Ukraine-Hilfe: „Ein Projekt für die Nachkriegszukunft“

Oleksandra Matviichuk, die Vorsitzende des Center for Civil Liberties in der Ukraine, bei ihrer Keynote zur Eröffnung des Ukraine Institute for Advanced Study. Foto: VolkswagenStiftung

Die VolkswagenStiftung fördert mit fast einer Million Euro das virtuelle Ukraine Institute for Advanced Study. In Berlin fanden jetzt die Eröffnung und die erste Tagung statt: Die Männer mussten in der Ukraine bleiben und per Video dazu geschaltet werden. Die ukrainischen Frauen immerhin konnten vor Ort sein, im Wissenschaftskolleg zu Berlin: 22 Wissenschaftlern repräsentieren an diesem 8. November 2023 die erste Fellow-Kohorte des Ukraine Institute for Advanced Study. Am nächsten Tag werden sie zum ersten Mal gemeinsam tagen – notgedrungen hybrid: Der Krieg in ihrer Heimat lässt nichts anderes zu.

Deshalb wird die Soziologin Viktoriya Sereda auch bis auf weiteres ein „Virtual“ Ukraine Institute for Advanced Study (VUIAS) führen und dessen Programm koordinieren. Ermöglicht wird dies durch das Engagement mehrerer europäischer Partner; die VolkswagenStiftung beteiligt sich drei Jahre lang mit insgesamt 960.000 Euro.

Weiterer Baustein im Ukraine-Engagement der Stiftung

Neben der Vorstellung der Stipendiaten bildet die Keynote von Oleksandra Matviichuk einen emotionalen Höhepunkt in der Eröffnungsfeier. Die Menschenrechtsaktivistin und Vorsitzende des mit dem Friedensnobelpreis 2022 ausgezeichneten Center for Civil Liberties in der Ukraine, fordert in ihrer Ansprache eine neue Wertschätzung der Freiheit in westlichen Gesellschaften, die auch die Konsequenz und Verpflichtung nicht ausschließen dürfe, Kriege gewinnen zu müssen. Sie wies auf 54.000 dokumentierte – und bislang ungesühnte – Fälle von russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine hin. Ihr bitteres Fazit: „Russia normalizes evil.“

Gerade deshalb, so die Überzeugung aller am Eröffnungsabend, bedarf es solcher Projekte wie des VUIAS als „eine Brücke in die Nachkriegszukunft“, wie es Georg Schütte, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, in seiner Ansprache formulierte. Ihr Engagement für die Ukraine hat die Stiftung denkbar begonnen: Nur eine Woche nach dem Überfall Russlands war ein Akutprogramm für geflohene Forschende aus der Ukraine und deren Familien bereit für Anträge.

Hybrid tauschen sich die Fellows bereits aus

Schon zu Beginn des Jahres 2023 hatte sich das Wissenschaftskolleg mit ukrainischen und internationalen Partnern zusammengetan, um die Gründung eines Ukraine Institute for Advanced Study (UIAS) in Kiew zu initiieren. In der Gründungsphase unter Kriegsbedingungen wurde zunächst eine virtuelle Struktur, das VUIAS, aufgebaut.

Die Hoffnungen ist es natürlich, eine reales Ukraine Institute for Advanced Study in Kiew einzuweihen, sobald der Angriffskrieg Russlands zu einem Ende kommt. Ein Büro im Stadtzentrum ist schon gemietet. Doch so lange der Krieg andauert, so lange führt Viktoriya Sereda das Institut aus dem Wissenschaftskolleg zu Berlin heraus.

Die Ziele des Projekts sind zum einen, Unterstützung für die ukrainische Wissenschaft in Zeiten des Angriffskriegs zu mobilisieren und frühzeitig die Basis für einen Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Wissenschaftslandschaft zu legen. Zum anderen soll VUIAS bei der Vernetzung ukrainischer Forschern inner- und außerhalb des Landes untereinander wie auch in die internationale Wissenschaftswelt behilflich sein. Nicht zuletzt soll es dem durch den Krieg zu erwartenden Braindrain entgegenwirken.

Veranstaltungen sollen für die Dauer des Angriffs auf die Ukraine in virtueller und hybrider Form stattfinden. Die Ausschreibung für einen ersten Fellowjahrgang fand im Frühjahr und Sommer 2023 statt. Die ersten 22 ukrainischen Fellows wurden aus 500 Bewerbungen ausgewählt.