Große Küstenauftriebsgebiete entlang der östlichen Ränder des Atlantiks und Pazifiks zählen zu den biologisch produktivsten Regionen des Weltozeans. Gewöhnlich hängt das mit den hier vorherrschenden Winden zusammen. Interessanterweise treten in einigen tropischen Regionen hohe Produktivitätswerte auf, selbst wenn die Winde schwach sind. Ein internationales Forschungsteam hat nun das Auftriebssystem vor der Küste Angolas untersucht und konnte zeigen, dass die Kombination von so genannten Schelfrandwellen und verstärkter Durchmischung auf dem Schelf für dieses Phänomen verantwortlich ist. Die Ergebnisse der Studie erscheinen heute in der Fachzeitschrift Science Advances.
Sie gehören zu den produktivsten und artenreichsten Bereichen der Weltmeere: die großen Küstenauftriebsgebiete entlang der östlichen Ränder des Atlantiks und Pazifiks. Dort sorgen normalerweise stetig in Richtung des Äquators wehende Winde dafür, dass oberflächennahes Wasser von der Küste wegbewegt wird. Kaltes, nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe strömt an die Oberfläche nach, was das Wachstum von Phytoplankton fördert und die Grundlage für ein reiches marines Ökosystem in diesen Regionen bildet.
In einigen tropischen Regionen gibt es jedoch selbst dann eine hohe biologische Produktivität, wenn die für den Auftrieb verantwortlichen Winde vergleichsweise schwach sind. Welche physikalischen Mechanismen dabei eine Rolle spielen, hat ein internationales Forschungsteam jetzt für das Auftriebsgebiet vor der Küste Angolas südlich des Äquators untersucht. Die Wissenschaftlern fanden heraus, dass die Kombination von so genannten Schelfrandwellen und verstärkter Vermischung auf dem Schelf für dieses Phänomen verantwortlich ist. Ihre heute in der Fachzeitschrift Science Advances erscheinenden Ergebnisse könnten dazu beitragen, die Stärke der saisonalen Planktonblüte vorherzusagen.
„Die Produktivität in dem Auftriebsgebiet vor Angola zeigt starke saisonale Schwankungen“, sagt Erstautorin Mareike Körner, Doktorandin in der Forschungseinheit Physikalische Ozeanographie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Im dortigen Winter, von Juli bis September, ist die Hauptauftriebszeit. Während dieser Jahreszeit gibt es eine sehr hohe Primärproduktion in den Gewässern vor der angolanischen Küste, und entsprechend wird zu dieser Zeit viel gefischt.“
Eine entscheidende Rolle spielen dabei Wellen im Innern des Ozeans, die im Rhythmus der Jahreszeiten eine Auf- und Abwärtsbewegung des kalten nährstoffreichen Wassers verursachen. Diese Wellen werden nicht lokal vor der Küste Angolas erzeugt, sondern haben ihren Ursprung am Äquator. Jahreszeitliche Windschwankungen erzeugen dort Wellen, welche sich entlang des Äquators in östliche Richtung ausbreiten. Am Ostrand des äquatorialen Atlantiks angekommen, regen sie so genannte Schelfrandwellen an, die sich polwärts entlang der afrikanischen Küste ausbreiten. Auf ihrem Weg sorgen diese Randwellen dafür, dass nährstoffreiches Wasser auf den Schelf schwappt. Die durch die Gezeiten bedingte starke Vermischung auf dem Schelf bringt dann die Nährstoffe bis an die Oberfläche, wo sie eine erhöhte Primärproduktion bewirken. Diese Planktonblüten können von Jahr zu Jahr variieren, abhängig von der Intensität und der Ankunftszeit der Randwellen.
Für ihre Studie kombinierten die Forschenden hydrografische Daten, Sauerstoff-, Nitrat- und Satellitendaten sowie ein regionales Ozeanmodell. Dazu hebt Körner hervor: „Der Auftrieb vor Angola wird durch Wellen hervorgerufen, welche am Äquator angeregt werden und sich dann weiter entlang der afrikanischen Küste ausbreiten. Dies ermöglicht es Stärke und Zeitpunkt der Planktonblüte vor Angola auf saisonalen Zeitskalen vorherzusagen.“ Das bessere Verständnis der Antriebsmechanismen in diesem südwestafrikanischen Küstenauftriebssystem ist außerdem entscheidend, um mögliche künftige Veränderungen, wie die Auswirkungen des Klimawandels oder anderer menschlicher Einflüsse, auf dieses wichtige marine Ökosystem zu bewerten.
Das GEOMAR, wo der „Auftrieb im Atlantischen Ozean“ im Rahmen der Strategie GEOMAR 2030 einen wichtigen Forschungsschwerpunkt darstellt, forscht bereits seit 2013 in dem Gebiet und hat eine umfassende Zusammenarbeit mit angolanischen Kolleg:innen aufgebaut. Sieben Forschungsfahrten unter Leitung der Physikalischen Ozeanographie haben unter anderem umfangreiche Daten zur Vermischung und zur Verteilung von Nährstoffen auf dem Schelf geliefert. Zudem sammelt seit 2013 eine dauerhaft am Meeresgrund verankerte Messstation Daten zu verschiedenen Parametern wie Strömungsgeschwindigkeiten, Temperatur, Salzgehalt und Sauerstoff.