Das AGELESS-Konsortium geht der Frage nach, wie die vom Klimawandel betroffenen Meereslebewesen im Ozean jenseits der nationalen Hoheitsgebiete geschützt werden können: Der offene Ozean, der größtenteils außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit liegt, ist vom Klimawandel ebenso stark betroffen wie die national regulierten Küstengewässer.
Mit dem neuen internationalen Abkommen zum Schutz der Biologischen Vielfalt in internationalen Gewässern (BBNJ: Biodiversity beyond national jurisdiction) wird seit 2023 ein Rahmen für den Naturschutz und die Regelung von Eingriffen in den internationalen Gewässern des offenen Ozeans entwickelt. Aber wie kann etwas in Gebieten außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit geschützt werden? Wie können Meeresschutzgebiete in einem sich schnell verändernden Ozean gestaltet werden?
Hier setzt das Projekt AGELESS an, das die erfolgreiche Zusammenarbeit des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen mit der Universität Oldenburg fortsetzt und erweitert: Hinzu kommen Partner an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und dem Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB).
Forschende aus Bremen und Oldenburg haben sich bereits im Rahmen der Arbeit der Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft für Grundsatzfragen der Biologischen Vielfalt mit den Inhalten des BBNJ-Abkommens auseinandergesetzt. Außerdem haben sie im Rahmen des Exzellenzclusters „Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ grundlegend mit paläo-ökologischen Daten gearbeitet und damit zum Verständnis des heutigen raschen Biodiversitätswandels im Meer beigetragen.
Winzige Fossilien machen Blick in die Vergangenheit möglich
Die Untersuchung winziger Mikrofossilien, die sich am Ozeanboden über Jahrzehnte und Jahrtausende ablagern, ermöglicht einen einzigartigen Blick in die Vergangenheit der Ozeane und ihrer Bewohner. Anhand der Art und Weise, wie sich fossile Gemeinschaften verbreitet haben, konnten die Forschenden entschlüsseln, wie einzelne Arten und ganze Ökosysteme auf Umweltveränderungen in der Vergangenheit reagiert haben.
AGELESS will solche Daten aus der Vergangenheit nutzen, um Schutzkonzepte für den Ozean von morgen zu entwickeln. Damit ist das Projekt komplementär zur Forschung des Exzellenzclusters, Wissenschaftlern werden neben der Paläoklimaforschung und Paläoökologie auch Aspekte der theoretischen Ökologie, der Naturschutzplanung und der Governance-Forschung einbeziehen.
Erkenntnisse der Geologie können für Umweltschutz genutzt werden
„Eine solche Kombination von Fachdisziplinen ist einzigartig und zukunftsweisend“, sagt der Koordinator des Konsortiums, Professor Michal Kucera aus Bremen. „Die Zusammenarbeit über die klassischen Fächergrenzen hinaus wird es ermöglichen, Erkenntnisse aus der geologischen Vergangenheit für Umweltschutz direkt nutzbar zu machen.“
Das Projekt ist inter- und transdisziplinär angelegt. Entstehende Daten und Modelle, die zeigen, wie sich die Biodiversität durch den Klimawandel verändert hat, sollen so aufbereitet werden, dass diese verständliche Informationen für politische Entscheidungsträgern liefern.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt mit 2,5 Millionen Euro über drei Jahre, los geht es im September 2024. In dieser Zeit werden die Forscherinnen und Forscher große Datensätze zusammentragen, Experten und Stakeholder einbeziehen, Zeitreihen der Reaktion planktonischer Mikrofossilien auf vergangene Ozeanveränderungen analysieren und auf dieser Basis Modelle entwickeln. Auf der Grundlage dieser grundlegenden Erkenntnisse werden sie konkrete Vorschläge machen, wie die biologische Vielfalt in der Hohen See in Zeiten des Klimawandels wirksam geschützt werden kann.
„Wir nutzen einen Co-Design-Ansatz, für den wir bereits mit internationalen und nationalen Interessensvertretungen Kontakt aufgenommen haben“, beschreibt Professor Helmut Hillebrand von der Universität Oldenburg den Ansatz. Co-Design ist ein partizipatorisches Verfahren, bei dem Stakeholder von Anfang an in das Projekt eingebunden sind, um in Dialogworkshops die Forschungsfragen zu schärfen und etwaige Produkte zu definieren. „Insgesamt werden vier Projekte zu diesem Thema vom BMBF gefördert, diese werden über eine gemeinsame Dialogstrategie sicherstellen, dass die Ergebnisse des Projektes ihre Wirkung entfalten können.“
„Wir arbeiten mit einem Co-Design-Ansatz und haben bereits internationale und nationale Interessengruppen kontaktiert“, erklärt Professor Helmut Hillebrand von der Universität Oldenburg. Co-Design ist ein partizipativer Prozess, bei dem die Akteure von Anfang an in das Projekt eingebunden werden, um in Dialog-Workshops die Forschungsfragen zu präzisieren und mögliche Produkte zu definieren. „Insgesamt werden vier Projekte zu diesem Thema vom BMBF gefördert. Diese werden mit einer gemeinsamen Dialogstrategie dafür sorgen, dass die Projektergebnisse Wirkung entfalten können.“