Um die Folgen der globalen Klimakrise zu begrenzen, muss die Weltgemeinschaft ihre Kohlenstoffemissionen drastisch reduzieren. Die öffentliche Unterstützung für Maßnahmen, dieses Ziel zu erreichen, kann aber durch aktuelle Krisen, die die Aufmerksamkeit der Menschen ablenken, vermindert werden.
Dies erschwert die Einführung von mit Kostensteigerungen verbundenen politischen Instrumenten, wie eine neue Studie von Forschenden um Laura Seelkopf, Professorin am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaften der LMU, zeigt. Seelkopf und ihre Co-Autoren Dr. Julian Limberg (King’s College London) und Professor Philipp Genschel (Universität Bremen) empfehlen daher, die Dringlichkeit des Klimawandels hervorzuheben und das Thema mit anderen als dringend wahrgenommenen Ereignissen zu verknüpfen, um die Unterstützung etwa für die Besteuerung fossiler Brennstoffe zu steigern.
Für die Studie befragten die Forschenden mithilfe eines Meinungsforschungsinstituts 21.000 Menschen in 17 europäischen Ländern nach ihrer Meinung zur Einführung einer Steuer auf fossile Brennstoffe. Die Ergebnisse zeigten, dass die Unterstützung für eine solche Steuer bei Teilnehmenden, die zuvor Informationen über die Klimakrise erhalten hatten, zwölf Prozent höher lag als bei uninformierten Teilnehmenden. Wurden die Befragten allerdings auch an andere aktuelle Krisen wie COVID-19 oder den Krieg in der Ukraine erinnert, nachdem sie die Informationen zur Klimakrise erhalten hatten, verringerte sich die Bereitschaft erheblich, eine Steuer auf fossile Brennstoffe zu unterstützen.
In konkreten Zahlen lag die anfängliche Unterstützung für die Einführung der Steuer bei etwa 28 Prozent. In der Gruppe, die den Klima-Informationsimpuls erhielt, stieg sie auf etwa 40 Prozent, mit 35 Prozent Ablehnung. In den Gruppen, die an COVID-19 und die russische Invasion erinnert wurden, sank die Unterstützung wieder auf 30 Prozent, bei 45 Prozent Ablehnung.
Klimawandel im Krisenmodus halten
„Unsere Ergebnisse helfen zu verstehen, warum das Potenzial der Klimakrise, die Unterstützung für kostspielige Gegenmaßnahmen zu erhöhen, begrenzt ist. Im Grundsatz konkurriert die Klimakrise mit anderen Krisen und Ereignissen, die einen kurzfristigeren Zeithorizont haben und die Aufmerksamkeit der Menschen ablenken. Dies mindert das Potenzial der Klimakrise, Unterstützung für kostspielige Klimaschutzmaßnahmen zu mobilisieren“, sagt Seelkopf.
Um dem entgegenzuwirken, sollten nach Ansicht der Forschenden politische Entscheidungsträger den Klimawandel als Thema stärker in den Vordergrund rücken. „Sie sollten die Klimapolitik im Krisenmodus halten, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Dies kann helfen, die Bürger auf die Dringlichkeit des Klimawandels und die Notwendigkeit politischer Maßnahmen aufmerksam zu machen“, so die Autoren.
Wichtige Instrumente hierfür seien beispielsweise selbstauferlegte Fristen wie das ‚Net Zero by 2050‘-Szenario der Internationalen Energieagentur oder der ‚Fit for 55‘-Plan der EU, die regelmäßig darauf hinwiesen, dass die aktuelle Klimapolitik hinter den Zielen zurückbleibt und unzureichend ist.