Ein Forscherteam der Universität Göttingen fand heraus, dass das Label „klimaneutral“ Lebensmittel deutlich klimafreundlicher erscheinen lässt, als sie tatsächlich sind. Auch wenn der Kompensationsansatz hinter dem Label erklärt wurde, konnte das die Fehleinschätzung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht korrigieren. Eine Ampelkennzeichnung von rot (sehr klimaschädlich) bis grün (weniger klimaschädlich) hingegen half, die Klimaauswirkungen von Lebensmitteln besser einzuschätzen.
Klimakennzeichnungen gewinnen bei der Vermarktung von Lebensmitteln an Bedeutung. Besonders wichtig sind Labels, die auf CO2-Kompensation beruhen, wie zum Beispiel das Label „klimaneutral“. Diese Kompensationslabels stehen jedoch im Verdacht, irreführend und mit Greenwashing verbunden zu sein. Grund dafür ist, dass die Klimabelastung nicht unbedingt reduziert, sondern die Treibhausgase in anderen Ländern kompensiert werden.
Die Studie prüfte, ob eine Erklärung über diesen Kompensationsmechanismus einer möglichen Irreführung entgegenwirken kann. Grundlage war eine umfassende Online-Befragung mit rund 2.100 deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Forschenden untersuchten, wie die Teilnehmenden die Klimaauswirkungen von sechs verschiedenen Produkten bewerten, die jeweils mit fünf verschiedenen Klima-Labels gekennzeichnet waren.
Bei den Labels handelte es sich um „klimaneutral“ (ohne explizite Erklärung), „klimakompensiert“, „klimaneutral und CO2-kompensiert“ sowie Labels, die den tatsächlichen CO2-Fußabdruck angeben und zuletzt eine Ampelkennzeichnung, die dem Design des Nutri-Scores ähnelt. Als Vergleichsbasis diente die Produktbewertung ohne jegliche Kennzeichnung.
Die Ergebnisse zeigen, dass Kompensationslabels wie „klimaneutral“ irreführend sind, da sie zu einer fälschlich positiveren Wahrnehmung der Klimaauswirkung von Lebensmitteln führen. „Besonders kritisch ist dieser Effekt bei Lebensmitteln mit hoher Klimawirkung wie beispielsweise Fleisch.
Solche Labels fördern somit Greenwashing, erschweren die Markttransparenz und bieten Verbraucherinnen und Verbrauchern keine Orientierung für eine nachhaltige Ernährung“, betont Denise Dreist, Erstautorin und Mitarbeiterin der Abteilung Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte an der Universität Göttingen. Der Greenwashing-Effekt bleibt bestehen, auch wenn der Begriff „klimaneutral“ auf dem Label erklärt wird.
Detailliertere Erklärungen und numerische CO2-Fußabdrücke sind ebenfalls nicht zielführend und können dazu führen, dass Produkte mit einem höheren Klima-Fußabdruck weniger kritisch bewertet werden. Diese Missverständnisse treten auch bei Verbraucherinnen und Verbrauchern mit einem hohen Interesse an umweltfreundlichen Lebensmitteln auf.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Ampel-Labels die Bewertung der Klimaauswirkungen verbessern. Eine verpflichtende Ampelkennzeichnung könnte die Vergleichbarkeit erhöhen und nicht nur klimafreundliche Produkte hervorheben“, empfiehlt die Leiterin der Studie Dr. Anke Zühlsdorf. „Ein erster Schritt könnte zunächst ein Verbot der produktbezogenen Werbung mit Klimaneutralität sein.“