Vermehrt kauft die Schweizer Bevölkerung gebrauchte Kleidung und elektronische Geräte. Dennoch scheitern nachhaltige Alternativen häufig am Preis, dem Wissensstand oder der fehlenden Transparenz. Beim Kauf von Lebensmitteln fällt es gemäß einer ZHAW-Studie leichter nachhaltiges Verhalten zu erkennen als bei Textilien oder Unterhaltungselektronik.
Individuelle Kaufentscheidungen prägen den ökologischen Fußabdruck einer Gesellschaft maßgeblich. Relevant aus Sicht der Umweltauswirkungen sind Lebensmittel, Unterhaltungselektronik und Textilien. Da diese Konsumbereiche für Einzelpersonen auch einen beträchtlichen Entscheidungsspielraum bieten, wurden diese im Rahmen des Swiss Sustainable Consumption Observatory (SSCO) untersucht. Zwischen 2022 und 2023 wurden drei Mal im Abstand von rund neun Monaten jeweils rund 1200 Personen in allen großen Sprachregionen der Schweiz befragt. Die Befragung wurde im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Nachhaltige Wirtschaft: ressourcenschonend, zukunftsorientiert, innovativ» (NFP 73) von einem interdisziplinären Forschungsteam der ZHAW sowie der Université de Lausanne und der ETH Zürich realisiert.
Preis und Intransparenz sind Barrieren
In den drei maßgeblichen Konsumbereichen zeigen sich deutliche Unterschiede in den wahrgenommenen Hindernissen für nachhaltiges Verhalten. Die Hauptbarriere für nach-haltigen Konsum im Lebensmittelbereich ist der Preis – knapp die Hälfte gab dies als Grund an. Ähnlich verhält es sich bei Kleidung (ein Drittel).
«Viele der Befragten geben auch an, dass sie Schwierigkeiten haben, nachhaltige von nicht nachhaltigen Produkten zu unterscheiden», fasst Yann Blumer von der ZHAW School of Management and Law die Ergebnisse zusammen.
Im Bereich der Mobilgeräte ist diese Unsicherheit sogar bei 45 Prozent der Befragten vorhanden. Ausserdem nennen die Teilnehmenden in allen drei Konsumbereichen das mangelnde Vertrauen in Labels als wichtige Barriere für nachhaltigen Konsum.
Zwischen den Geschlechtern zeigen sich leichte Unterschiede in Bezug auf nachhaltiges Verhalten. So sind Frauen eher bereit, gebrauchte Mobilgeräte oder Kleider zu kaufen oder diese weiterzugeben, wenn sie nicht mehr genutzt werden. Die Studie verdeutlicht zudem, dass der Entscheidungskontext in den Konsumbereichen variiert. Während etwa die Hälfte der Einkäufe von Kleidung und Mobilgeräten online getätigt wird, erfolgt der Kauf von Lebensmitteln fast ausschliesslich stationär vor Ort (90 Prozent).
«Zwischen den drei Befragungen im Zeitraum von 2022 bis 2023 sehen wir keine grössere Unterschiede, weder beim Verhalten noch bei den Einstellungen der Konsument:innnen», so Blumer. Im Zeitverlauf sei lediglich eine Tendenz zu einer größeren Akzeptanz von Secondhand-Kleidung und gebrauchten Mobilgeräten zu erkennen.
Wissen ist elementar für nachhaltigen Konsum
Das Wissen und Umweltbewusstsein in den Konsumbereichen Lebensmittel, Elektronik und Kleidung scheint unterschiedlich ausgeprägt zu sein. «Während bei Lebensmitteln viele Konsumenten wissen, wie sie nachhaltiger agieren können, ist vielen nicht bewusst, was Nachhaltigkeit bei Kleidung und Elektronik konkret bedeutet», erklärt Swen Kühne vom ZHAW Departement Angewandte Psychologie. Hier sehen die Forschenden eine hilfreiche Orientierung für die Politik und Unternehmen, die sich für nachhaltigere Konsummuster einsetzen. Einheitliche Informationen und Labels können hier Transparenz schaffen.
Entscheidungskontext ist entscheidend
Insgesamt verdeutlicht die ZHAW-Studie, dass viele Konsumenten Nachhaltigkeitsüberlegungen in ihre täglichen Konsumentscheidungen einfließen lassen. Ob sie effektiv nachhaltig handeln, hängt aber stark mit der konkreten Entscheidungssituation zusammen. Dabei ist ausschlaggebend: Nachhaltiges Verhalten darf nicht wesentlich teurer oder aufwändiger sein als weniger nachhaltige Alternativen. Zudem muss für die Konsumenten klar und verlässlich zu erkennen sein, welche Alternativen nachhaltig sind.