Ostsee: Gesundheitsschutz im Klimawandel

Satellitenaufnahme von 2018, die eine typische intensive Blaualgenblüte in der zentralen Ostsee rings um die Insel Gotland zeigt. Solche Massenvermehrungen von Cyanobakterien, wie die Blaualgen korrekterweise zu bezeichnen sind, sind also sogar aus dem Weltall zu sehen und treten jedes Jahr im Sommer auf. Erderhitzung und Eutrophierung begünstigen dies und damit auch das Auftreten der potenziell sehr gefährlichen Vibrio-Bakterien, wie jetzt die aktuelle BaltVib-Studie gezeigt hat

Krankheitserregende Bakterien der Art Vibrio vulnificus lassen sich in der Ostsee über die Reduzierung von Algenblüten teilweise kontrollieren. Zu diesem Schluss kommen die Mikrobiologen David Riedinger und Matthias Labrenz vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) in einer ostseeweit angelegten Studie über Vibrio vulnificus. 

Der Klimawandel führt zu einer verstärkten Vermehrung des krankheitserregenden Bakteriums Vibrio vulnificus an Brackwasserküsten. V. vulnificus-Infektionen verlaufen häufiger tödlich, was eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Gesundheit bzw. für Offshore-Aquakulturen darstellt und dem Tourismus schaden kann. Im Rahmen des von Matthias Labrenz vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) geleiteten EU-Projekts BaltVib wurde untersucht, ob bereits vorgeschlagene Regulierungsmaßnahmen zur Verringerung des Vorkommens von V. vulnificus, wie z. B. die Renaturierung von Seegraswiesen, auch für die Ostsee angewendet werden können.

Im Sommer 2021 nahmen um Matthias Labrenz und seinen Doktoranden David Riedinger Forscher und Forscherinnen Feldproben innerhalb und außerhalb von Seegraswiesen entlang der Salzgehalts- und Nährstoffgradienten der Ostsee, einem der größten Brackwassergebiete weltweit. Dabei wurden physikalische, biologische und hydrochemische Parameter gemessen. Mittels maschinellen Lernens konnten anschließend jene Größen identifiziert werden, die das Auftreten von V. vulnificus erklären. Die besten Vorhersagevariablen für V. vulnificus waren eutrophierungsbezogene Merkmale wie partikulärer organischer Kohlenstoff und Stickstoff sowie das Auftreten potenzieller Algenblüten und damit verbundener Arten.

Ein überraschendes Ergebnis der Studie war hingegen, dass das Auftreten von V. vulnificus- nicht signifikant zwischen Seegraswiesen und Seegras-freien Gebieten variierte. Diese Erkenntnis legt nahe, dass insbesondere die weitergehende Verringerung des Nährstoffeintrags in die Ostsee eine wirksame Methode zur Kontrolle der V. vulnificus-Populationen an nährstoffreichen Brackwasserküsten sein könnte.

„Unsere Forschung zeigt, dass die Reduzierung der Eutrophierung durch gezielte Maßnahmen eine vielversprechende Strategie zur Eindämmung der Ausbreitung von V. vulnificus darstellt“, erklärt Prof. Labrenz. „Die Ergebnisse unserer Studie bieten eine wissenschaftliche Grundlage für zukünftige Regulierungsstrategien, die nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung schützen, sondern auch die ökologischen und wirtschaftlichen Folgen minimieren können.“

Das Projekt BaltVib “Pathogene Vibrio-Bakterien in den heutigen und zukünftigen Gewässern der Ostsee: Entschärfung des Problems” wurde von der Europäischen Union im Rahmen des Förderpogramms BiodivERsA-für drei Jahre bis Frühjahr 2024 gefördert und zielte darauf ab, die Verbreitung und Kontrolle des pathogenen Bakteriums Vibrio vulnificus in der Ostsee zu untersuchen.

Das Forschungsteam bestand aus Expertinnen und Experten verschiedener Forschungseinrichtungen der Ostseeanrainer-Staaten Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Litauen und Polen, die gemeinsam Strategien zur Reduzierung der Gesundheitsrisiken und zum Schutz der marinen Ökosysteme entwickelten.