Werden Moore wiedervernässt, leisten sie einen erheblichen Beitrag als Kohlenstoffspeicher. Sie anschließend auf eine klimaneutrale Bewirtschaftung umzustellen, ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll. Ein Weg führt über die Aussaat von Torfmoos. Ob das großflächig gelingt, entscheidet sich aktuell in den Laboren der Bioverfahrenstechnik am Fachbereich Angewandte Biowissenschaften und Prozesstechnik der Hochschule Anhalt.
Bioverfahrenstechnik: Biomasse in großem Maßstab
Maria Glaubitz hält einen Glasbehälter mit flüssigem Inhalt in der Hand. Wenige Gramm einer Moospflanze ranken darin in Richtung Flaschenhals. „Davon sollen zukünftig mehrere Kilogramm täglich kostengünstig und an nahezu jedem Ort produziert werden können. Unsere Aufgabe ist es, den Bioreaktor dafür zu entwickeln“, erklärt die Doktorandin des Promotionszentrums „Life Sciences“ der Hochschule Anhalt. Seit Januar 2023 arbeitet sie im Projekt MOOSStart: Damit fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Forschung zur Herstellung von Torfmoos-Saatgut.
Torfmoos-Zucht als neues Gebiet
Auf diesem Gebiet gibt es bislang kaum Erfahrungen und im Gegensatz zu anderen Pflanzen ist die Vermehrung von Moos-Pflanzenteilen ohne Samen effizienter. Dass Maria Glaubitz die Moospflanze im Glasbehälter überhaupt in der Hand halten kann, ist in erster Linie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Freiburg zu verdanken. Ihnen gelang es nach jahrelanger Forschung, verschiedene Torfmoos-Arten im Labor zu züchten und ein technisches Verfahren zur Vermehrung zu entwickeln. Gemeinsam mit Ökobiologen der Universität Greifswald konnte das Saatgut erfolgreich auf wiedervernässten Mooren ausgebracht werden – in so genannten Paludikulturen.
„Das waren noch kleine Flächen, jetzt geht es darum, die Torfmoose auf mehreren tausend Hektar auszusäen“, erklärt Maria Glaubitz das langfristige Ziel des Projekts, das sie in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Claudia Grewe in Kooperation mit den Universitäten Freiburg und Greifswald verfolgt. Industriepartner für den Praxistest des Bioreaktors ist die Niedersächsische Rasenkulturen NIRA GmbH & Co. KG.
Paludikulturen für die Bewirtschaftung des Moors
Ohne gezielte Aussaat würde das Moos auf den wiedervernässten Moor-Flächen nur langsam wachsen, etwa einen Millimeter pro Jahr. Mehrere Chancen wären vertan: die zusätzliche Speicherung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre, die Ernte der Moos-Pflanzen als Einnahmequelle für Landwirte und als Ersatz für Torf: Damit könnte der Abbau aus noch intakten Mooren verhindert und diese besser geschützt werden. Welche Torfmoos-Arten sich als Alternative besonders eignen, haben die Freiburger und Greifswalder Forschenden bereits herausgefunden. Im Labor der Bioverfahrenstechnik in Köthen sollen sie sich möglichst schnell und in hoher Qualität vermehren.
„Die entscheidenden Faktoren sind – vereinfacht gesagt – immer die Versorgung mit Licht und Nährlösung, beides optimieren wir“, erklärt Prof. Grewe mit Blick auf verschiedene durchsichtige Behälter. Darin werden die zerkleinerten Moospflanzen in Bewegung gehalten. „Auf 35 Liter konnten wir die Biomasse bereits anwachsen lassen – ein Rekord“, freut sich die Leiterin des Projekts MOOSStart mit langjähriger Erfahrung in der Algen-Forschung der Hochschule Anhalt: „Diese Expertise in der Biotechnologie und Verfahrenstechnik sind wichtige Voraussetzungen, um nun auch andere Ideen der Bioökonomie anwendbar zu machen und breit nutzen zu können.“
Inwieweit sich die Ernte noch steigern lässt, zeigen die nächsten Monate. Wie ein Bioreaktor für gezüchtete Moose am Ende des Projekts Ende 2025 aussehen wird, steht ebenfalls noch nicht fest. Das erste Gewächshaus für Torfmoose als wichtiges Puzzleteil zum Schutz der Moore und des Klimas ist aber zum Greifen nah.