kohlenpulver, das Karbonisat, bildet. Das andere Verfahren ist die Hydrothermale Karbonisierung, ein sogenanntes nasses Verfahren. Das bedeutet, dass der Bambus mit Wasser versetzt und in einem Druckbehälter, dem Autoklav, drei Stunden bei 250 Grad Celsius erhitzt wird. „In diesem Fall können wir die grünen Blätter gleich mit verwerten. Die Herstellung der Kohle erreichten wir mit relativ verbreiteten chemischen Verfahren, die wir auf nachwachsende organische Rohstoffe anwendeten“, erklärt Dr. Rodriguez Correa weiter.
Mikroporen bieten Platz für dreifache Gasmenge
Sowohl aus dem trockenen als auch aus dem nassen Verfahren entstehen sogenannte Karbonisierungsprodukte. Diese werden danach mit wässriger Kalilauge imprägniert. Das heißt, sie werden mit der Lauge versetzt und anschließend filtriert. Anschließend werden die imprägnierten Kohlen im Stickstoffstrom auf 600 Grad Celsius erhitzt.
Nach dem Trocknen ist die Aktivkohle fertig
Beim Erhitzen erzeugt jedes Kaliumion letztendlich ein sehr kleines Loch, eine sogenannte Mikropore. Anschließend werden die so erzeugten Aktivkohlen mit saurem Wasser gespült, um die Reste der Kalilauge zu entfernen. Nach dem Trocknen ist die Aktivkohle fertig. Die Mikroporen bilden den Raum, in dem sich das bis zu dreifache Gasgewicht speichern lässt. „Wir möchten noch bessere Kohlen herstellen und werden weiter daran forschen“, sagt Prof. Dr. Kruse.