Geopolitik, der Klimawandel oder neue Technologien: die massiven Veränderungen unserer Zeit verlangen auch von der Logistik-Branche eine umfassende Transformation. Die Branche muss sich dieser Herausforderung stellen, und vor allem schnell lernen, das Potential neuer KI-Tools für sich zu nutzen – so ein Fazit des 19. Logistik-Tags der Kühne-Stiftung an der KLU in Hamburg. Rund 140 Experten aus Wissenschaft und Industrie diskutierten über Herausforderungen und Chancen der Transformation der Logistik, von Personalführung über Lieferketten-Management bis hin zur humanitärer Logistik.
„Wir wollen heute herausfinden, wie die Logistik in Verbindung mit digitaler Transformation und Nachhaltigkeit die entscheidenden Veränderungen vorantreiben kann, die notwendig sind, um auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren“, sagte KLU-Präsident Prof. Andreas Kaplan zur Eröffnung des 19. Logistik-Tages. Das Thema – Logistics reimagined, responsible transformation in the age of AI – passe dabei hervorragend zu den Zielen und der Mission der KLU.
Zwischen KI und Klimawandel
In insgesamt neun Sessions bot der Logistik-Tag eine Plattform, um die verschiedenen Facetten der aktuellen Transformation und ihrer Chancen und Risiken zu beleuchten. Welchen Beitrag können verschiedene KI-Tools bereits jetzt leisten? Wie könnte die Zukunft der Logistik aussehen?
Ein Schlüssel zur digitalen Transformation
Prozesse. Prof. Stefanie Rinderle-Ma (TUM München) zeigte in ihrer Keynote, wie diese mithilfe von KI schon heute analysiert und dargestellt werden können, mit deutlich weniger Aufwand und Kosten als bisher. „Logistik ist spannender als klassische Bereiche, da sie Systeme, Menschen und die physische Welt zusammenbringt“, sagte sie. „Prozesse bringen dabei all das auf integrierte Weise zusammen, und helfen uns, ihre Beziehung zueinander zu verstehen.“
Wichtig für eine erfolgreiche Transformation ist das Zusammenspiel von Menschen und Technologien. Skepsis oder gar Angst sind schlechte Ratgeber – und in aller Regel unnötig. Mut machte etwa Leadership-Experte Prof. Niels Van Quaquebeke in seinem Vortrag zu „Your Bit Boss“, der die Möglichkeiten von Personalführung mit KI auslotete.
„Es gibt viele Chancen“, betonte auch Dietmar Guhe (Arvato) in der Session zu Generative AI im Supply Chain Management. Angst könne zu Spaltung führen – dabei machen die neuen Technologien den Menschen keinesfalls überflüssig. „Es braucht Expert*innen um zu überprüfen, was die KI geschrieben hat“, sagte er. Diese Zusammenarbeit von KI und Mensch zu optimieren sei jetzt dringend nötig, um die Technologie in größerem Umfang gewinnbringend einzusetzen, analysierten Prof. Kai Hoberg und Frank Vorrath (Danfoss Climate Solutions). „Transparenz ist der Schlüssel“, sagte Hoberg, „Manager*innen müssen erfahren, wann ihr Eingreifen die Ergebnisse von KI verschlechtert – dann werden sie auch ihr Verhalten ändern, und unnötige Eingriffe unterlassen.“
Auf dem Weg in eine nachhaltige und gerechte Zukunft
Neben der Digitalisierung ist auch die Anpassung an den fortschreitenden Klimawandel eine wichtige Triebfeder der aktuellen Transformation. „Logistik ist der Schlüssel“, berichtete Sven Hennebach (TOMRA Reuse) in der Session zu wiederverwendbaren Verpackungen in der Gastronomie. „Wir können zum Beispiel vorhandene Logistik-Systeme nutzen, um die Einführung des neuen Systems massiv zu erleichtern“, sagte Hennebach. Logistik, aktuell noch Teil des Problems als einer der großen Emissionsverursacher, könnte so in Zukunft auch Teil der Lösung für eine nachhaltige Wirtschaft sein.
Der Bogen schloss sich in der abschließenden Keynote von Prof. Felix Creutzig (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Mithilfe von Big Data und KI können verschiedene Städteform schnell und effizient analysiert werden. „Kombiniert man diese Daten mit zum Beispiel Daten zur Lieferung auf der letzten Meile, ist das Design von Politikinstrumenten und Logistiklösungen möglich, die zu weniger Verkehr, Lärm und Emissionen in den Städten führen““, sagte er.
Große Herausforderungen – große Chancen
„Es ist großartig zu sehen, wie viele von ihnen sich heute einen Tag Zeit genommen haben, um gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen und der Wissenschaft zu diskutieren“, sagte Dr. Jörg Dräger, Geschäftsführender Stiftungsrat der Kühne-Stiftung zum Abschluss des diesjährigen Logistik-Tags. Es gebe viel mehr Perspektiven auf Logistik als Effizienz, Prozessoptimierung und Kostenreduktion. „Um nur drei zu nennen: Resilienz und die Anpassung an den Klimawandel, Nachhaltigkeit, und Verantwortung dafür zu übernehmen, dass Lieferketten global fair funktionieren“, sagte er.