Wärmepumpen gelten als wichtiger Baustein für das Heizungssystem einer dekarbonisierten Zukunft, denn sie heizen und kühlen effizient mit Strom. Besonders sinnvoll sind sie in einem Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energien, da ihr Verbrauch gut planbar und die Wärme speicherbar ist. Dadurch kann die Heizung flexibel auf die Energieerzeugung aus Sonne und Wind reagieren und somit das Stromnetz unterstützen. Das ist das Ergebnis eines länderübergreifenden Forschungsprojektes der Internationalen Energieagentur (IEA). Aus Deutschland waren die Fraunhofer-Institute IEE (Kassel) und ISE (Freiburg) beteiligt.
Im Rahmen des dreijährigen Forschungsprojekts wurde an 28 unterschiedlichen Standorten in Dänemark, Schweden, Österreich, den Niederlanden und Deutschland der flexible und stromnetzdienliche Betrieb von Wärmepumpen untersucht. Daraus lassen sich nun Best Practices für den technischen Betrieb und den regulatorischen Rahmen ableiten. Wie gut das Zusammenspiel in einem Gesamtsystem mit vielen dezentralen Wärmepumpen funktioniert und welchen Beitrag die Anlagen für das Stromnetz leisten, wurde in den aktuell publizierten Veröffentlichungen des IEA HPT Annex 57 Projektes dokumentiert.
Um CO₂-Emissionen von Heizung und Klimatisierung zu senken, suchen viele europäische Länder derzeit nach Alternativen zu einer Feuerung mit Öl und Gas. „Die Klimaziele von Paris fordern einen sehr bewussten Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. Für die Wärmeversorgung bedeutet das, möglichst viel vorhandene Energie zu verwenden und bedarfsgerecht zu ergänzen“, erläutert Projektleiter Dr. Dietrich Schmidt, Fraunhofer IEE, die Motivation der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen.
Wärmepumpen und die Dekarbonisierung des Heizungssystems
Als innovative Technologie nutzen Wärmepumpen vorhandene Wärme aus der Umwelt und bringen diese mit Strom auf die gewünschte Temperatur. Die möglichen Wärmequellen sind vielfältig: vorhandene Wärme in Boden oder Luft, Abwärme aus Industrieprozessen, Rechenzentren, Müllverbrennung oder Kraftwerken können direkt oder über ein Fernwärmesystem integriert werden. Der benötigte Strom wird perspektivisch CO₂-frei erzeugt und unterstützt die Dekarbonisierung des Heizungssystems.
Gemeinsam haben Forschungsinstitute aus Dänemark, Schweden, Österreich, den Niederlanden und Deutschland im Rahmen des IEA-Projektes die Technologien, Marktbedingungen, Geschäftsmodelle und Anwendungsfälle für Wärmepumpen unterschiedlicher Größe verglichen. Im Ergebnis liegt nun eine Übersicht mit 28 realen Projekten aus mehreren europäischen Ländern vor, die die Best Practices für verschiedene Anwendungsfälle darstellt.
Wärmepumpen gibt es in unterschiedlichen Größenklassen, sodass sie Einzelhäuser oder auch gesamte Stadtquartiere mit Wärme beliefern können. Für Deutschland zeigen sieben unterschiedliche Vorzeigeprojekte, wie ein netzdienlicher Betrieb von Wärmepumpen funktioniert und welche Effizienzgewinne dadurch ermöglicht werden. Dieses wird von den Fraunhofer-Instituten IEE und ISE für Standorte in Berlin, Mannheim, Rosenheim, Neuburg an der Donau, Stuttgart und Karlsruhe beschrieben.
