Was passiert in Ostfriesland, wenn Sturmfluten und Starkregenereignisse gleichzeitig und über einen längeren Zeitraum auftreten? Welche Auswirkungen haben diese Ereignisse auf den Insel- und Küstenschutz, die Binnenentwässerung, die Süßwasserversorgung und damit auf das Leben auf dem Festland und den Ostfriesischen Inseln? Und: Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf all diese Szenarien?
Unter Beteiligung und Koordination des Helmholtz-Zentrums Hereon untersuchte das Verbundprojekt „Wasser an den Küsten Ostfrieslands: Basis für maßgeschneiderte Klimaservices für die Anpassung“ (WAKOS), wie sich derartige Ereignisbündel in der Region auswirken, wie sie jene langfristig verändern und wie sich vorhandene Risiken verstärken. In der im März gestarteten zweiten Phase des Forschungsprojekts rücken nun Handlungsoptionen und Konzepte für ein klimaresilientes Ostfriesland in den Blickpunkt.
Dass Handlungsbedarfe bestehen, zeigen die wichtigsten Ergebnisse der inzwischen abgeschlossenen ersten Projektphase: Da Ostfriesland teils unter oder nur knapp über dem Meeresspiegel liegt, können Ereignisbündel, wie etwa das gleichzeitige Auftreten von Sturmflut und Starkregen, im schlimmsten Fall zu einer Überlastung der Schöpfwerke an der Küste und damit zu Überschwemmungen der Niederungsgebiete führen. Bereits das gleichzeitige Auftreten moderater Einzelereignisse kann dafür ausreichen.
Dass aus solchen Ereignissen Katastrophen werden können, hängt auch damit zusammen, dass es vor deren Eintritt oft ein mangelndes Bewusstsein für die Gefahren und die Vorsorgenotwendigkeiten gibt. Katastrophen sind ein Kultur-, Ressourcen- und Organisationsproblem.
Mehr Klimaresilienz als gemeinsames Ziel
„In WAKOS wurden deshalb gemeinsam mit den beteiligten Akteuren Kataloge erarbeitet, die eine Auswahl möglicher Klimaanpassungsmaßnahmen umfassen, die aus Sicht der Akteure in der Lage sind, mögliche Ereigniskaskaden und deren gesellschaftliche Folgen in Zukunft abzumildern oder gar zu unterbrechen“, sagt Hereon-Küstenforscher Dr. Ralf Weisse.
Im Projekt arbeiten Natur- und Sozialwissenschaften mit Akteuren vor Ort zusammen. Zu den Projektpartnern zählen neben dem Hereon, die Forschungsstelle Küste des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), die Universität Hamburg (UHH), die Universität Oldenburg (UOL) und die Jade Hochschule Wilhelms-haven/Oldenburg/Elsfleth (Jade-HS). Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) sowie das Niedersächsische Kompetenzzentrum Klimawandel (NIKO) sind als assoziierte Partner beteiligt.
WAKOS wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklungen“ (FONA3) finanziert und bearbeitet eine von sechs Modellregionen in der Fördermaßnahme Regionale Informationen zum Klima-handeln (RegIKlim).
Seit März ist WAKOS in die zweite Phase eingetreten. „Ein zentrales Element dieser Phase wird die Gestaltung eines zielgruppenrelevanten Informationssystems sein, das neben der Datenbereitstellung auch eine Inwertsetzung der Informationen und Formate für Nutzung und Aktivitäten beinhaltet“, so Cordula Berkenbrink vom NLWKN.
Ziel sei unter anderem Lücken in der regionalspezifischen Bereitstellung von Informationen zu schließen, so die Forschenden.
Zudem steht die gemeinsame Bewertung und Einstufung von Handlungsoptionen anhand unterschiedlicher mit Akteuren entwickelter Kriterien mit dem Ziel eines klimaresilienten Ostfrieslands im Fokus. „Es geht um die Entwicklung von Konzepten, um entscheidungsrelevantes und handlungsmotivierendes Wissen über Multiplikatoren in die Gesellschaft zu tragen“, betont Anke Wessels von der Universität Hamburg.