Platinen, sprich Leiterplatten, sind Bestandteil fast aller elektronischer Geräte. Bei der Herstellung solcher Platten wird häufig Lot in Form von Paste verwendet. Die dabei entstehenden Reste können allerdings nur kurze Zeit gelagert und anschließend als gefährlicher Abfall nur schwer entsorgt werden. Das dreijährige Forschungsprojekt „ZeroWastePaste“ an der Bergischen Universität Wuppertal will Abhilfe schaffen.
Die Forscher um Prof. Dr.-Ing. Stefan Bracke vom Lehrstuhl für Zuverlässigkeitstechnik und Risikoanalytik wollen ein energieeffizientes und automatisiertes Verfahren sowie einen Anlagenprototyp für die schonende Rückgewinnung von Rohstoffen aus Lotpastenabfällen entwickeln.
„Bisher gibt es keine Anlage, die eine automatisierte Separation und Rückgewinnung der einzelnen Komponenten (Metalllegierung, Flussmittel, Behälter etc.) ermöglicht“, erklärt Stefan Bracke. „Es besteht aktuell nur die Möglichkeit, Lotpastenreste manuell aus den Behältern zu entnehmen, wobei jedoch immer Rückstände verbleiben. Unser Ziel ist es, die Rohstoffe aus Lotpastenabfällen zurückzugewinnen und wieder für die Produktion neuer Lotpaste zu verwenden“, so Bracke weiter.
Da Lotpastenabfälle in hoher Vielfalt bezüglich ihrer Zusammensetzung vorliegen, besteht ein zentrales Ziel des Forschungsvorhabens darin, die Rückverfolgbarkeit durch die Entwicklung und Umsetzung eines IT-basierten Logistiksystems (digitale Erfassung von Abfällen in Datenbänken) zu gewährleisten.
„Da die Bestandteile unterschiedlich recycelt werden müssen, ist es gut zu wissen, was drin ist. Daher ist die Rückverfolgbarkeit der Lotpastenabfälle eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung eines effizienten Recyclingverfahrens und die Realisierung einer zirkulären Wirtschaft“, sagt Prof. Bracke.
Prototyp für Anlage zur Trennung der Lotpastenabfälle
Für die Trennung von Lotpasten(resten), Flussmitteln und Gebinden erfolgt zunächst eine Konzeptionierung von Waschprozessen zur Trennung der Komponenten. Daraufhin wird das Verfahren zur Separation im Labormaßstab weiterentwickelt, bevor eine prototypische Anlage zur Trennung der Komponenten der Lotpastenabfälle entwickelt und an der Bergischen Universität Wuppertal aufgebaut und in Betrieb genommen wird. Durch Versuche auf Basis einer statistischen Versuchsplanung wird dann das optimale Trennverfahren ermittelt. Weiterhin wird ein Kennzeichnungssystem für Lotpastenabfälle abgeleitet. Neben der Validierung der Anwendbarkeit von recycelten Lotpasten im Vergleich zu herkömmlich hergestellten Lotpasten wird eine Ökobilanzierung durchgeführt, um den Aufwand für die Rückgewinnung der Rohstoffe und die Effizienz der entwickelten Anlage zu bewerten.
Die beiden Forscher Prof. Dr.-Ing. Stefan Bracke und Philipp Heß arbeiten im Forschungsprojekt gemeinsam daran, die Ergebnisse aus den experimentellen Untersuchungen zu analysieren und zu bewerten, um im Konsortium eine prototypischen Anlage und ein Separationsverfahren zu entwickeln. Anschließend werden repräsentative Testreihen durchgeführt. Die Daten der Testreihen werden im Hinblick auf die Entwicklung eines Zuverlässigkeitsmodells und zur Validierung bzw. Optimierung des Verfahrens ausgewertet.
Förderung des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Das Projektkonsortium besteht aus verschiedenen Partnern entlang des Kreislaufs. Der Konsortialführer Tamura Elsold GmbH ist Hersteller von Lotpasten, der Teilbereich Integrated Circuits & Electronics der Siemens AG ist Anwender von Lotpasten im Bereich von Leiterplatten und Mikroelektronik. Die Hellmann Process Management GmbH & Co. KG (HPM) ist für die Entwicklung eines Logistiksystems im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft von Lotpasten zuständig, während der Lehrstuhl für Zuverlässigkeitstechnik und Risikoanalytik den Prüfstand entwickelt, betreibt und die Datenauswertung innerhalb des Projekts übernimmt. Der assoziierte Partner Metallverwertungsgesellschaft Gottenheim mbH unterstützt das Projekt durch Erfahrung im Bereich der Verwertung und Recycling.