Das Jahr 2023 war nicht nur von einer beispiellosen Hitze geprägt, sondern auch von großer Trockenheit in vielen Teilen der Erde, während es andernorts zu Überschwemmungen kam. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hat zum dritten Mal ihren Bericht über den Zustand der globalen Wasserressourcen vorgelegt. Den Angaben zufolge war 2023 das trockenste Jahr der vergangenen 33 Jahre, gefolgt von den Jahren 2021 und 2015. „2023 war sehr viel trockener, als wir erwartet hatten“, so Prof. Dr. Robert Reinecke von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Reinecke leitet am Geographischen Institut der JGU den Arbeitsbereich Erdsystemmodellierung und hat zur Erstellung des Berichts beigetragen.
Der dritte Bericht über die Weltwasserressourcen nimmt den globalen Wasserkreislauf noch umfassender in den Blick als die beiden ersten Reports. Insbesondere wurden diesmal Speicherkapazitäten von Seen und Wasserspeichern sowie die Kryosphäre, also Schnee und Gletscher, detaillierter erfasst. Mehr Daten und mehr Modelle zur Analyse der Daten bieten somit ein noch genaueres Bild der aktuellen Lage.
Die Ergebnisse zeigen für 2023 weiterhin eine deutliche Abweichung gegenüber dem historischen Normalwert der Referenzperiode 1991 bis 2020. „Mehr als 50 Prozent der Einzugsgebiete weisen Abweichungen von diesem Referenzzeitraum auf“, so Reinecke. Die Abflussmengen der Flüsse – ein maßgeblicher Indikator für die Wasserressourcen – lagen vorwiegend unter den Normalwerten. Im Mississippi- und im Amazonasbecken wurden dem WMO-Bericht zufolge rekordverdächtig niedrige Wasserstände verzeichnet.
Extrem niedrige Schneespeicher haben ferner dazu geführt, dass im Frühjahr weniger Wasser zur Verfügung stand und demzufolge weniger Wasser abfließen konnte, was vor allem für europäische Flüsse von Bedeutung war. „Der weltweite Verlust an Gletschermasse, den der aktuelle WMO-Bericht mit 600 Gigatonnen Wasser beziffert, ist besorgniserregend“, so der Erdsystemwissenschaftler. „Das ist der größte Verlust der vergangenen fünf Dekaden.“
2023 in globaler Hinsicht entweder zu trocken oder zu feucht
Eine Erholung war teilweise beim Grundwasser zu verzeichnen, so etwa in Südafrika. Allerdings hat die Verfügbarkeit von Grundwasser in Nordamerika und Europa als Folge längerer Trockenheit spürbar abgenommen. „Wir können jedoch davon ausgehen, dass sich die Situation 2024 in Zentraleuropa etwas besser darstellen wird“, erwartet Reinecke. Hinsichtlich der Bodenfeuchte herrschte in Nord- und Südamerika große Trockenheit, während unter anderem in Neuseeland und Russland zum Teil weit über dem Normalwert liegende Feuchtigkeitslevel gemessen wurden.
Zusammenfassend ist die Kernaussage des Berichts nach den Worten von Reinecke, dass global betrachtet weiterhin deutliche Abweichungen von den Normalwerten zu verzeichnen sind: „Entweder zu trocken oder zu feucht, beides ist nicht gut. Leider ist zu erwarten, dass wir beide Extreme mit weltweit steigenden Temperaturen noch häufiger erleben werden.“ Das Jahr 2023 war so heiß wie noch nie und lag um 1,45 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau.
Reinecke war in Kooperation mit Dr. Hannes Müller Schmied, Forscher an der Goethe-Universität Frankfurt sowie am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt (SBiK-F), und dem Global Runoff Database Centre (GRDC) in Koblenz maßgeblich an der Erstellung des WMO-Berichts beteiligt. Gemeinsam trugen sie Modellergebnisse und Methodik bei. Die Gruppe Erdsystemmodellierung von Prof. Dr. Robert Reinecke hat speziell auch an der Methodik zur Analyse der Grundwasserdaten an dem Report mitgewirkt. Um die Veränderungen beim Grundwasserstand im Klimawandel besser zu verstehen, baut Reineckes Team derzeit ein weltweites Datenset auf.
Forschungen im Rahmen der Rhein-Main-Universitäten
Die Forschungen erfolgen im Rahmen der Allianz der Rhein-Main-Universitäten (RMU), die die Goethe-Universität Frankfurt, die Johannes Gutenberg-Universität Mainz und die Technische Universität Darmstadt als renommierte Forschungsuniversitäten bilden. Mit einer Rahmenvereinbarung im Dezember 2015 wurde diese bereits langjährig bestehende Partnerschaft zur strategischen Allianz ausgebaut, um die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Universitäten zu stärken, gemeinsam Studienangebote zu verbessern und Wissenstransfer und Vernetzung mit der Gesellschaft zu gestalten.