Die weltweit erste Pilotanlage zur kosteneffizienten Herstellung von grünem Methanol ist heute im Chemiepark in Leuna im Rahmen des Projekts »Leuna100« eingeweiht worden. Dahinter steht ein Forschungskonsortium bestehend aus dem Climate-Tech-Start-up C1 Green Chemicals AG und seinen Partnern, dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES, dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, der DBI-Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg sowie der Technischen Universität Berlin. Ziel ist es, mit einem fundamental neuen Herstellungsverfahren den kosteneffizienten Markthochlauf von grünem Methanol zu ermöglichen und damit der Containerschifffahrt eine klimaneutrale Kraftstoffalternative zu eröffnen.
Grundlage für die Herstellung von grünem Methanol ist ein Synthesegas aus Kohlenmonoxid und grünem, also durch erneuerbaren Strom erzeugtem Wasserstoff. Die grüne Methanolherstellung im Projekt »Leuna100« besteht aus drei Schritten: der sogenannten Synthesegaserzeugung, der Methanolproduktion und der Aufreinigung des produzierten Rohmethanols. Die innovative Technologie von C1 ermöglicht eine effiziente niedertemperatur- und niederdruckbasierte Methanolproduktion. Möglich wird dieses Verfahren durch den Einsatz eines homogenen, Mangan-basierten Katalysatorsystems, welches C1 zusammen mit dem Leibniz-Institut für Katalyse e.V. entwickelt hat. Die strombasierte und lastflexible Nutzung der Synthesegaserzeugung sowie die homogene Katalyse für die Methanolerzeugung sind zusammen die zentrale Innovation.
Neuartiges Verfahren zur Herstellung von grünem Methanol
In der Pilotanlage werden zwei unterschiedliche Technologien zur CO2-basierten Erzeugung von Synthesegas gekoppelt: Das Fraunhofer UMSICHT liefert eine neue Niedertemperatur-Co-Elektrolyse, DBI – Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg setzt eine Reverse-Water-Gas-Shift-Anlage ein. C1 liefert den neuen Katalysator sowie den eigens entwickelten Reaktor zur homogenen Katalyse von Methanol. Fraunhofer IWES stellt den Standort und die Infrastruktur im Hydrogen Lab Leuna zur Verfügung und evaluiert die Lastflexibilität. Die TU Berlin entwickelt ein effizientes, lastflexibles Betriebskonzept auf Basis eines dynamischen Gesamtprozessmodells.
Industriegeschichte im Chemiepark Leuna
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) über die nächsten drei Jahre mit insgesamt 10,4 Millionen Euro gefördert. Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing sagte bei der Eröffnung vor Ort: »In Leuna wird heute Industriegeschichte geschrieben. Das Projekt bedeutet einen Meilenstein für das post-fossile Zeitalter in der Schiff- und Luftfahrt. Wir sind stolz darauf, dieses Forschungsprojekt ‘made in Germany‘ mit Mitteln im Rahmen des Gesamtkonzepts Erneuerbare Kraftstoffe zu fördern. Mit dem Gesamtkonzept unterstützt das BMDV die Weiterentwicklung und den Markthochlauf von erneuerbaren Kraftstoffen und damit auch das Erreichen der Klimaziele im Verkehrssektor.«
Die BASF erbaute 1923 die weltweit erste Methanolanlage in Leuna. Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff, betonte mit Blick auf diesen historischen Zusammenhang: »Der Chemiestandort Leuna blickt auf eine über hundertjährige Tradition zurück. Er hat sich in dieser Zeit selbstbewusst Herausforderungen gestellt und immer wieder seine Innovationskraft bewiesen. Nun bietet sich die Chance, abermals zum Schauplatz für den Beginn einer neuen Ära zu werden. Das Projekt ‘Leuna100’ leistet einen wichtigen Beitrag für den Einstieg in die zirkuläre Chemieproduktion nicht nur in Sachsen-Anhalt.«
Tanker, Containerfrachter und Kreuzfahrtschiffe sind derzeit für knapp drei Prozent des weltweiten jährlichen CO2-Ausstoßes verantwortlich. Die im Sommer 2023 verabschiedete neue Klimastrategie der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO sieht vor, das Ziel der Klimaneutralität bis etwa 2050 zu erreichen. Bis 2030 sollen die Emissionen um mindestens ein Fünftel gegenüber 2008 verringert werden, bis 2040 sogar um mindestens 70 Prozent. Große Reedereien wie Maersk haben bereits Methanol-fähige Schiffe bestellt, von denen die ersten bereits in Betrieb genommen wurden. Auch für die Luftfahrtindustrie bieten regenerative Kraftstoffe auf Basis von grünem Wasserstoff und CO2 eine Alternative. Mit einem weiteren Verarbeitungsschritt lässt sich über das »Alcohol-to-jet«-Verfahren aus grünem Methanol potenziell Kerosin herstellen.