Die menschengemachte Erderhitzung schreitet mit 0,26 Grad Celsius pro Jahrzehnt voran – der höchsten Rate seit Beginn der Aufzeichnungen, so die Studie eines internationalen Teams von über 50 führenden Forschenden. Die globalen Oberflächentemperaturen 2023 lagen um 1,43 Grad über dem vorindustriellen Niveau, wovon 1,3 Grad aus menschlichen Aktivitäten resultieren. Die von der Universität Leeds geleitete Forschungsinitiative zu Indikatoren der Klimakrise wird unterstützt vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change).
Laut dem Bericht wird die hohe Rate der Erhitzung getrieben durch anhaltend hohe Treibhausgasemissionen von jährlich 53 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalenten. Auf der anderen Seite verringert sich die in einem gewissen Maß zu beobachtende vom Menschen verursachte Abkühlung durch Partikel in der Atmosphäre, infolge von Verbesserungen der Luftqualität. Die hohen Treibhausgasemissionen wirken auch auf die Energiebilanz der Erde: Ozeanbojen und Satelliten verfolgen einen nie dagewesenen Wärmestrom in die Ozeane, Eiskappen, Böden und die Atmosphäre.
Wärmestrom ist 50 Prozent stärker als im langjährigen Durchschnitt
„Die Analyse erscheint zur Bonner Vorkonferenz für den Weltklimagipfel COP29 in Aserbaidschan“, erklärt Jan Minx, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung und ein Co-Autor der Studie.
„Mit diesem zweiten Daten-Update wollen wir die Informationslücke schließen helfen, zumal sich die Klimaindikatoren schnell ändern.“
Maßgebliche Quelle für wissenschaftliche Informationen über den Zustand des Klimas ist der Weltklimarat IPCC der Vereinten Nationen, aber die nächste größere Bewertung wird nicht vor 2027 stattfinden.
Dem neuen Bericht zufolge ist das im Pariser Weltklimaabkommen notierte 1,5-Grad-Limit so gut wie überschritten. Die zentrale Schätzung für das CO₂-Restbudget, dessen Freisetzung die Erderhitzung noch mit 50 Prozent Wahrscheinlichkeit auf 1,5 Grad begrenzt, beträgt für Anfang 2024 etwa 200 Gigatonnen. Das sind 60 Prozent weniger als 2020, als der IPCC es auf rund 500 Gigatonnen bezifferte.
- (Anmerkung: Diese Zahlen sind nicht mit den Ausgangsgrößen der CO₂-Uhr des MCC vergleichbar. Dort ist die jährliche Emissionsrate nur CO₂, bei der Restbudget-Berechnung wird der Beitrag anderer Treibhausgase zur Erderhitzung im Voraus abgezogen, und das Restbudget bezieht sich auf 67 statt 50 Prozent Wahrscheinlichkeit fürs Einhalten des Temperaturlimits).
Piers Forster, Direktor des Priestley Centre for Climate Futures Leeds und Leitautor der Studie, sagt: „Trotz durch Klimaschutz verlangsamten Anstiegs der Treibhausgasemissionen bewegen sich die globalen Temperaturen weiter und schneller denn je in die falsche Richtung. Unsere Analyse zeigt die durch menschliche Aktivitäten erzeugten langfristigen Trends. 2023, als die beobachteten Temperaturrekorde gebrochen wurden, haben natürliche Faktoren vorübergehend etwa 10 Prozent zur langfristigen Erwärmung beigetragen.“
William Lamb, Forscher am MCC und Leitautor des Teils über Emissionen in der Studie, sagt: „Solange wir die Entwaldung und das Verfeuern von Kohle, Öl und Gas nicht drastisch reduzieren, sammeln sich die Treibhausgase weiterhin in der Atmosphäre an und verursachen Klimafolgen.“
Den Indikatorenbericht ergänzt der „Climate Change Tracker“. Diese Open-Data- und Open-Science-Plattform bietet einfachen Zugang zu den wichtigsten Klimaindikatoren.