Zusammenhänge zwischen extremer Trockenheit, Biodiversität und Produktionseinbußen

Foto: Die Linde

Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung einer Bayreuther Wissenschaftlerin und ihrer Arbeitsgruppe hat die Zusammenhänge zwischen extremer Trockenheit, Biodiversität und Produktionseinbußen auf globaler Ebene untersucht. Mithilfe eines weltweiten Experiments an 100 Standorten auf sechs Kontinenten haben sie erkannt: Artenvielfalt im Wirtschaftsgrünland ist ein wirksamer Schutz vor Ernteausfällen bei Dürren. Die Studie wurde nun in Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.

Gras- und Offenland bedecken mehr als 40 % der Landfläche der Erde. Grünland ist ein wichtiger Kohlendioxidspeicher. Deshalb haben sich Forscher*innen aus der ganzen Welt zu einem internationalen Drought-Net Experiment (IDE) zusammengetan, um die Folgen von klimawandelbedingt zunehmender Trockenheit auf unterschiedliche Ökosysteme zu untersuchen. Beteiligt ist Prof. Dr. Anke Jentsch, Inhaberin der Professur für Störungsökologie und Vegetationsdynamik der Universität Bayreuth.

Durch Reduktion des Niederschlags mittels experimenteller Dachkonstruktionen um bis zu 50% an 100 Forschungsstandorten auf sechs Kontinenten, fanden die Wissenschaftler*innen heraus, dass ein einziges Jahr der Dürre das Wachstum der Vegetation um mehr als 80 % reduzieren kann. Das mindert deutlich die Fähigkeit der Ökosysteme, Kohlendioxid zu absorbieren. Insgesamt ging das Pflanzenwachstum in den künstlich einer Dürre ausgesetzten Grasflächen durchschnittlich um 36 % zurück, was weit über früheren Schätzungen liegt.

Das Besondere: „Im Gegensatz zu den global beobachteten Effekten hatte die simulierte Trockenheit an etwa 20% der Untersuchungsstandorte, so auch an einem artenreichen Grünlandstandort in Deutschland – keine signifikanten Auswirkung auf die Biomasseproduktion“, sagt die Störungsökologin Anke Jentsch. Das Klima an deutschen Standorten war feuchter, die Artenzahl der Pflanzen höher und die Trockenheit weniger stark als in der Prärie. Insgesamt überstanden artenreiche Wiesen in der feuchteren Zone von Mitteleuropa die Trockenheit besser als die in trockeneren Klimazonen.

Die Forschungsergebnisse können Ökologen dabei helfen, vorherzusagen, welche Ökosysteme während Trockenperioden am stärksten gefährdet sind und welche weiterreichenden ökologischen Auswirkungen dies hat. Weniger Pflanzenmaterial kann weniger Nahrung für Weidetiere oder auch geringere Ernten bedeuten. Anke Jentsch weist darauf hin, dass während der letzten Sommerdürre in Europa intensiv bewirtschaftetes Grasland mit relativ wenigen Arten, wie z. B. reine Wirtschaftswiesen oder angesäte Klee-Gras-Mischungen, stark betroffen war.

„Durch die Pflege von artenreichen Heuwiesen oder Ansaat und Zusaat einer vielfältigeren Artenmischung könnten solche Grünlandflächen auch bei schwerer Trockenheit weiterhin die Vegetationsdynamik aufrechterhalten und die gewünschten Ökosystemleistungen erbringen“, sagt sie. „Biodiversität fördert die Resilienz gegenüber Extremereignissen und schnellere Erholung: In wechselnden Extremwettersituationen sind Wiesen besonders stabil durch die Unterschiedlichkeit der funktionellen Eigenschaften ihrer ‚Mitglieder‘, also Kräuter und Gräser. Daher ist die Förderung der Artenvielfalt im Wirtschaftsgrünland ein wirksamer Schutz vor Ernteausfällen bei Dürren.“

Die Koordination des Internationalen Dürre-Experiments (IDE) wird von der US National Science Foundation (NSF) finanziert. Seit 2013 ist die Univeristät Bayreuth mit Prof. Dr. Anke Jentsch und ihrem internationalen Team – darunter Alexander-von-Humboldt-Stipendiat Dr. Yujie Niu, die Postdocs Dr. Tyson Terry und Dr. Andreas von Heßberg, sowie den Doktorand*innen Svenja Wanke, Thomas Deola und Peter Wolff – an der Studie beteiligt. Die Bayreuther Freilandexperimente werden im Rahmen des Forschungsprojekts SUSALPS „Nachhaltige Nutzung von Grünland in den Alpen und im Alpenvorland im Klimawandel“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt.