Normalerweise kommen von der Roten Liste der bedrohten Arten nur schlechte Nachrichten. Immer mehr Arten finden ihren Platz darauf. Doch heute, am 11. Dezember 2023, gab es eine positive und sehr bemerkenswerte Änderung: Der Status der Saiga-Antilope (Saiga tatarica) auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN änderte sich von „vom Aussterben bedroht“ auf „potenziell gefährdet“. Solche positiven Änderungen auf der Roten Liste sind selten. Im Falle der Saiga-Antilope spiegelt das „Downgrading“ die bemerkenswerte Erholung der Saiga-Populationen in Kasachstan wider. Von bedrohlich wenigen Tieren im Jahr 2005 (geschätzt nur 39.000) hat sich der Bestand auf jetzt über 1,9 Millionen erholt.
Dieser Erfolg ist der Arbeit all derer zu verdanken, die sich über gut zwei Jahrzehnte hinweg für den Schutz der Saiga eingesetzt haben: die kasachische Regierung und die Regierungen anderer Staaten, in denen Saigas leben, Forschungsorganisationen und nationale sowie internationale NGOs. Zu diesen zählen die Saiga Conservation Alliance, der NABU, die Wildlife Conservation Society und der WWF-Mongolei und besonders die Altyn Dala Conservation Initiative. In dieser zusammengeschlossen sind wiederum die kasachische Regierung, die Association for the Conservation of Biodiversity of Kazakhstan [ACBK], Fauna & Flora International, die Zoologische Gesellschaft Frankfurt und die Royal Society for the Protection of Birds, RSPB. Von entscheidender Bedeutung war auch die zuverlässige und langfristige Unterstützung verschiedener Geber.
„Dies ist eine der erfolgreichsten Erholungen eines Landsäugetiers, die je verzeichnet wurden. Es zeigt, wie effektiv der Naturschutz sein kann, wenn alle Beteiligten mit einer starken Mission und ausreichenden Mitteln zusammenarbeiten“, sagt Vera Voronova, Geschäftsführerin von ACBK, einer kasachischen Organisation und Hauptpartner der Altyn Dala Conservation Initiative. „Wir müssen sicherstellen, dass die Schutzmaßnahmen in Kasachstan und den Nachbarländern ausgeweitet werden, um die langfristige Erholung der Saiga-Antilope in allen Verbreitungsgebieten zu gewährleisten“, so Voronova.
Populationsrückgang über Jahrzehnte
Saiga-Antilopen leben schon seit der letzten Eiszeit auf unserer Erde. Sie haben das Wollmammut und den Säbelzahntiger überlebt. Als selektive Grasfresser spielen sie eine wichtige Rolle im Ökosystem, indem sie die Vegetation beeinflussen, Nährstoffe verteilen und so die biologische Vielfalt in ihrem Lebensraum befördern. In den frühen 1990er Jahren gab es schätzungsweise eine Million Saigas in Russland und Zentralasien, aber bis 2003 war ihr Bestand stark zurückgegangen, so dass nur noch sechs Prozent der Population übrig waren.
Die Gründe für diesen Rückgang sind komplex. Nach dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion gab es jahrzehntelang Wilderei zur Gewinnung von Fleisch und Hörnern (für die asiatische Medizin). Aber auch Infrastrukturausbau und Fragmentierung der Landschaft spielten eine Rolle.
Das einzigartige Comeback der Saigas
Die kasachische Regierung hat einen großen Anteil am Erfolg, da sie massiv in eine Reihe wirkungsvoller Maßnahmen zum Saiga-Schutz investiert hat, darunter Initiativen zur Bekämpfung der Wilderei, Strafverfolgungs- und Grenzkontrollmaßnahmen und die Einrichtung einer Reihe neuer Schutzgebiete. Es wurden mehrere staatliche Schutzgebiete mit einer Fläche von über fünf Millionen Hektar eingerichtet, zuletzt das 657.450 Hektar große Bokey Orda-Ashiozek-Schutzgebiet in Westkasachstan. Umfassende Forschungs- und Überwachungsmaßnahmen zur Bewertung der Populationen, des Vorkommens, der Ökologie und der Migrationsrouten der Art sowie Bemühungen zur Bekämpfung der Wilderei sind im Gange.
Die Convention on the Conservation of Migratory Species of Wild Animals – CMS hat eine entscheidende Rolle dabei gespielt, Regierungen und zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem gesamten Saiga-Verbreitungsgebiet zusammenzubringen, um ein internationales Arbeitsprogramm zur Erhaltung und zur nachhaltigen Nutzung der Saiga-Antilope zu vereinbaren und anschließend umzusetzen.
„Wir freuen uns sehr, diesen großen Moment für den Schutz der Saigas feiern zu können“, sagt Michael Brombacher, Leiter der Europaabteilung der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt. „Die ZGF ist stolz darauf, Teil der engagierten Saiga-Schutzgemeinschaft zu sein, und wir werden auch in Zukunft die wichtige Arbeit zur Wiederherstellung der Steppe fortsetzen.“
Die Art wird nur dann langfristig stabil bleiben, wenn sie ihre Rolle im Ökosystem in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet wiedererlangt. Anhaltende Wilderei, illegaler Handel, Krankheiten, Klimawandel, Störungen und die Entwicklung von Infrastruktur stellen noch immer eine Bedrohung für die Saiga dar. Die neue Einstufung der Art in die Kategorie „potenziell gefährdet“ spiegelt auch das Risiko wider, dass sich ihr Status schnell wieder verschlechtert, wenn nicht kontinuierlich Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Wir, die Gemeinschaft der Naturschützer, setzen uns weiterhin unermüdlich für diese wunderbare Tierart ein.