Neue Erkenntnisse eines Forscherteams des Sonderforschungsbereich 1357 – Mikroplastik der Universität Bayreuth enthüllen, dass scheinbar identische Mikroplastik-Modellpartikel verschiedener Hersteller sich in ihren Eigenschaften stark unterscheiden, und deshalb unterschiedlich mit Zellen interagieren. Diese Entdeckung wirft ein neues Licht auf die Forschung zu den potenziellen Risiken von Mikroplastik, da viele Studien auf solche Modellpartikel zurückgreifen.
Mikroplastik ist überall in unserer Umwelt zu finden. Meer, Flüsse, Boden, Luft – wo auch immer Forschende nach diesen mikroskopisch kleinen Plastikpartikeln suchen, werden sie fündig. Daher wurde Mikroplastik als Contaminant of Emerging Concern bezeichnet, da es ein Risiko für Organismen, Ökosysteme und unsere Gesundheit darstellen könnte.
Folglich wurden zahlreiche Studien zu den potenziellen Effekten von Mikroplastik für Zellen, Organismen und Ökosysteme veröffentlicht. Oft verwenden diese Studien kommerziell erhältliche sphärische Mikropartikel aus Polystyrol als Modell für Mikroplastik. Diese Studien weisen jedoch oft widersprüchliche Ergebnisse auf, wobei manche Studien negative Effekte zeigen, andere jedoch nicht. Diese Diskrepanz macht es schwierig, die mit Mikroplastikpartikeln verbundenen Risiken zu bewerten.
Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Sonderforschungsbereichs 1357 – „Mikroplastik“ an der Universität Bayreuth und dem Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden hat nun herausgefunden, dass sich scheinbar gleiche Polystyrol-Mikroplastikpartikel von verschiedenen Herstellern stark in ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften unterscheiden. Diese Unterschiede sind ein wichtiger Faktor für die Interaktionen der Mikroplastikpartikel mit Zellen.
Ein wichtiger Parameter, den die Forschenden dabei identifiziert haben, ist das Zetapotenzial der Partikel, das mit der Ladung eines Partikels in einer Lösung zusammenhängt. Partikel mit einem größeren Zetapotenzialbetrag interagierten stärker mit den Zellen. Partikel, die stärker mit Zellen interagierten, wurden dann effizienter in die Zellen aufgenommen.
„Die Interaktionen von Mikroplastikpartikeln mit Zellen sind eine Grundlage für potenziell schädliche Auswirkungen auf Organismen“, betont Prof. Dr. Holger Kress, einer der Initiatoren der Studie. Er fährt fort: „Diese Interaktionen können auch bestimmen, wie Mikroplastikpartikel biologische Barrieren überwinden, in Gewebe eindringen, und sich im Organismus verteilen könnten“.
Die Ergebnisse dieser in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlichten Studie bieten eine mögliche Erklärung für die scheinbar widersprüchlichen Ergebnisse früherer Studien, die auf Polystyrol-Mikroplastikpartikeln beruhten. Indem sie die starken Unterschiede zwischen nominell identischen Polystyrolpartikeln verschiedener Hersteller hervorheben, zeigen die Forscher die Notwendigkeit für Effektstudien, die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Mikroplastikmodellpartikel gründlich zu charakterisieren.
Prof. Dr. Christian Laforsch, Sprecher des SFB 1357 – „Mikroplastik“, betont: „Mikroplastik ist nicht gleich Mikroplastik. Unsere Studie unterstreicht diese Komplexität des Mikroplastikproblems und hebt hervor, dass die physikalisch-chemischen Eigenschaften von Mikroplastikpartikeln wichtig sind, um ihre Wechselwirkungen in der Umwelt zu verstehen“.
Mit ihrer Studie möchten die Forschenden das Bewusstsein für dieses Problem in der aktuellen Forschung schärfen. Erst wenn die Vergleichbarkeit von Studien über die potenziell negativen Auswirkungen von Mikroplastik gewährleistet ist, wird eine zuverlässige Bewertung der mit Mikroplastikpartikeln verbundenen Risiken sowie die Entwicklung neuer umweltfreundlicher Kunststoffe möglich.