Forschungsprojekt will Linsen züchterisch verbessern

Dornburger Speiselinse, alte Thüringer Sorte, hier mit Winterhartweizen als Stützfrucht. ©C. Germeier/JKI

Julius Kühn-Institut koordiniert WiLGeR-Projekt, das Linsen züchterisch verbessern will, um besonders Winterlinsen für den ökologischen Mischfruchtanbau attraktiv zu machen. Im Projekt wird Sammlungsmaterial aus der deutschen und ausländischen Genbanken sowie diverse regionale Sorten unter deutschen Witterungs- und Anbaubedingungen im Herbstanbau getestet, darunter auch Kyffhäuserlinse oder Dornburger-Speiselinse.

Die Linse ist eine beliebte Eiweißpflanze. Deutschland importiert jährlich 40.000 Tonnen der proteinreichen Hülsenfrucht. In Deutschland selbst wird die Kultur jedoch nur auf einer sehr kleinen Fläche (2.000 ha), zumeist ökologisch und nur in wenigen ausgewählten Regionen angebaut. Lediglich vier Prozent der Linsen, die auf deutschen Tellern landen, stammen aus heimischem Anbau. Das soll sich nun ändern:

„Um den Linsenanbau in Deutschland wiederzubeleben und die Hülsenfrucht für die Betriebe wieder attraktiv zu machen, muss die Kultur unbedingt züchterisch verbessert werden“, sagt Dr. Christoph Germeier vom Julius Kühn-Institut (JKI) in Quedlinburg.

Unter der Federführung des JKI haben sich deshalb Forschungseinrichtungen und Züchtungsinitiativen im Projekt-WiLGeR zusammengefunden. Gemeinsam wollen sie die in Genbanken schlummernden aber auch die zum Teil noch vorhandenen Landsorten -darunter auch alte regionale Sorten – in Freilandversuchen evaluieren.

Derzeit werden in Deutschland nur sehr wenige Linsensorten angebaut, z.B. in der Schwäbischen Alb, im Heckengäu, in Franken und Hohenlohe. Der Anbau der einst in Thüringen beheimateten Kyffhäuserlinse oder der Dornburger-Speiselinse ist hingegen zum Erliegen gekommen. Auch dies wollen die Projektbeteiligten ändern, etwa indem sie unter Feldbedingungen auch diese Traditionssorten mit geeigneten Stützfrüchten als Partner im Herbstanbau austesten.

„Im Rahmen des Projektes müssen wir die hochdiversen genetischen Ressourcen der Linse im Feld an klimatisch unterschiedlichen Standorten, die die Anbaubedingungen in Deutschland gut repräsentieren, umfassend testen“, berichtet Projektkoordinator Dr. Germeier vom JKI.

Die Zusammenarbeit mit dem IPK Gatersleben und mit dem Keyserlingk-Institut, dem derzeit einzig aktiven Linsenzüchter in Deutschland, ist für das Projekt dabei essenziell.

Die Herausforderungen, um die Linse in Deutschland wirtschaftlich wieder auf einer größeren Fläche anbauen zu können, sind vielfältig. Zum einen sind die Erträge der zierlichen Pflanze, die hierzulande eine Stützfrucht benötigt, an der sie sich hochranken kann, mit 0,6 bis 1,2 Tonnen pro Hektar vergleichsweise gering. Zudem wurden in Deutschland bisher zumeist Sommerlinsen angebaut, was jedoch angesichts des Klimawandels nicht zielführend ist.

„Denn die Winterformen nutzen die Winterfeuchte besser und wären weniger empfindlich gegenüber der zunehmend häufiger auftretenden Frühsommertrockenheit,“, erklärt Germeier. „Im Projekt werden wir daher in großem Umfang Sammlungsmaterial aus der deutschen und ausländischen Genbanken sowie auch diverse regionale Sorten unter deutschen Witterungs- und Anbaubedingungen im Herbstanbau testen und damit die Basis für eine deutsche Winterlinsenzüchtung schaffen“, benennt der JKI-Züchtungsforscher das gemeinsame Ziel.

Die Partnereinrichtungen hoffen zudem, dass sich durch die Entwicklung von Winterformen das Ertragspotenzial der Linse steigern lässt. Dieser Weg wurde in der Türkei und in den USA bereits beschritten. In Frankreich wird die winterharte Landsorte „Lentillon de Champagne“, zu Deutsch Champagner-Linse angebaut. Zudem soll neben Winterhärte und Ertrag auch die Konkurrenzkraft der Linse gegenüber den Stützfruchtarten verbessert werde.

Die Champagner-Linse, die in Frankreich angebaut wird, ist bereits für den Herbstanbau geeignet.
Frauke Germer/JKI, Julius Kühn-Institut (JKI)

Ihre Fähigkeit, an den Halmen und Stängeln der Stützfrucht emporzuklettern soll ebenfalls gesteigert werden. Gleichzeitig soll aber auch die Auswahl standfester aber weniger konkurrierender Stützfruchtarten bzw. -sorten vorangetrieben werden und deren Aussaatstärke soll an die mit ihnen gepaarten Linsen angepasst werden. All diese vielfältigen Eigenschaften und Zuchtziele müssen die Projektbeteiligten im Blick behalten. Die Projektgruppe traf sich erstmalig in Präsenz am 6./7. Mai am JKI in Quedlinburg und am IPK Gatersleben.

Zum Auftakttreffen waren auch Initiativen und Firmen geladen, die nicht Teil des Projektes sind, jedoch eine große Expertise in Linsenzüchtung und Anbauberatung haben, darunter z.B. auch die Pharmaplant Arznei- und Gewürzpflanzen Forschungs- und Saatzucht GmbH, die sich der Wiederbelebung der alten Thüringer Linsensorten verschrieben hat. Gemeinsame Interessen wurden beim Treffen vor allem in Fragen der Vermarktung und der Aktivierung von Wertschöpfungsketten für regional angebaute Linsen identifiziert.

Hintergrundinfo zu Leguminosen:

Linsen gehören zur Pflanzenfamilie der Leguminosen (Hülsenfrüchte), welche mit Bakterien in Wurzelknöllchen Stickstoff aus der Luft binden und damit die Bodenfruchtbarkeit erhöhen, ohne dass industriell hergestellte Stickstoffdünger ausgebracht werden müssen. Hülsenfrüchte bilden proteinreiche Samen, die wertvoll für die Ernährung von Mensch und Tier sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Hülsenfrüchten, die auch verdauungshemmende (anti-nutritive) oder auch toxische Inhaltsstoffe enthalten, eignet sich die Linse von allen Leguminosen am besten für die menschliche Ernährung. Körnerleguminosen, wie Erbsen, Bohnen, Lupinen und auch Linsen werden meist im Frühjahr ausgesät und gelten als wenig frostresistent. Im Herbst ausgesäte Winterformen der Kulturpflanzen haben eine längere Vegetationszeit und können mehr Sprossmasse aufbauen. Dies kann wichtig für die Stickstoffbindung aus der Luft sein, da dies ein energieaufwändiger Prozess ist, der eine hohe Photosyntheseleistung und damit viel Blattmasse erfordert.