Ein großes Verbundprojekt mit zehn Unternehmen der Kunststoffindustrie, ein Verband und fünf Partnern aus Forschung und Entwicklung hat im Großraum Franken seine Arbeit aufgenommen. Ziel ist der Aufbau eines regionalen Kompetenzzentrums der Arbeitsforschung für die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen (KARE). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit rund 9,8 Millionen Euro.
Die Transformation zu einer ressourcen- und umweltschonenden Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe ist dringend erforderlich. Neben dem „EU Green Deal“ und dem EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft wurden auch in Deutschland Initiativen und Regelungen auf den Weg gebracht, die eine deutlich verbesserte Kreislaufführung von Kunststoffen und Ressourcenschonung verlangen. Unternehmen der Kunststoff-Wertschöpfungsketten sind daher gefordert, diese Transformationsprozesse aktiv mitzugestalten.
Die neuen Anforderungen erfordern insbesondere auch neue Konzepte für Arbeitsabläufe und -umgebungen, die von den Beschäftigten mitgetragen werden müssen. Nachhaltige Lösungen in Form einer partizipativen Arbeitsgestaltung müssen Mensch und Umwelt in den Mittelpunkt stellen. Die bayerische Region Franken rund um Würzburg und die angrenzenden Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg ist besonders geeignet, diesen Wandel anzustoßen und voranzutreiben. Der Grund: Hier sind rund 240, meist mittelständische Unternehmen der Kunststoffindustrie tätig – etwa in den Bereichen Automotive, Medizin und Bau.
Ziel: ganzheitliche Kreislaufwirtschaft
Mit KARE realisiert ein Verbund von Unternehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen nun ein Kompetenzzentrum der Arbeitsforschung für die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen, das weit in die betriebliche Praxis und die Gesellschaft hineinwirken soll. Fünf Forschungseinrichtungen, zehn Unternehmen und ein Verband sowie zehn assoziierte Unternehmen, Netzwerk- und Sozialpartner entwickeln unter der Leitung des Kunststoff-Zentrums SKZ arbeitswissenschaftliche Konzepte, Methoden und technische Instrumente für eine nachhaltige und gesunde Arbeitsgestaltung.
Alle beteiligten Forschungseinrichtungen verfügen über ausgewiesene Expertise in den Bereichen Kunststoff- und Kreislaufwirtschaft, Logistik, betriebliche Aus- und Weiterbildung, Personal- und Organisationskompetenz sowie in der Entwicklung passgenauer digitaler Instrumente für effiziente und nachhaltige Prozesse und Arbeitsabläufe. Die am Konsortium beteiligten KMU und Unternehmen adressieren die gesamte Kreislaufwirtschaft von der Abfallrückführung und -aufbereitung, über die Materialbeschaffung, die Materialspezifikation, die Herstellung von B2B-Bauteilen für Endanwendungen bis hin zu Konsumentenprodukten.
Best-Practice-Lösungen für KMU
In sechs Leuchtturmprojekten erprobt der Verbund konkrete Lösungen bzw. Anwendungsszenarien der Kreislaufwirtschaft für wichtige Problemstellungen der Unternehmen. Dabei werden die Bereiche Design for Sustainability, digitale Monitoringlösungen für Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft, Abfallmanagement, Vermeidung von Granulatverlusten sowie innerbetriebliches Recycling und Einsatz von Rezyklaten gleichermaßen berücksichtigt. Hierzu werden technisch-wirtschaftliche Analysen durchgeführt und neue Ansätze für ressourcen- und umweltschonende Arbeitswelten, auch mit Unterstützung digitaler Werkzeuge, erarbeitet. Die Erkenntnisse werden als Transformationskonzepte und Qualifizierungsangebote sowohl für Unternehmen als auch für Hochschulen und Universitäten bereitgestellt und stehen auch für den überregionalen Transfer in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik zur Verfügung.
Kreislaufwirtschaft muss funktionieren
Der Verbundkoordinator am SKZ Dr. Hermann Achenbach, Bereichsleiter Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft, erläutert, warum praxisnahe Lösungen für die Kreislaufwirtschaft in und mit Unternehmen so wichtig sind: „Rein technisch ist vieles umsetzbar, um mehr Kreislaufwirtschaft hinzubekommen. Oft sind es individuelle Gründe direkt vor Ort bei den Firmen, weshalb vermeintliche Lösungen nicht umgesetzt werden können. Ich bin froh, dass wir mit so vielen engagierten Praxispartnern loslegen, um genau da anzupacken, wo die Kreislaufwirtschaft funktionieren muss.“ Und ganz wichtig: „Wir müssen hierbei vor allem den Menschen als wichtigstes Element für die Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise begreifen,“ so Achenbach.
Fachexpertise für Kompetenzentwicklung
Die beiden Institutsleiter der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS), Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt (Institut für angewandte Logistik IAL) und Prof. Dr.-Ing. Johannes Krückel (Technologietransferzentrum Haßfurt TTZ-HAS; Forschungsschwerpunkt: Kunststoffrohre) erklären, warum die Entwicklung von praxisnahen Lösungen für die Kunststoffindustrie bereits bei der Ausbildung von Studierenden eine wichtige Rolle einnimmt:
„Es ist uns sehr wichtig, Studierende bereits frühzeitig für das Thema der Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung zu sensibilisieren und die dafür notwenigen Skills für die spätere Praxis in unseren Studieninhalten zu vermitteln. Dafür haben wir mit dem Institut für angewandte Logistik als auch mit dem Technologietransferzentrum Haßfurt optimale Forschungsstrukturen, um ganzheitliche Lösungen für die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen, von der logistischen Prozesskette von Closed Loop Supply Chains bis hin zu den kunststofftechnischen Fragestellungen, zu entwickeln. Wir freuen uns, diese Kompetenzen als aktiver Projektpartner in KARE einzubringen und wesentliche Arbeitspakete des fünfjährigen Vorhabens mitzuverantworten und zu unterstützen – und so in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Partnern die gesamte Prozesskette der Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe abzudecken.“
Fünfjährige Förderphase
Die notwendigen innerbetrieblichen Transformationsprozesse sollen zu einer gelebten Kreislaufwirtschaft führen – insbesondere auch unter Aspekten einer nachhaltigen, gesunden und digitalen Arbeitsgestaltung in allen Unternehmensbereichen. Ziel ist der Aufbau und die Verstetigung des regionalen Kompetenzzentrums der Arbeitsforschung KARE im Anschluss an die fünfjährige Förderphase. Das Projekt läuft bis 2028.