Die besondere Eigenschaft von Wärmepumpen ist, auch geringe Temperaturniveaus aus Abwärme, Geothermie oder der Luft im Wärmemarkt sinnvoll nutzen zu können. Dadurch können die Anlagen mit einem vorhandenen Energiesystem kombiniert werden. Im Modellprojekt in Karlsruhe Durlach wurden Mehrfamilienhäuser aus den 1960er Jahren energetisch saniert und mit einem neuen Energiesystem ausgestattet, welches Photovoltaik, dezentrale Wärmepumpen und Speicher kombiniert. Im Ergebnis sanken die CO₂-Emissionen um 28 Prozent.
Großwärmepumpen können natürliche Wärmequellen und industrielle Abwärme mit hohem Energiepotenzial auch auf niedrigem Temperaturniveau nutzen. Denn vorhandene Wärmequellen liegen oft nicht in unmittelbarer Nähe der Verbraucher. In Gebieten mit hohem spezifischem Wärmebedarf, die mit Fernwärme versorgt werden können, können Großwärmepumpen für eine effiziente strombasierte Wärmeversorgung sorgen. So wurde in Mannheim in einem Kraftwerk, dessen Abwärme das Fernwärmesystem der Stadt speist, zusätzlich eine Großwärmepumpe installiert, die mit der Energie aus dem Rhein weitere klimaneutrale Energie in das Fernwärmesystem liefert.
Flexible Steuerung passt sich fluktuierender Stromerzeugung an
Darüber hinaus sorgen Wärmepumpen für einen Ausgleich des Energiesystems und können das Stromnetz unterstützen: Denn Wärmepumpen können auf die Schwankungen in der Stromerzeugung aus Wind und Sonne reagieren. Da sich Wärme besser als Strom speichern lässt, können die Anlagen mit einem Wasserspeicher kombiniert auf Vorrat heizen, wenn ausreichend Strom im Netz bereitsteht und dieser besonders preisgünstig ist. Andersherum schaltet sich die Wärmepumpe ab, wenn wenig Energie aus Sonne und Wind zur Verfügung steht. Damit wird der Netzbetrieb besser planbar und steuerbar und der Verbraucher profitiert von Preisschwankungen im Strommarkt.
„Wärmepumpen passen gut in ein klimaneutrales Energiesystem, denn sie lassen sich so betreiben, dass sie sich nach dem Stromangebot richten. Durch eine zentrale netzdienliche Steuerung können sie sich einschalten, wenn Sonne und Wind ausreichend Strom liefern. Damit tragen sie zur Glättung von Last- und Erzeugungsspitzen im Stromnetz bei. Diese Flexibilität ist ein wichtiger Bestandteil für ein künftiges Energiesystem“, berichtet Schmidt.
Neben den technischen Fragen wurden im Rahmen des Forschungsauftrags auch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen für die Geschäftsmodelle in den verschiedenen europäischen Ländern verglichen:
„In Dänemark und Schweden haben bereits sehr viele Haushalte eine Heizung mit Wärmepumpe. Aus den dortigen Erfahrungen lässt sich ableiten, wie flexibel der Heizungssektor funktionieren kann“, berichtet Axel Oliva, Fraunhofer ISE. „Fallbeispiele aus den Niederlanden zeigen besonders eindrucksvoll, wie ein smarter Betrieb von Wärmepumpen Lastspitzen im Netz reduzieren kann“, so Oliva weiter.
Wärmepumpen verbinden Heizen und Speichern
Beim flächendeckenden Austausch von alten Heizungssystemen könnten zusätzliche Flexibilitäten für den Stromsektor entstehen. Denn bisher werden zum Ausgleich von Erzeugungsschwankungen bei Sonne und Wind vor allem mit fossilen Brennstoffen betriebene Kraftwerke hochgefahren. Mit Wärmepumpen wird die Stromnachfrage deutlich flexibler. Wenn Sonne und Wind nicht genügend Strom liefern, können Wärmepumpen ihren Betrieb vorübergehend drosseln.
„Die Sorge, dass der Betrieb von Wärmepumpen das Stromnetz überlastet, ist unbegründet, wenn diese netzdienlich gesteuert werden“, resümiert Oliva, Fraunhofer ISE.