Prof. Dr. Caroline Gutjahr, Direktorin am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam, erhält einen der heiß begehrten Consolidator Grants des Forschungsrats der Europäischen Union (European Research Council – ERC). In ihrem Projekt „SymbioticExchange“ wird sie ergründen, wie das enge Zusammenleben von Pflanzen und befreundeten Pilzen im Boden funktioniert und wie der Nährstoffaustausch zwischen den Symbiosepartnern reguliert wird. Ihre Erkenntnisse könnten zu einer neuen Landwirtschaft beitragen, die Pilze und Pflanzen gemeinsam betrachtet.
Es mag trivial klingen, aber kaum jemand denkt bei Pflanzen an die Wurzeln. Das ist verständlich, liegen sie doch unter der Erde – aus den Augen, aus dem Sinn! Aber direkt unter unseren Füßen, spielt sich eine innige Beziehung ab. Fast alle Pflanzen leben in Symbiose mit einer oder mehreren Pilzarten. Unter der Erde sehen Pilze nicht aus wie im Sammelkörbchen. Sie bilden feine Fäden, welche manchmal zu kilometerlangen Pilzgeflechten unter der Erde heranwachsen können.
Eine verborgene Welt
Da Pilze keine Pflanzen sind, müssen sie energiereiche Kohlenstoffverbindungen aufnehmen, um zu wachsen. Viele Pilze durchwachsen daher mit ihren dünnen Hyphen den Boden und verdauen organische Reste, die im Boden lagern. Die Pilze, welche durch Caroline Gutjahr erforscht werden, sind dagegen dazu nicht in der Lage. Sie sind auf Zucker- und Lipidzufuhr aus lebenden Pflanzen angewiesen.
Ein perfektes Paar
Pflanzen erhalten ihre Energie mit dem Sonnenlicht im Überschuss und speichern sie mithilfe der Photosynthese in Form von Zuckern und anderen organischen Verbindungen, die aus CO2 hergestellt werden. Pflanzen brauchen ihre Wurzeln, um Wasser und lebenswichtige Mineralien aus dem Boden aufzunehmen. Das macht Pflanzen und Pilze zu perfekten Handelspartnern. Pflanzen füttern die symbiontischen Pilze über ihre Wurzeln mit energiehaltigen Stoffen aus der Photosynthese und Pilze versorgen die Wurzeln der Pflanzen im Gegenzug mit Wasser und Mineralien aus dem Boden, den sie mithilfe ihres riesigen Hyphengeflechtes erobern, um Mineralstoffquellen zu erschließen. Damit ernähren sich Pilz und Pflanze gegenseitig. Dieses Zusammenspiel ist für beide Symbiosepartner so erfolgreich, dass es schon seit hunderten Millionen von Jahren existiert und in einem Großteil der Landpflanzen weltweit vorkommt.
Eine intensive Partnerschaft mit vielversprechender Perspektive
Über die Jahrmillionen hat sich diese arbuskuläre Mykorrhiza genannte Beziehung zwischen Pflanzen und ihren Pilzpartnern zu einer der intensivsten Interaktionen zwischen Lebewesen überhaupt entwickelt. Die Pflanze erlaubt es den Fäden der Pilze (gr. myces) sogar direkt in die Zellen ihrer Wurzel (gr. rhiza) hineinzuwachsen. Ein außergewöhnlicher Vorgang, da das Immunsystem von Pflanzen so etwas normalerweise unbedingt verhindert. In den Wurzelzellen bilden beide Partner dann stark verzweigte Strukturen aus, an denen Stoffe zwischen den Pilz- und den Pflanzenzellen ausgetauscht werden, die sogenannten Arbuskel (s. Foto, lat. arbuscula = Bäumchen).
Wie die Lipide, Zucker und Mineralien von einem Organismus zum anderen transportiert werden, welche Gene und Proteine der Pflanzen und Pilze zum Transport und welche zur Wahrnehmung des Partners dienen, und wie diese in Abhängigkeit von Umweltbedingungen kontrolliert werden ist Forschungsschwerpunkt von „SymbioticExchange“.
„Wenn wir verstehen, wie Pflanzen bestimmen ob und welche Mengen von Stoffen sie mit Pilzen austauschen, dann können wir vielleicht Nutzpflanzen züchten, welche effizienter mit arbuskulären Mykorrhizapilzen zusammenarbeiten. Wenn wir dann die Pilze zusammen mit den Pflanzen auf die Felder bringen, könnten Pflanzen möglicherweise viel besser auf die Nährstoffe im Boden zugreifen Dies könnte helfen, Düngemittel einzusparen und Umwelt und Klima zu schonen,“ so Caroline Gutjahr.