Bakterium aus dem Rindermagen als Klimaretter?

Prof. Dr. Christoph Wittmann Michael Simon

Erdöl steckt in den meisten Produkten unseres Alltags, zum Beispiel in Windeln und Waschmitteln. Solche Stoffe könnten künftig durch bioabbaubare Grundstoffe ersetzt werden, die ein Bakterium aus dem Rindermagen produzieren kann. Wie das funktionieren könnte, erforschen Wissenschaftler der Universität des Saarlandes gemeinsam mit Kollegen aus Forschung und Industrie in einem von der Bundesregierung geförderten Projekt.

Die Kuh als Klimaretter?

Das dürfte in der öffentlichen Wahrnehmung eher nicht so gesehen werden. Im Gegenteil: Die Aufzucht von Rindern und der Verzehr von Rindfleisch gelten als Klimasünden par excellence. Und dennoch könnten die Wiederkäuer einen Anteil daran haben, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihrer Hilfe klima- und umweltschonende Technologien entwickeln.

Genauer gesagt, liegt es dann aber nicht an der Kuh selbst, sondern an Basfia succiniciproducens. Dieses Bakterium, das an der Verdauung in den Rindermägen beteiligt ist, steht im Fokus von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Christoph Wittmann, Professor für Systembiotechnologie an der Universität des Saarlandes. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universitäten Marburg und Kaiserslautern sowie mit dem Chemiekonzern BASF als Koordinator erforschen sie seit Januar 2024, wie sie Basfia succiniciproducens so modifizieren können, dass Fumarat entsteht.

Dieses Zwischenprodukt des Stoffwechsels ist ein vielversprechender Ausgangsstoff für eine Fülle bioabbaubarer chemische Endprodukte, die heutige Chemieprodukte auf Erdölbasis in großem Maßstab ersetzen könnten. Als Plattformchemikalie ist das biotechnologisch hergestellte Fumarat eine Vorstufe für Produkte im Homecare-Bereich, sowie ein Baustein für bestimmte Pharmazeutika oder Polymere.

„Der Clou dabei ist, dass Basfia succiniciproducens unter anaeroben Bedingungen CO2 zur Energiegewinnung heranziehen kann“, erklärt Christoph Wittmann.

Das Bakterium aus dem Rindermagen könnte also sowohl klimaschädliche Erdöl-Produkte ersetzen als auch CO2 verbrauchen und somit die Belastung der Erdatmosphäre mit dem Klimagas direkt reduzieren.

Bis es so weit ist, werden allerdings noch einige Jahre der Forschung vergehen müssen. Das Projekt zeigt aber schon zu Beginn seiner Laufzeit, mit welch ausgefeilten Ideen kluge Köpfe wie Christoph Wittmann und seine Kolleginnen und Kollegen aktuellen Problemen zu Leibe rücken und manchmal, wie hier, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.