Forschende des Fraunhofer WKI verfolgen das Ziel, Alternativen zur Nutzung fossiler Rohstoffe zu schaffen. Mit ihrer Arbeit legen sie wichtige Grundlagen für eine zirkuläre Bioökonomie – von den Rohstoffen über die Entwicklung innovativer Materialien und deren Einsatz bis hin zum Recycling. Im Fokus der Projekte steht die Entwicklung branchenübergreifender Lösungen für eine ressourceneffiziente Holznutzung, Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz.
Die Bauindustrie gehört zu den ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren. Insbesondere für die Herstellung von Beton und Stahl werden enorme Mengen endlicher Rohstoffe verbraucht und CO2 ausgestoßen. Für ressourcenschonende und klimafreundliche Gebäude setzt die Bauindustrie zunehmend auf Holz. Doch auch pflanzliche Rohstoffe sind nicht unendlich verfügbar oder brauchen Zeit, um nachzuwachsen. Daher werden Lösungen immer wichtiger, die es ermöglichen, Holz und andere nachwachsende Rohstoffe nach der ersten Nutzung, etwa als Baustoff in einem Gebäude, zu recyceln und wiederzuverwenden. Das ist das Ziel einer zirkulären Bioökonomie.
Die Forschenden des Fraunhofer WKI planen daher bereits bei der Entwicklung von neuen Materialien eine möglichst hochwertige Recyclingfähigkeit nach dem Gebrauch ein. Außerdem entwerfen sie passgenaue Recyclingverfahren für bestehende Produkte, die Holz oder andere pflanzliche Stoffe enthalten – zum Beispiel Holzbauteile, Altholz oder Balsaholz aus Rotorblättern von Windkraftanlagen. Ziel der Arbeiten am Fraunhofer WKI ist es, die eingesetzten Rohstoffe oder Basismaterialien mehrfach nutzbar zu machen (Kaskadennutzung) und so den Bedarf an neuen Ressourcen zu reduzieren.
Wie macht man Fertigbau-Holztafeln recyclingfähig?
Der Holztafelbau ist eine sehr ressourceneffiziente und technisch ausgereifte Bauweise und stellt daher die mit Abstand häufigste Bauweise im Holzbau dar. Der Materialmix aus metallischen, organischen und mineralischen Bestandteilen erschwert jedoch eine sortenreine Trennung in die einzelnen Bestandteile. Das wollen Forschenden des Fraunhofer WKI gemeinsam mit der Technischen Universität Braunschweig, der Ruhr-Universität Bochum und vier Praxispartnern (Otto Baukmeier Holzbau-Fertigbau GmbH & Co. KG, Sto SE & Co. KGaA, Fermacell – James Hardie Europe GmbH und ALBA Braunschweig GmbH) ändern.
Bis Ende 2026 möchte das Projektteam Holztafeln entwickeln, die sich deutlich einfacher sortenrein recyceln lassen. Die im Recyclingprozess zurückgewonnenen Rohstoffe können als Ausgangsmaterial für neue Produkte genutzt werden. Am Ende des Projekts sollen mehrere Demonstratoren stehen, die die Machbarkeit des »Design for Recycling« der Holztafel, der Recyclingprozesse und der Wiederverwendung der zurückgewonnenen Rohstoffe in neuen Produkten demonstrieren.
Wie kann Altholz besser sortiert und verarbeitet werden?
Forschende des Fraunhofer WKI und des Fraunhofer IOSB wollen gemeinsam mit der Firma Pallmann Wege finden, die stoffliche Verwertung von Altholz zu erhöhen. Bisher wird Altholz zu einem großen Teil nur thermisch verwertet, da durch falsch entsorgte Abfälle (»Fehlwürfe«) kritische Störstoffe im Altholz-Abfallstrom landen. Um diese künftig zuverlässig und automatisiert aussortieren zu können, entwickelt das Projektteam ein innovatives Sortierverfahren auf Basis von Nahinfrarotsensorik (NIR).
Dadurch werden große Mengen Altholz für höherwertige Anwendungen nutzbar. Durch die Entwicklung von altholzspezifischen Zerkleinerungsverfahren soll die Rohstoffqualität zusätzlich erhöht werden. Beide Verfahren sollen den Einsatz von Altholz für die Holzwerkstoffindustrie deutlich attraktiver machen. Als Anwendungsbeispiel möchte das Projektteam Spanplatten oder Wood-Plastic-Composites auf Basis von Altholz entwickeln.
