Natürliche Materialien für Werkstoffe und Dämmstoffe

© Fraunhofer WKI, Corel Corporation Pflanzliche Rohstoffe wie Holz sind nicht nur nachhaltig, sondern haben außerdem viele positive Eigenschaften. So können Holzfasern beispielsweise als Dämmstoffmatten im Hausbau zum Einsatz kommen.

Wie können endliche Ressourcen geschont und die Abhängigkeiten von fossilen Ressourcen verringert werden? Nachwachsende Rohstoffe sind eine Antwort. Forschende des Fraunhofer WKI entwickeln neue Materialien und Bauteile zum Beispiel aus Holz, Flachs- und Hanffasern sowie Pilzmyzel. Gemeinsam mit dem Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen e.V. (vdnr) wurde das Fraunhofer WKI ausgewählt, seine Kompetenzen im Bereich Dämmstoffe auf der Woche der Umwelt am 4. und 5. Juni 2024 in Berlin zu präsentieren.

Die Kompetenzen des Fraunhofer WKI reichen von der Rohstoffgewinnung über die Dämmstoffproduktion und die Anwendung im Bauwesen bis hin zum Recycling und der Verwendung der recycelten Rohstoffe für Second-Use-Produkte. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen auf der Woche der Umwelt Dämmstoffe aus pflanzlichen Rohstoffen für die Anwendung im Baubereich.

Fossile Energieträger wie Braunkohle, Erdöl oder Erdgas sind wichtige Energieträger. Erdöl wird beispielsweise zur Herstellung von Kunststoffen genutzt. Endliche Rohstoffe wie Kalkstein, Kies und Sand werden zur Produktion von Zement und Beton verwendet. Die Nutzung fossiler Rohstoffe ist problematisch. Zum einen sind die Vorkommen begrenzt, zum anderen entstehen bei der Nutzung und Verwertung fossiler Rohstoffe große Mengen an CO2. Nachwachsende Rohstoffe stellen hier eine wichtige Alternative dar.

Das Fraunhofer WKI hat eine lange Tradition in der Erforschung der stofflichen Nutzung von Holz. Schon der Gründer und Namensgeber Dr. Wilhelm Klauditz suchte vor über 70 Jahren nach Lösungen, um die kriegsbedingte Rohholzknappheit optimal zu nutzen und Rest- und Schwachholz zum Beispiel in Form von Spanplatten nutzbar zu machen. Heute beschäftigen sich die Forschenden mit einem breiten Spektrum nachwachsender Rohstoffe und deren ganzheitlicher Nutzung. Neben Holz stehen landwirtschaftliche Produkte wie Flachs- und Hanffasern oder Pilze sowie Bioraffinerieprodukte wie Öle oder Zucker im Fokus. Ein besonderer Schwerpunkt liegt zudem auf der Nutzung pflanzlicher Rest- und Abfallstoffe. Beispiele dafür sind Stroh, Reisschalen, Maisspindeln oder Rübenschnitzel, Lignin als industrielles Nebenprodukt sowie recycelte pflanzliche Rohstoffe und Altholz.

Pflanzliche Rohstoffe sind nicht nur nachhaltig, sondern haben auch vorteilhafte Eigenschaften, die sich für die Herstellung von leistungsstarken und funktionalen Bio-Chemieprodukten und Biowerkstoffen nutzen lassen. So haben Karosserieteile aus naturfaserverstärktem Kunststoff gute crashrelevante Eigenschaften. Und Dämmstoffe aus Naturfasern verfügen über eine gute Wärmeisolierung und wirken sich positiv auf das Raumklima aus.

Im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung wählen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gezielt Rohstoffe mit günstigen Materialeigenschaften aus. Je nach Anwendungsziel werden diese verfahrenstechnisch und/oder chemisch aufgeschlossen, modifiziert und weiterverarbeitet. Durch geschickte Rohstoff- und Materialkombinationen sowie passende Additive holen die Forschenden des Fraunhofer WKI das Beste aus nachwachsenden Rohstoffen heraus. In hauseigenen Laboren und Werkstoffzentren entwickeln und erproben sie dafür auch die passenden Herstellungs-, Formgebungs- und Fügeverfahren im halbindustriellen Maßstab. Für biobasierte Chemieprodukte wie Klebstoffe, Brandschutzmittel oder Beschichtungen synthetisieren sie maßgeschneiderte Bindemittel und entwickeln anwendungsspezifische Formulierungen. So entstehen Werkstoffe, Halbzeuge und Endprodukte mit optimierten Material- und Bauteileigenschaften sowie integrierten Funktionen – für diverse Branchen.

Flexible Holzfasermatten eignen sich hervorragend für die Wärmedämmung von Gebäuden – beispielsweise als Zwischensparrendämmung oder als Füllstoff für Wärmedämmziegel. Holzfaserdämmstoffe werden bisher vorwiegend aus Nadelholz hergestellt, dass aufgrund des Klimawandels künftig in deutlich geringeren Mengen zur Verfügung stehen wird. Um die Rohstoffbasis für Holzfaserdämmstoffe zu sichern und ihr Anwendungspotenzial zu erweitern, entwickeln Forschende des Fraunhofer WKI gemeinsam mit Industriepartnern Dämmmatten und neuartige Holzschaumgranulate aus Buchenholzfasern. Damit schaffen die Projektpartner eine nachhaltige Perspektive für die Bauwirtschaft sowie eine hochwertige Nutzungsmöglichkeit für Buchenholz, das durch den klimabedingten Waldumbau künftig vermehrt anfallen wird.

Wie kann man besonders nachhaltige Wärmedämmstoffe für Gebäude herstellen? Mit Pilzen! Gemeinsam mit dem Braunschweiger Start-up YcoLabs nutzen die Forschenden des Fraunhofer WKI das organische Wachstum von Pilzmyzel als natürliches und kreislauffähiges Bindemittel, um pflanzliche Reststoffe zu Dämmstoffen für die Bauindustrie zu verarbeiten. Im Projekt werden diese myzelbasierten Materialien mit einer am Fraunhofer WKI entwickelten Technologie verdichtet, getrocknet und inaktiviert. Dadurch werden die Produktionszeiten drastisch verkürzt und die Produkteigenschaften wie Druckfestigkeit, Brandwiderstand und Stabilität deutlich verbessert. Derzeit arbeitet das Team in der zweiten Projektphase an der Optimierung des Verfahrens hinsichtlich eines verbesserten Brandschutzes und der großtechnischen Skalierbarkeit.

Mit Naturdämmstoffen kann kalkulierbar sicher gebaut werden. Das ist das Ergebnis des interdisziplinären Forschungsprojekts »Mehr als nur Dämmung – Zusatznutzen von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen (NawaRo-Dämmstoffe)« mit 12 Forschungspartnern und breiter Unterstützung durch die Industrie. Unter Leitung des Fraunhofer WKI ermittelten die Forschenden Materialkennwerte, die aufwendige Bauteilprüfungen wie im Schall- und Brandschutz in Zukunft deutlich reduzieren können. Auf Grundlage der Vermessung von Naturdämmstoffen können Normen und baurechtliche Vorschriften angepasst und diese Dämmstoffe in Zukunft leichter eingesetzt werden.