Die Strahlungseffekte des Rauchs einzelner extremer Waldbrände können offenbar zu globalen Auswirkungen führen, die den Energiehaushalt der Atmosphäre und damit das globale Klima auf komplexe Weise beeinflussen. Das schlussfolgert ein Team des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) aus einer Analyse der extremen Waldbrände 2019/20 in Australien durch Simulationen mit einem globalen Aerosol-Klimamodell. Die simulierten Auswirkungen des Rauches führten in den oberen Luftschichten zu einer Temperaturerhöhung von einigen Grad Celsius und zu einer Abschwächung der Zirkulation in der unteren Stratosphäre.
Als Folge weiterer Anpassungsmechanismen stellen sich ein Rückgang der relativen Luftfeuchtigkeit um etwa 0,2 Prozent und des Niederschlags in ähnlicher Größenordnung ein. Eine globale Wirkung der australischen Feuer auf unser Wetter und Klima kann daher nicht ausgeschlossen werden, schreiben die Forschenden im Fachjournal Atmospheric Chemistry and Physics (ACP).
Die Black-Summer-Waldbrände in Australien um den Jahreswechsel 2019/2020 waren außergewöhnlich: Extreme pyrokonvektive Rauchwolken (pyroCb) transportierten noch nie dagewesene Mengen an Rauch in die untere Stratosphäre. Vor allem zwischen 29. Dezember 2019 und 4. Januar 2020 haben mehrere solcher Ereignisse zwischen 0,3 und 2 Millionen Tonnen an Rauchpartikeln in Höhen von 12 bis 14 Kilometern transportiert. Die Rauchschicht breitete sich großflächig über die Südhemisphäre aus und konnte noch zwei Jahre später per Lidarmessungen in der Stratosphäre nachgewiesen werden.
Die Stärke der australischen Feuer war vergleichbar mit der der letzten großen Vulkanausbrüche, und der emittierte Rauch beeinflusste sogar das Erdklima: Rauchpartikel erwärmen durch den enthaltenen Ruß deutlich stärker die Atmosphäre im Gegensatz zu Vulkanaerosol, welches das Sonnenlicht hauptsächlich reflektiert. Dieser Absorptionseffekt wurde in einer früheren Studie des TROPOS intensiv untersucht und eine direkte Erwärmungsrate der gesamten Südhemisphäre von bis zu +0,5 Watt pro Quadratmeter abgeschätzt. Selbst dieser relativ einfach erscheinende direkte Erwärmungseffekt wurde in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Viel komplexer wird es aber, wenn man die Wirkungskette von Anpassungsmechanismen betrachtet, die unsere Erdatmosphäre durch die Effekte des australischen Rauches anschließend vollzogen haben könnte.
Um diesen Sachverhalt genauer zu untersuchen, knüpfte die aktuelle TROPOS-Studie an die Arbeiten aus dem Vorjahr an und erstellte mit dem globalen Aerosol-Klimamodell ECHAM-HAM eine umfassende Quantifizierung der Auswirkungen von Waldbrandpartikeln. Mit Hilfe von Computersimulationen konnte gezeigt werden, dass die Absorption des Sonnenlichts durch den australischen Rauch zu einer relevanten Erhöhung der Temperatur der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre um einige Grad Celsius führte. Spannenderweise traten diese nicht nur lokal in der Südhemisphäre auf, sondern rückten im Laufe weniger Monate über die Tropen in Richtung Nordhemisphäre vor. Diese interhemisphärische Kopplung konnte nach Analyse der Simulationsdaten auf Veränderungen der globalen Zirkulation, speziell auf die Abschwächung des aufsteigenden südhemisphärischen Zirkulationsastes, zurückgeführt werden.
Für eine Rückwirkung der beschriebenen stratosphärischen Veränderungen auf unsere Wettersysteme wurden in der vorliegenden Studie interessante Indizien gefunden. So führte die Erwärmung der oberen troposphärischen Schichten im Modell zu einer verringerten relativen Luftfeuchtigkeit und so zu einem Rückgang von Zirruswolken. Es wurden des Weiteren Zusammenhänge herausgearbeitet, die darauf schließen lassen, dass durch die Wirkung des australischen Rauches ein Rückgang des globalen Niederschlags um ca. 0.2 % im Bereich des Möglichen ist.
„Die genauen Auswirkungen extremer Brände auf unser Wetter und Klima sind aufgrund der bestehenden Unsicherheiten schwer abzuschätzen. Auch unsere Studie ist von diesen Unsicherheiten betroffen. Trotzdem konnten wir herausfinden, dass die australischen Brände, die im Verhältnis zur gesamten Erde eine winzige Quelle waren, eine globale Wirkung haben. Unsere Erkenntnisse zeigen zudem, dass sich nicht nur die Zirruswolkenbedeckung reduziert, sondern sich der gesamte Wasserkreislauf durch die australischen Brände abgeschwächt haben könnte – obwohl die quantitative Abschätzung dieser Effekte extrem unsicher ist“, berichtet Dr. Fabian Senf vom TROPOS.
Die Studie des TROPOS hat gezeigt, dass Rauch aus großen Waldbränden zu Veränderungen in der globalen Zirkulation führen kann. Sie reiht sich daher ein in verschiedene internationale Studien, die Hinweise für Veränderungen auf großen Skalen sehen. So hatten zum Beispiel britische Forscher um Prof. Jim M. Haywood von der University of Exeter 2022 vor den Risiken gewarnt, absorbierende Partikel künstlich in die Stratosphäre einzubringen. Dadurch könnte die positive Phase der winterlichen nordatlantischen Oszillation verstärkt werden, die mit Überschwemmungen in Nordeuropa und Dürren in Südeuropa in Verbindung gebracht wird. Die weitreichenden Folgen von Rauch in der Stratosphäre und die möglichen Auswirkungen auf die Troposphäre sind noch nicht geklärt.
„Da der rasche Klimawandel das Risiko und die Intensität von Waldbränden erhöht, muss dringend die Beschreibung von extremen Feuern und deren Auswirkungen in den globalen Klimamodellen verbessert werden“, unterstreicht Prof. Ina Tegen vom TROPOS.
Dazu ist es nötig, die atmosphärischen Bedingungen, die zu extremen pyrokonvektiven Rauchwolken führen, und die Eigenschaften der emittierten Rauchpartikel besser zu verstehen, um diese möglichen Wechselwirkungen in den Klimaprojektionen angemessen berücksichtigen zu können. Tilo Arnhold