Wie lassen sich Altholzabfälle von Schadstoffen und Metall reinigen?
Forschende des Fraunhofer WKI wollen gemeinsam mit der Technischen Universität Braunschweig, der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig und den Industriepartnern Ing.-Holzbau Schnoor GmbH, Rinntech-Metriwerk GmbH & Co. KG und Schumann analytics herausfinden, wie Altholz so aufbereitet werden kann, dass es sich für die erneute Herstellung von Bauteilen eignet. Die Herausforderung besteht darin, dass Altholz häufig mit Schadstoffen belastet ist, zum Beispiel durch verwendete Holzschutzmittel oder Beschichtungen.
Um Altholz erneut verwenden zu können, muss es daher zunächst so gereinigt werden, dass es gemäß Altholzverordnung als unbedenklich gilt. Dafür wollen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gemeinsam mit den Industriepartnern zunächst erfassen, in welchen Mengen potenziell wiederverwertbares Altholz anfällt. Außerdem entwickeln sie mechanische Verfahren, um metallische Fremdkörper (Nägel und Schrauben) und Holzschutzmittel im Altholz aufzuspüren und zu entfernen. Ziel ist es, Klassifizierungsregeln für die Wiederverwendung des Baustoffs und ein ganzheitliches Wiederverwendungskonzept in Form eines schematisierten Ablaufplans zu erarbeiten.
Eignet sich Altholz für die Herstellung von Aerogelen?
Aerogele sind hochporöse, federleichte Materialien mit außergewöhnlichen Eigenschaften: extrem niedrige Wärmeleitfähigkeit, geringe Schallübertragung und hohe Adsorptionsfähigkeit für flüchtige organische Verbindungen. Sie eignen sich hervorragend sowohl für den Leichtbau als auch als Filtermaterial und gelten daher als Werkstoff der Zukunft. Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) und acht Industriepartnern entwickeln Forschende des Fraunhofer WKI ein Verfahren zur Herstellung von Aerogelen auf Basis von Altholz. Aus den Aerogelen stellen die Projektpartner Prototypen von Dämmstoffen und schadstoffadsorbierenden Raumluftfiltern her, die in Gebäuden und Fahrzeugen eingesetzt werden können. Darüber hinaus werden Transfermöglichkeiten zu Anwendungen in der Abgasreinigung aufgezeigt. Ein weiteres Projektziel ist die Rückgewinnung der für die Herstellung der Aerogele benötigten Rohstoffe aus den Produkten.
Wie können Möbel leichter recycelt werden?
Scharniere für Kastenmöbel werden derzeit überwiegend aus Metall gefertigt. Das Fraunhofer WKI entwickelt gemeinsam mit dem Institut für Holztechnologie Dresden gemeinnützige GmbH (IHD) und dem Wirtschaftspartner Topp Textil GmbH ein verstell- und lösbares Textilscharnier für Holzmöbel auf Basis von Naturfasern. Damit soll einerseits der Verbrauch von Metallen reduziert und gleichzeitig die Recyclingfähigkeit der Möbel verbessert werden. Bisher müssen die oftmals verschraubten oder eingepressten Metallscharniere im Recyclingprozess vom Altholz getrennt werden. Diese Trennung ist aufwändig und erfordert zum Teil komplexe Anlagentechnik. Die neuen textilen Beschläge sind nicht fest mit der Holzkonstruktion verbunden und somit verstell- und abnehmbar.
Diese Flexibilität ermöglicht den Einsatz auch im Bereich der Mitnahme- und Selbstbaumöbel. Darüber hinaus könnten Bauteile, insbesondere die Möbeltüren, leicht ausgetauscht werden. Das erleichtert Reparaturen oder die Anpassung der Möbel an neue Farbtrends und erhöht somit die Lebensdauer der Möbelkorpusse. Die Recyclingfähigkeit des Textilscharniers selbst soll ebenfalls im Rahmen des Projekts bewertet werden. Bei erfolgreichem Projektabschluss wird ein neuartiger Scharniertyp zur Verfügung stehen, der unter dem Gesichtspunkt des »Design for Recycling« entwickelt wurde und eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Metallbeschlägen darstellt.