Viele Studien zur Klimakrise konzentrieren sich auf die Erforschung von Temperaturextremen im globalen Vergleich. Wissenschaftler der Universität Wien deckten nun einen Fehler in einer etablierten Berechnungsmethode auf, durch den die Häufigkeit von Hitzetagen systematisch unterschätzt wurde. Grund dafür ist die bisher übersehene Auswirkung des Temperatur-Jahresganges auf den Grenzwert für Hitzetage durch die falsche Anwendung von sogenannten gleitenden Zeitfenstern.
Immer häufigere Temperaturextreme sind eine der gefährlichsten Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels und daher Gegenstand vieler wissenschaftlicher Analysen. Eine häufig verwendete Methode, um Extreme wie Hitzetage zu definieren, berücksichtigt die Anpassung an lokale Gegebenheiten und berechnet sie daher relativ zur lokalen Temperaturverteilung. In der Berechnung von solchen relativen Extremen wurde nun jedoch von Wissenschaftlern des Instituts für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien ein weitreichender Fehler aufgezeigt.
Hitzetage werden häufig relativ zu lokalen Gegebenheiten definiert, um ungewöhnlich heiße Perioden überall auf der Welt zu umfassen. Damit werden zum Beispiel für Europa und die Antarktis unterschiedliche Grenzwerte verwendet, was einen Vergleich im Auftreten von Hitzetagen zwischen diesen klimatisch sehr unterschiedlichen Regionen ermöglicht. Bei der Berechnung des lokalen Temperatur-Grenzwertes werden dabei oft sogenannte gleitende Zeitfenster verwendet.
Diese dienen dazu die Anzahl der Tage für die Grenzwertberechnung zu erhöhen und sollen so die Aussagekraft des Grenzwertes erhöhen. Viele vergangene Arbeiten haben daher die Länge dieses Zeitfensters von den ursprünglich empfohlenen 5 Tagen auf bis zu 31 Tage erhöht. Die nun veröffentlichte Studie legt dar, dass derart lange Zeitfenster dazu führen, dass der Temperatur-Jahresgang den Grenzwert verfälscht und so unbeabsichtigt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Extremen reduziert.
Anzahl der Hitzetage wird unterschätzt
Der Berechnungsfehler kann, abhängig von der Region, dazu führen, dass die erwartete Häufigkeit von Hitzetagen für das heutige Klima unterschätzt wird, wie der leitende Autor der Studie, Lukas Brunner, Senior Scientist am Institut für Meteorologie und Geophysik an der Universität Wien, ausführt:
„Häufig werden Hitzetage als die 10 Prozent wärmsten Tage an jedem Ort definiert. Wir konnten jedoch zeigen, dass es dabei zu einem Fehler kommen kann, der zu einer deutlichen Unterschätzung der Anzahl der Hitzetage führt. Dies wurde in vielen Studien bisher übersehen“.
Besonders stark betroffene Regionen seien zum Beispiel der Westen der Vereinigten Staaten oder die Arabische Halbinsel, wo fälschlicherweise nur 7 Prozent Hitzetage statt der korrekten 10 Prozent detektiert werden, ein relativer Fehler von -30 Prozent. Im Gegensatz dazu ist die Wahrscheinlichkeit für Hitzewellen in Europe ziemlich genau bei den korrekten 10 Prozent.
„Diese regionalen Unterschiede in der Ausprägung des von uns nun aufgezeigten Fehlers können die Interpretation der Ergebnisse verfälschen und zu Problemen führen, wenn verschiedene Regionen der Welt verglichen werden“, erklärt Brunner.
Durch Klimaerwärmung verringert sich der Fehler
Die Studie untersucht auch die Auswirkungen des Klimawandels und zeigt, dass bei ungebremsten Emissionen einzelne Regionen in der Zukunft fast durchgehend von Temperaturextremen betroffen sein werden. Durch die extreme Klimaerwärmung wird der Fehler immer kleiner. Das führt allerdings dazu, dass der Anstieg im Auftreten von Hitzetagen überschätzt wird, wie der Klima-Wissenschaftler Brunner ausführt:
„Am Ende des Jahrhunderts ist für Hotspot-Regionen wie die Arabische Halbinsel quasi jeder Tag nach heutigen Standards extrem. Durch den Fehler starten wir in der historischen Periode aber bei sieben Prozent Hitzetagen statt bei den korrekten zehn Prozent, wodurch der Anstieg bisher überschätzt wurde“.
In ihrer Studie schlagen die Autoren auch eine Korrektur vor, die den Fehler fast gänzlich eliminiert. „Wir hoffen natürlich, dass unsere Studie dazu führt, dass zukünftige Arbeiten den Fehler vermeiden und so Änderungen von Temperaturextremen im Rahmen des Klimawandels besser charakterisiert werden können“, so Aiko Voigt, Koautor der Studie und Professor am Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien.