Die enorme Kraftanstrengung für mehr Klima- und Artenschutz rückt zunehmend die Rolle der globalen Finanzmärkte in den Fokus. Deutlich wird: „Grünes Geld“ – also nachhaltige Kapitalanlagen oder Kredite – sind unverzichtbar, um die mit dem Kampf gegen Klima- und Artenkrise einhergehenden Kosten zu stemmen. „Wichtig ist, dass sich die Finanzindustrie zu einem Teil der Lösung für die Aufgaben der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaftsweise macht“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde bei der heutigen Jahrespressekonferenz der Stiftung.
Die Europäische Union (EU) will bis 2050, Deutschland bis 2045 klimaneutral werden, also nicht mehr klimaschädliche Treibhausgase (THG) wie Kohlendioxid (CO2) ausstoßen, als wieder gebunden werden können. Studien weisen für Deutschland zusätzliche Kosten von zwei Billionen Euro und für Europa von zehn Billionen Euro für die Transformation in eine CO2-neutrale Wirtschaft und Gesellschaft aus. Positiv ist:
„Der Ausbau der Erneuerbaren und der Emissionshandel zeigen, dass ein Umsteuern funktioniert“, sagt Bonde. Der klima- und naturverträgliche Umbau von Unternehmen sei möglich, „ohne die ökonomische Existenz zu gefährden. Damit die notwendige Transformation in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gelingt, sind nachhaltige Kapitalanlagen ein bedeutender Motor“, so der DBU-Generalsekretär.
Um die Klima- und Energieziele der EU im Rahmen des European Green Deal zu erreichen, ist die sogenannte EU-Taxonomie ein wichtiges Instrument der Markttransparenz.
DBU investiert seit 20 Jahren in nachhaltige Kapitalanlagen
Als eine der größten Umweltstiftungen Europas mit einem Stiftungskapital von rund 2,48 Milliarden Euro hat die DBU nachhaltige Kapitalanlagen bereits vor 20 Jahren in ihr Portfolio aufgenommen. Seitdem ist das Thema Nachhaltigkeit in den Anlagerichtlinien der Stiftung fest verankert.
„Wir haben die Finanzmärkte zusätzlich mit Förderprojekten und Beispielen aus der eigenen Kapitalanlage auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit aktiv unterstützt“, sagt DBU-Finanzchef Michael Dittrich, der auch Mitglied im Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung ist.
So habe eine DBU-geförderte Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) schon 2009 gezeigt, dass bei einem breit gestreuten Portfolio nachhaltig selektierte Aktien ein gleichwertiges Ergebnis erzielen wie konventionelle Anlagen. Bei der Transformationsfinanzierung haben die Finanzmärkte laut Dittrich eine Schlüsselrolle, da in Zeiten knapper Haushalte Staaten allein den Umbau nicht bewältigen können.
Dittrich: „Der weit überwiegende Teil des billionenschweren Umbaus muss privat finanziert werden.“ Positiv nach seiner Einschätzung: In den vergangenen Jahren fristet „sustainable finance“, also die nachhaltige Finanzanlage, kein Nischendasein mehr, sondern ist ein wichtiges Thema in der Finanzindustrie geworden. „Es gibt gute und rentable Anlagemöglichkeiten, etwa bei den erneuerbaren Energien“, so der DBU-Finanzchef.
Finanzierung nachhaltigen Wandels im globalen Süden zusammen lösen
Entwicklungs- und Schwellenländer mit ihrem wachsenden Energiebedarf müssen stärker in den Fokus gerückt werden, so Dittrich. „Wenn wir die Finanzierung des nachhaltigen Wandels im globalen Süden nicht zusammen lösen, werden wir die Klimakrise nicht eindämmen.“ Besonders sinnvoll sind nach seinen Worten gemeinsame Projekte etwa von öffentlichen Entwicklungsbanken und privaten Kapitalgebern. Zudem ermöglichen Mikrokredite einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen im globalen Süden, insbesondere Frauen, den Zugang zu Finanzdienstleistungen.
Die DBU investiert schon seit 2007 in Mikrokredite und seit 2016 auch in erneuerbare Energien in Schwellen- und Entwicklungsländern. Darüber hinaus hält die Stiftung knapp 300 Millionen Euro an Green Bonds – also an festverzinslichen Wertpapieren, deren Erlöse allein in Projekte zum Umwelt- und Klimaschutz fließen. Ein wichtiges Ergebnis einer DBU-geförderten Studie zur Wirksamkeit von Green Bonds war 2019, dass die zusätzliche Wirkung bei Investitionen in Schwellenländern, die sogenannte Additionalität, besonders hoch ist. Der Grund: Dort stehen häufig keine anderen Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Unternehmens-Auswirkungen auf Klima und Biodiversität
Geht es um verantwortungsbewusste Investitionen in Unternehmen, stellt sich die Frage nach den tatsächlichen Auswirkungen des betrieblichen Handelns, wie die THG-Emissionen oder der Einfluss auf die Biodiversität. Wie präzise etwa die von Unternehmen publizierten CO2-Emissionsdaten sind, hat ein DBU-gefördertes Projekt der Universität Hamburg untersucht. Das Ergebnis: Selbst Bilanzen zu Emissionen, die lediglich durch im Unternehmen selbst erzeugte Energie entstehen, weisen noch beachtliche Ungenauigkeit auf.
In einem Folgeprojekt wird derzeit untersucht, wie es um die Qualität von Daten bestellt ist, die die Emissionen der zugelieferten Produkte und Dienstleistungen beinhalten. Anders als beim Klimaschutz, wo in den vergangenen Jahren in dieser Hinsicht große Fortschritte gemacht wurden, sind der Finanzsektor und die Unternehmen beim Thema „Integration der Biodiversität“ noch am Anfang.
„Der Asset Manager einer Bank steht derzeit teils vor der unlösbaren Frage, ob eine Investition in ein bestimmtes Unternehmen der Telekommunikation der Biodiversität mehr nützt oder schadet als eine Investition in ein Versicherungsunternehmen“, sagt Melanie Vogelpohl, DBU-Referentin für Nachhaltigkeitsbewertung.
Unternehmen müssen daher im Zuge der EU-Taxonomie künftig zum einen darüber berichten, welchen Einfluss Ökosysteme und der Verlust der Artenvielfalt auf den Unternehmenserfolg haben. Zum anderen müssen die Firmen darlegen, welche Auswirkungen ihr eigenes unternehmerischen Handeln auf Ökosysteme hat.
Vogelpohl: „In einem DBU-geförderten Projekt sollen Akteurinnen und Akteure aus Wirtschaft und Naturschutz mittels einer Dialogplattform einen Leitfaden für eine ambitionierte Wesentlichkeitsanalyse entwickeln.“
Darauf dürften viele Firmen gespannt sein: Denn dieses Instrument wird ein wichtiges Element der künftig verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen. Letztlich umfasst die Wesentlichkeitsanalyse einen fortlaufenden Prozess, um diverse Nachhaltigkeitsthemen für einen Betrieb zu identifizieren und zu bewerten.