Bauwende: Nachhaltigkeit und wirtschaftlichen Erfolg vereinen

Prof. Dr.-Ing. Heiko Meinen Hochschule Osnabrück Fakultät A&L Lehr- und Forschungsbereich Betriebswirtschaft im Bauwesen. (Quelle: Patric Prager)

Prof. Heiko Meinen ist an der Hochschule Osnabrück, als Leiter des Instituts für nachhaltiges Wirtschaften in der Bau- und Immobilienwirtschaft (inwb) tätig. Die Arbeit des Institutes umfasst die Lehrgebiete Betriebswirtschaftslehre für das Bauwesen, Kosten- und Leistungsrechnung, Controlling und Marketing im Bauwesen. Heiko Meinen hat an der TU Dortmund Bauingenieurwesen studiert und wurde nach der Promotion für seine Forschungsarbeit ausgezeichnet. In den Folgejahren war er als Berater der Bauwirtschaft selbstständig und arbeitete zuletzt, vor seinem Wechsel nach Osnabrück,  als Geschäftsführer eines Gebäudeausrüsters.


 

Hat die Nachhaltigkeit die Bauwirtschaft inzwischen eingeholt?

Einerseits ja, aber andererseits nein. Wenn man zurückschaut zeigt sich das mit der Finanzkrise vor ein paar Jahren die Nachhaltigkeit in den Hauptimmobilienstandorten angekommen. 2008 ist ist die DGNB an den Start gegangen. Diese Zertifizierung hat in Kombination mit der Finanzkrise hat bei den großen internationalen Immobilieninvestoren das Thema Nachhaltigkeit Einzug gehalten. Und es ist erkennbar, dass in diesem internationalen Segment die „Green Buildings“ zahlreicher und wichtiger werden.

Aber dies gilt doch nicht in der Gesamtheit der Bauwirtschaft?

In der Breite des Immobilienmarktes ist dies aber anders, hier ist in den vergangenen Jahren zwar einiges im energetischen Bereich geschehen, aber wirklich nachhaltig ist es dort noch nicht. Dazu würde ein anderes ganzheitliches Denken in dem z.B. auch soziale Aspekte eine Rolle spielen, gehören. Allerdings gibt es hier eine kleine Ausnahme. Die KFW Mittel waren schon in den vergangenen Jahren an bestimmte Nachhaltigkeit-Kriterien gekoppelt. Bei der Erreichung dieser Kriterien vergab die KFW ihre Mittel mit besonderen Konditionen. Dies hatte eine gewisse Wirkung auf die Branche.

Die Bauwirtschaft umfasst ja ein weites Feld. Quasi von Eigenheim bis hin zum Flughafen. Gibt es hier eine wissenschaftliche Einordnung?

Es gibt hier die sogenannte Assetklassen der Immobilienbranche. Die wohl bekannteste Assetklasse ist die klassische Wohnimmobilie also Einfamilienhäuser oder Mehrfamilienhäuser, gefolgt von Gewerbeimmobilien sprich Bürogebäude, Handelsimmobilien, Logistik, Hotels oder Industriegebäuden. Alle anderen Bauprojekte fallen unter Sonderimmobilien beispielsweise Krankenhäuser, Museen…aber eben auch der genannte Flughafen.

Und wie steht es in diesen Segmenten um die Nachhaltigkeit?

Sehr unterschiedlich. Wenn man zum Beispiel in den Logistikbereich schaut, hier finden sich die Hallen und Gebäude ja nicht notwendig in den urbanen Schwerpunkten, dann zeigt sich das hier schon sehr viele Gebäude mit Nachhaltigkeitszertifikaten ausgestattet sind. Der Grund dafür ist, das gerade Logistikstandort vielfach von großen national oder international agierenden Investoren errichtet werden. Und wie erwähnt, in diesem Umfeld ist Nachhaltigkeit ein Thema der Investitionssicherung.

An welchen Themen arbeitet das Institut?

Aktuell sind wir stark fokussiert auf Bauunternehmen, genauer gesagt auf die bauausführenden Unternehmen und deren Nachhaltigkeitsstrategien. Für diesem Bereich forschen gezielt zu nachhaltiger Projektentwicklung.

In der Vorbereitung zum Osnabrücker Bauwende Kongresses, am heutigen Dienstag, hat sich gezeigt das viele Bauunternehmen in Sachen Nachhaltigkeit schon weiter sind als wir erwartet haben. Woher kommt diese Motivation?

Große Investments und die Kapitalgesellschaften sind stark getrieben durch die europäischen Regularien. Hier spielen die Taxonomie und die Offenlegungsverordnung, seitens der EU, eine treibende Rolle. Dies betrifft aber nicht auf das regionale Bauwesen zu. Und natürlich gib es auch hier eine riesige Regulatorik und zwar in den verschiedensten Bereichen. Das fängt beim Bodenschutz an und geht hin bis zur Abfallentsorgung. Also Auflagen gibt es hier genug, aber diese führen nicht gleich zu einem Systemwechsel, wie bei den großen und internationalen Playern.

Aber man hört doch immer wieder von sehr umweltmotivierte Bauherren, die gerne nachhaltige Methoden und Materialien in ihren Projekten verwenden möchten.

Ja, natürlich gibt es solche Bauherren, aber eben nur vereinzelt. Insgesamt gibt es kein einheitliches Bild. Die Baubranche ist insgesamt sehr konservativ und eher abwartend. Oft wird wirklich erst gehandelt, wenn es wirklich nicht mehr anders geht. Dazu kommt ein Festhalten an erprobten Standards und Vorgehensweise.

So etwas gibt es natürlich auch in anderen Wirtschaftssegmenten. Aber technische, politische und folglich juristische Anforderungen verändern dann doch das Verhalten der Unternehmen, wie beispielsweise nach dem Unglück vor 30 Jahren in Basel, das der chemischen Industrie.

Ja dass stimmt, aber die Chemie hatte schon damals, und heute erst recht, eine gänzlich andere Unternehmensstruktur. In der Bauwirtschaft gibt es ein paar große und ganz große Unternehmen, aber bei 90 Prozent der Betriebe, im bauausführenden Bereich oder bei der Planung, sprechen wir von im Durchschnitt 10 Mitarbeitern. Für diese Unternehmen sind Regularien und Berichtspflichten eine echte Herausforderung. Aus diesem Grund sind diese Unternehmen auch nicht in der ersten Reihe, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht.

Aber dann brauchen diese Unternehmen doch Unterstützung in dieser Sache.

Ja in der Tat. Dies machen die Bauverbände, die hier ein System aufgestellt haben, um die Unternehmen zu unterstützten.  Damit haben die Unternehmen die Möglichkeit wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten und sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu verbinden. Damit könnten die Unternehmen die Chancen und Möglichkeiten, die im Thema Nachhaltigkeit stecken, zu nutzen. Mit unserem „Institut für nachhaltiges Wirtschaften in der Bau- und Immobilienwirtschaft“ (inwb) an der Hochschule Osnabrück versuchen wir genau hier, mittels einfacher Tools, die die Unternehmen anwenden können, Nachhaltigkeit und wirtschaftlichen Erfolg miteinander zu verbinden.