Methanfreisetzung aus der Tiefsee als neuer Klimakiller?

Methanhydrat-Probe. Foto: GEOMAR

Bei der Auflösung von Methanhydraten wird Methan freigesetzt, ein besonders starkes Treibhausgas – und das offenbar in größeren Mengen als bisher angenommen. Ein internationales Team von Forschenden unter Beteiligung des GEOMAR, fand heraus, dass Methan von den tiefsten Stellen des Kontinentalhangs bis zum Rand des Unterwasserschelfs und sogar noch weiter ins Landesinnere vordringen kann. Dadurch kommt es auch jenseits der Regionen vor, an denen Methanhydrate normalerweise auftreten. So könnte eine beträchtliche Menge an Methan auf die globale Erwärmung reagieren, in die Atmosphäre gelangen und den Klimawandel weiter antreiben.

Methanhydrate sind Strukturen im Meeresboden, die Methan enthalten, ein besonders starkes Treibhausgas. Lösen sich diese gemeinhin auch als „brennendes Eis“ bezeichneten Hydrate auf, gelangt Methan in den Ozean und die Atmosphäre und trägt zur globalen Erwärmung bei. Ein internationales Team von Forschenden, das von der Universität Newcastle koordiniert wurde und zu dem auch Experten des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel zählten, fand heraus, dass sich Methanhydrate am Meeresboden in Richtung Land bewegen können. Hierdurch steigt die Menge an Methan, die freiwerden und den Klimawandel beschleunigen kann.

Die Wissenschaftler setzten modernste dreidimensionale seismische Bildgebungsverfahren ein, um eine Region vor der Küste Mauretaniens in Afrika zu untersuchen, in der Methanhydrate zerfallen. Die in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlichte Studie identifiziert einen speziellen Fall, in dem Methan aus dem Zerfallsprozess mehr als 40 Kilometer durch den Boden unter dem Ozean wanderte und während vergangener Warmzeiten der Erdgeschichte in einem Feld krater-artiger Senken, so genannter Pockmarks, freigesetzt wurde.

Quelle: Geomar

Der Hauptautor der Studie, Professor Dr. Richard Davies, stellvertretender Vizekanzler Global and Sustainability an der Universität Newcastle, sagte: „Es war eine Entdeckung im Covid-Lockdown: Ich habe mir noch einmal Aufnahmen von Schichten direkt unter dem neueren Meeresboden vor der Küste Mauretaniens angesehen und bin dabei über 23 Pockmarks gestolpert. Sie bildeten sich, weil aus Hydrat freigesetztes Methan aus den tiefsten Teilen des Kontinentalhangs in den Ozean entwich. Die Wissenschaft dachte, dieses Hydrat sei nicht anfällig für die Klimaerwärmung, aber wir haben gezeigt, dass es das doch ist.“

 

Schon zuvor hatten Forschende untersucht, wie sich Veränderungen der Bodenwassertemperatur in der Nähe von Kontinentalrändern auf die Freisetzung von Methan aus Hydraten auswirken können. Diese Studien konzentrierten sich jedoch hauptsächlich auf Gebiete, in denen nur ein kleiner Teil der weltweiten Methanhydrate vorkommt. Dies ist die erste Studie, welche eine Freisetzung von Methan aus tiefen Teilen einer Zone der Hydrat-Stabilität untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass das aus der Hydrat-Stabilitätszone freigesetzte Methan eine beträchtliche Strecke in Richtung Land zurückgelegt hat.

Professor Dr. Christian Berndt, Leiter der Forschungseinheit Marine Geodynamik am GEOMAR, fügte hinzu: „Dies ist eine wichtige Erkenntnis. Bislang konzentrierten sich die Forschungsbemühungen auf die flachsten Teile der Hydrat-Stabilitätszone, weil wir dachten, dass nur dieser Teil auf Klimaschwankungen reagiert. Die neuen Daten zeigen eindeutig, dass weitaus größere Mengen Methan aus marinen Hydraten freigesetzt werden können. Wir müssen dem unbedingt auf den Grund gehen, um die Rolle der Hydrate im Klimasystem besser zu verstehen.“

Die Ergebnisse der Studie können entscheidend dazu beitragen, die Auswirkungen von Methan auf unser sich veränderndes Klima vorherzusagen und zu bekämpfen. Das Team plant nun eine wissenschaftliche Kreuzfahrt, um die Pockmarks zu erforschen und herauszufinden, ob diese mit vergangenen Klimaerwärmungen in Verbindung gebracht werden können.