Weizen ist weltweit das wichtigste Getreide – und verursacht hohe Umweltkosten. Grund hierfür ist die erforderliche Düngung mit Stickstoff. Forschende der Technischen Universität München (TUM) und des französischen Institut national de recherche pour l’agriculture, l’alimentation et l’environnement (INRAE) haben nun berechnet, dass neue Weizensorten bei gleichbleibender Düngung bessere Ernten liefern.
Das richtige Maß in der Weizendüngung zu finden ist nicht immer leicht. Düngt man den Weizen mit wenig Stickstoff, braucht er diesen auf, bringt aber nicht die volle Ernteleistung. Düngt man ihn mit viel Stickstoff, ist die Ernte zwar gut, aber das Getreide verbraucht nicht den gesamten Dünger. Der überschüssige Stickstoff gelangt in die Umwelt, belastet Ökosysteme und das Klima. Zugleich ist Weizen unverzichtbar, um den wachsenden Welthunger zu stillen.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, haben Senthold Asseng, Professor für Digital Agriculture an der TUM, Pierre Martre (INRAE) und weitere Forschende neue, noch im Versuchsstadium befindliche Weizensorten untersucht. Ihre Ergebnisse wurden in „Nature Plants“ veröffentlicht.
Das Team hat hierfür Daten von fünf Versuchsfeldern genutzt, die repräsentativ für globale Anbauregionen mit besonders hohen Erträgen sind. Diese wurden in ein Simulationsmodell eingespeist und gemäß verschiedenen Klimaszenarien berechnet. Hierfür haben die Forschenden aktuelle klimatische Bedingungen, eine Erderwärmung um ein Grad und um 4,8 Grad gewählt. Die Ergebnisse zeigen, welchen Ernteertrag die getesteten Sorten bei unterschiedlich hohen Mengen zugeführten Stickstoffs leisten können.
Höhere Ernten, aber Stickstoff bleibt ein Problem
Die Forschenden konnten so herausfinden, dass die neuen Weizensorten unter aktuellen klimatischen Bedingungen 16 Prozent mehr Ernteertrag erreichen als bisher eingesetzte Weizensorten, wenn sie in gleicher Menge gedüngt werden.
Dass sie den ausgebrachten Stickstoff besser nutzen, also eine verbesserte Stickstoffeffizienz aufweisen, verringert ihren ökologischen Fußabdruck. Zugleich konnte das Team zeigen, dass der Stickstoffbedarf im Zuge der Erderwärmung generell steigen wird, wenn man das Erntepotenzial der Pflanzen voll ausschöpfen möchte – doch auch dann nutzen die neuen Sorten den Stickstoff effizienter als die bisher eingesetzten.
Neue Weizensorten sind den aktuellen also in wichtigen Aspekten überlegen und können ein Baustein zur Ernährungssicherheit sein. Dennoch wird das Ringen um einen verantwortungsvollen Umgang mit Stickstoff ein Thema bleiben, und zwar nicht nur im Sinne des Klima- und Umweltschutzes.
Die Forschenden weisen darauf hin, dass Stickstoff eine mitunter kostenintensive Ressource ist. Eine verstärkte Düngung mag somit für die Ernte das Beste sein, ist aber global nicht allen Produzentinnen und Produzenten möglich und schlägt sich auf die Geldbeutel der landwirtschaftlichen Betriebe sowie der Kundinnen und Kunden nieder.
Ernährungssicherheit systemisch denken
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen dennoch, die im Modell getesteten Weizensorten nun in Zuchtprogrammen weiter zu nutzen:
„Mit verbesserter Züchtung können wir es schaffen, für die nächsten 20 bis 30 Jahre die Lücke an Nahrungsmitteln zu schließen. Allein mit neuen Sorten wird uns der Spagat aus weltweiter Ernährungssicherheit, Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit aber nicht gelingen,“ sagt Senthold Asseng. „Was wir brauchen, ist ein systemischer Ansatz, der neben agrarwissenschaftlichen Methoden wie moderner Züchtung auch Umweltaspekte, sozio-ökonomische Faktoren und die Rolle der Politik betrachtet.“